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Witterung fördert Ausbreitung von Pilzkrankheiten. Besonders Weinbau leidet unter Ausfällen.

Ortenau - 2021 hat südbadischen Landwirten eine Herausforderung geboten: Die nass-kalte Witterung sorgte für schlechte Erntebedingungen und förderte die Ausbreitung von Pilzkrankheiten – besonders der Weinbau leidet unter Ausfällen.

"Die Saison 2021 hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig der Pflanzenschutz für die heimische Landwirtschaft ist", erklärt Werner Räpple, Präsident des badischen Bauernverbands BLHV. "Er sichert die Ernte und das Einkommen unserer landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere in extremen Jahren wie diesen." Die Extremwetterereignisse seien Folgen des Klimawandels und belasteten insbesondere die Landwirtschaft durch Ernteausfälle und Einkommensverluste.

Landwirte seien bereit, mehr für den Klimaschutz zu leisten, zum Beispiel durch mehr Humusaufbau oder den Einsatz ressourcenschonender Anbaumethoden. Man dürfe aber nicht vergessen, dass der Klimawandel auch den Pflanzenschutz vor große Herausforderungen stelle, betont der BLHV-Präsident.

"Intensiver Pflanzenschutz und geschützte Anbausysteme waren dieses Jahr notwendig, um überhaupt eine Ernte einbringen zu können", erklärt Räpple und richtet seinen Appell auch an die kommende Bundesregierung: "Die Erfahrungen aus diesem Jahr müssen in die künftigen Entscheidungen bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln miteinfließen. Das Thema muss sachlich und fachlich bewertet werden und die zusätzlichen Risiken in Folge des Klimawandels müssen in dieser Bewertung berücksichtigt werden."

Unter Regen und Kälte litten 2021 laut BLHV-Erntebericht alle Kulturen:

Getreide enttäuscht Erwartungen: Die Aussaat im Herbst 2020 fand noch unter guten Bedingungen statt. Ausreichend Niederschläge im Frühjahr stellten eine sehr gute Ernte in Aussicht, berichtet der BLHV. Jedoch blieb es bis in die Erntezeit niederschlagsreich und verhältnismäßig kühl, so dass die Ernte weder die Erwartungen erfüllte noch das Vorjahresniveau erreichte. Die erwartete Weizenernte von sechs Tonnen pro Hektar fällt demnach um zehn bis 15 Prozent schlechter aus als im Vorjahr.

Startschwierigkeiten für den Mais: Der kühle Mai hat die Anfangsentwicklung des Mais deutlich gebremst, erst in der Wärmephase ab dem 10. Juni konnte er richtig wachsen. "Das Wachstumsdefizit konnte in den vergangenen Monaten nicht aufgeholt werden, sodass wir dieses Jahr mit einer verspäteten Ernte rechnen", so der BLHV. Ob die Ernte in Qualität und Quantität überzeugen kann, stehe noch nicht fest.

Kirschen starten verspätet in Saison: Die Saison startete verspätet aufgrund der kalten Witterung im Frühjahr, Nachtfröste im April schädigten Anlagen teilweise stark. "Zusätzlich führte viel Niederschlag während der Ernte zum Verderb der Früchte, somit verzeichnen die Kirschbauern das zweite Jahr in Folge, in dem die Ernte deutlich geringer ausfiel als üblich", lautet das Fazit des BLHV.

Zwetschgen leiden unter Spätfrost: Spätfrost und das regnerische und kalte Frühjahr haben ihre Spuren hinterlassen, die Ernte fällt ähnlich schwach wie im Vorjahr aus. Während der Bodensee-Raum ertragsmäßiggut da steht,sieht es in Mittelbaden anders aus: hier fällt die Ernte rund 40 Prozent geringer aus als im langjährigen Mittel.

Pilzkrankheiten machen Beerenobst zu schaffen: Starkregen und Hagel haben in der Erdbeersaison in Südbaden für größere Ernteausfälle gesorgt. "Nur Hochtunnel konnten in diesem Jahr eine gute Ernte erzielen", berichtet der BLHV. Himbeeren und Brombeeren, aber auch Johannisbeeren mussten täglich geerntet werden, um Schimmelbefall vorzubeugen.

Falscher Mehltau setzt Weinreben zu: Kalte Frühjahrstemperaturen, teilweise noch mit Frost zu Ostern, bremsten das Wachstum schon früh im Jahr aus. Hinzu kamen langanhaltende Niederschläge, die die Verbreitung des Falschen Mehltaus rasant beschleunigten. "Die Pilzkrankheit war nur mit intensivem Fungizideinsatz unter Kontrolle zu bringen", erläutert der Verband. Das Wetter im Spätsommer lasse hoffen, dass zumindest die Qualität der Ernte ausreichend ausfällt.

Kartoffelernte könnte durchschnittlich ausfallen: Auch die Kartoffeln litten unter der Witterung. Wie beim Mais hinterließ der Drahtwurm seine Spuren. Insbesondere bei den frühen Sorten fiel die Erntemenge nicht gut aus, bei späten Sorten wird eine knapp durchschnittliche Ernte erwartet.

Mindestlohn-Debatte gefordert

Bauchschmerzen bereitet BLHV-Präsident Werner Räpple die Diskussionen im Wahlkampf um die Erhöhung des Mindestlohns sowie um die Abschaffung der kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung, teilt der badische Bauernverband mit.

"Wir brauchen diese Arbeitskräfte und es steht außer Frage, dass sie auch entsprechend entlohnt werden sollen", erklärt der BLHV-Präsident. "Die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro bei gleichzeitiger Abschaffung der kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung, würde die Lohnkosten unserer Betriebe im Durchschnitt im Vergleich zu 2021 um 40 Prozent erhöhen", so Räpple. "Diese Kostensteigerung wird unsere Sonderkulturbetriebe ruinieren, sollten die Erzeugerpreise nicht im gleichen Verhältnis anziehen."

Heimische Produkte müssten teurer werden, so Räpple, darüber müsse man reden. "Zudem müssen wir unsere Betriebe schützen vor Importen aus Ländern, die zu total anderen Standards produzieren."