Depressionen im hohen Alter sind keine Seltenheit. Das belegen die Zahlen der AOK Südlicher Oberrhein: Mehr als 21 Prozent der versicherten Senioren leiden darunter. Foto: Symbolfoto: Scheurer

Gesundheit: Jeder fünfte AOK-Versicherte über 70 Jahren betroffen / Erkrankung lässt sich gut behandeln

Ortenau - Der Blutdruck steigt, die Gelenke schmerzen: Mit dem Alter nehmen die körperlichen Beschwerden zu. Aber nicht nur sie, auch die Seele kann leiden. 2019 nahmen rund 5500 AOK-versicherte Ortenauer Senioren ärztliche Hilfe in Anspruch.

Jeder Fünfte im Alter depressiv 

Langes Grübeln, Selbstzweifel, dazu noch die Isolation, in welche die Corona-Pandemie viele gerade ältere Menschen zwingt – das sind Faktoren, welche die Entstehung einer Altersdepression begünstigen. "21,2 Prozent aller Versicherten ab 70 Jahre im Ortenaukreis sind davon betroffen" erklärt Norbert Limberger, Leiter des Kundencenternetzwerks in der südlichen Ortenau. "Das ist nahezu identisch mit dem landesweiten Durchschnitt.

Limberger beobachtet einen stetigen Anstieg, teilt die AOK Südlicher Oberrhein mit. "2015 waren in der Ortenau noch 18,5 Prozent der versicherten Altersklasse betroffen, 2016 kletterte der Wert über die 20-Prozent-Marke. 2019 ermittelte die AOK mit 21,2 Prozent den höchsten Anteil im Fünf-Jahres-Vergleich."

Auch Männer sind immer häufiger betroffen 

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch in den benachbarten Landkreisen. Insgesamt wies die Statistik in der Region am südlichen Oberrhein 11 500 Senioren aus, die an einer Altersdepression leiden. Auffällig ist dabei der deutliche Anstieg bei den Männern: Hier betrug die jährliche mittlere Veränderungsrate mehr als sieben Prozent.

"Depressive Störungen sind die häufigste psychische Störung im Alter", erklärt Alexandra Isaksson, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie bei der AOK. Das Suizidrisiko ist in dieser Altersklasse höher als in jüngeren Altersgruppen. "In Deutschland sind 2012 unter den Personen im Alter über 65 Jahre 10 Frauen und knapp 34 Männer pro 100 000 durch Suizid gestorben". Allerdings geht die AOK von einer hohen Dunkelziffer aus.

Pflegeheim-Bewohner sind besonders gefährdet 

Besonders gefährdet, an einer Depression zu erkranken, seien Frauen sowie Menschen ohne vertrauensvolle persönliche Beziehungen und Bewohner von Pflegeheimen. "Außerdem", so die Medizinerin, "entwickeln viele Menschen vor dem Hintergrund anderer körperlicher Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Menschen mit Diabetes, mit Demenz oder Patienten nach einem Schlaganfall eine depressive Symptomatik". Häufig überdecken bei älteren Patienten auch körperliche Begleitsymptome wie Schlafstörungen, Ohrgeräusche, Verdauungsprobleme oder Schmerzen die depressiven Symptome. "Das kann dazu führen, dass eine Depression erst sehr spät oder gar nicht erkannt wird."

Behandlung kann auch im Alter gut gelingen 

Die gute Nachricht: Eine Depression kann auch im Alter gut behandelt werden. "Ab einem gewissen Schweregrad stellt eine antidepressive Medikation, am besten in Verbindung mit einer Psychotherapie, die wirksamste Behandlung dar. Dabei ist der Behandlungserfolg unabhängig vom Alter nachgewiesen."

Isaksson rät Betroffenen in Bewegung zu bleiben und – gerade auch während der Corona-Pandemie – eine geregelte Tagesstruktur beizubehalten oder aufzubauen. Das Wichtigste sei, nicht alleine in einer aussichtslos erscheinenden Situation zu bleiben, sondern sich trotz vorhandener Scham- oder Schuldgefühle einer anderen Person anzuvertrauen. "Im Falle eines Verdachts auf eine depressive Störung sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden."

Frauen haben Angst vor dem Altern 

Mit dem Thema Älter werden befasste sich auch eine Forsa-Umfrage, die die AOK in Auftrag gab. "Fast jede fünfte Frau hat Angst vor dem Altern und blickt pessimistisch in die Zukunft", fasst Limberger die Ergebnisse der Studie zusammen.

Die meisten der vom Meinungsforschungsinstitut Befragten bezeichnen Frauen ab 50 Jahren (26 Prozent) oder 60 Jahren (31 Prozent) als alt, wohingegen Männer für den Großteil der Befragten erst ab 60 (38 Prozent) respektive 70 Jahren (30 Prozent) als alt gelten.