Zu süß, zu fettig, zu viel: Unausgewogene Ernährung ist ein Grund für die alarmierende Adipositasstatistik. Foto: AOK

Gesundheit: 2018 mussten fast 400 Eltern ihren Nachwuchs wegen Übergewicht behandeln lassen

Ortenau - Zu viel Smartphone, zu wenig Bewegung und zu fettreiche Ernährung: Jedes siebte Kind in Deutschland ist zu dick oder krankhaft übergewichtig – das gilt auch für die Ortenau. Das Problem: Viele werden die Pfunde im Alter nicht mehr los.

394 Fälle von krankhaftem Übergewicht

Im Ortenaukreis waren 2018 insgesamt 394 AOK-versicherte Kinder bis zwölf Jahre wegen Adipositas – also krankhaftem Übergewicht – in medizinischer Behandlung, teilt die Krankenkasse mit. Vier Jahre zuvor waren es noch 330 Kinder. Jungen und Mädchen sind etwa gleichermaßen betroffen.

Die Vergleichswerte aus der Region bestätigen den Trend. Waren am südlichen Oberrhein 2014 noch 842 AOK-versicherte Kinder wegen Adipositas in ambulanter oder stationärer Behandlung, so waren es 2018 bereits 1153 Kinder. "In unserer Statistik können wir nur Kinder erfassen, die tatsächlich in Behandlung waren. Wir haben es sicher mit einer hohen Dunkelziffer zu tun", schätzt Bettina Dürr, Ernährungsberaterin im AOK-Kundencenter in Offenburg.

In Freiburg steigen die Zahlen noch schneller

Dabei fällt die durchschnittliche Veränderungsrate über die vergangenen fünf Jahre in der Ortenau mit 0,7 Prozent sehr moderat aus. Zum Vergleich: In Freiburg beträgt die durchschnittliche jährliche Steigerung rund zehn Prozent. Faktoren, die zu einer Gewichtszunahme beitragen können, gäbe es viele. "Meist liegen die Ursachen in veränderten Lebensbedingungen wie zum Beispiel ein ungeeignetes Lebensmittelangebot und hier auch dem Einfluss von Werbung", erklärt die AOK-Expertin.

Vor allem aber schätzt Dürr ein geändertes Freizeit- und Spielverhalten und die meist unkontrollierte Mediennutzung problematisch ein. Corona dürfte die Situation noch etwas verschärfen. "Viele Kinder meiden die Spiel- und Sportplätze, die Bewegung wird noch mehr eingeschränkt", ist Dürr überzeugt. "Und wenn sich zu Hause die große Langeweile einstellt, versüßen sich manche Kinder den tristen Alltag und greifen zu Schokoriegel und Co."

Kinder orientieren sich an den Eltern

Bei der Vorbeugung spielten die Eltern eine besonders wichtige Rolle. "Kinder orientieren sich an Vorbildern und an deren Verhalten", erklärt Dürr. Das gelte sowohl für das Ess- und Trinkverhalten als auch für die körperlichen Aktivitäten. "Eltern sollten ihren Kindern vorleben, dass Bewegung und Sport Spaß machen. Bewegung oder sportliche Aktivitäten lassen sich hervorragend in den gemeinsamen Urlaub einbauen, auch die ein oder andere Radtour mit Mama und Papa sorgt für einen bewegten Tag", sagt Ernährungsberaterin Dürr. Auch Krankenkassen bieten ihre Unterstützung an – unter anderem mit Hilfe bei der Ernährungsumstellung.

Info: Leidensdruck

Mit dem Übergewicht gehen oft auch Hänseleien einher: "Mitschüler und auch Spielkameraden können oft nur schwer einschätzen, wie sehr sie mit ihrem Verhalten andere Kinder ausgrenzen und verletzen können", weiß Bettina Dürr von der AOK. Das könne massive Folgen für die Psyche und das Selbstbewusstsein haben.