Mit den Baustellen wandern: Im Schnitt beträgt der Anfahrtsweg im Baugewerbe 64 Kilometer. Symbolfoto: Stratenschulte Foto: Lahrer Zeitung

Mobilität: Gewerkschaft fordert finanziellen oder zeitlichen Ausgleich / 64 Kilometer Anfahrt im Schnitt

Ortenau (red/ma). Sie sitzen morgens um sechs im Auto und sind oft erst abends um acht zu Hause: Ein Großteil der rund 6600 Bauarbeiter im Ortenaukreis nehme enorme Pendelstrecken in Kauf – ohne die Zeit für die Fahrerei bezahlt zu bekommen –, erklärt die Gewerkschaft IG Bau.

"Bauarbeiter zählen zu den Rekord-Pendlern in der Region. Um zur Baustelle zu kommen, haben sie nicht nur besonders weite Wege. Die Einsatzorte ändern sich auch ständig. Darunter leiden Familie, Freunde und Freizeit", sagt Lukas Oßwald, Bezirksvorsitzender der IG Bau Südbaden. Erstmals soll es nun eine Entschädigung der sogenannten Wegezeiten am Bau geben. Das fordert die Gewerkschaft in der laufenden Tarifrunde, die am 25. Juni in Wiesbaden fortgesetzt wird.

Jeder Vierte braucht mehr als eine Stunde

Nach einer aktuellen Untersuchung des Pestel-Instituts legen Bauarbeiter in Deutschland im Schnitt 64 Kilometer für die einfache Strecke zur Arbeit zurück. In der repräsentativen Umfrage unter 4800 Bau-Beschäftigten gab jeder Vierte an, mehr als eine Stunde zur Einsatzstelle unterwegs zu sein – plus Rückfahrt. Zum Vergleich: Unter allen Arbeitnehmern betrifft das nur fünf Prozent.

IG BAU-Bezirkschef Lukas Oßwald spricht von "verlorener Lebenszeit" und fordert die Baufirmen dazu auf, den Einsatz ihrer Mitarbeiter anzuerkennen. "Mobiles Arbeiten gehört natürlich zum Bau dazu. Es wird immer woanders gebaut. Aber dann müssen Bauarbeiter für die Fahrerei immerhin eine Entschädigung bekommen – entweder durch Geld oder Zeit-Guthaben", fordert der Gewerkschafter.

Die Unternehmen hätten auch etwas von einem Ausgleich: Damit könne die Bauwirtschaft auch einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten. "Berufsstarter überlegen sich dreimal, ob sie in einer Branche anfangen, in der sie mehr Zeit im Bulli als zu Hause verbringen", mahnt der Gewerkschafter Oßwald abschließend.