Hunderte zogen bei einem Trauermarsch für den getöteten Arzt durch Offenburg - darunter auch zahlreiche Flüchtlinge. Foto: Goltz

Rund 400 Teilnehmer folgen Einladung von Flüchtlingsorganisationen.

Offenburg - Knapp eine Woche nach dem gewaltsamen Tod eines Arztes in Offenburg haben zahlreiche Menschen bei einem Trauermarsch durch die Stadt des Getöteten gedacht.

Bewegende Szenen spielten sich am Mittwochabend beim Trauerzug für den getöteten Allgemeinmediziner ab. Mehr als 100 Menschen hatten sich an einer Flüchtlingsunterkunft versammelt und zogen von dort durch die Innenstadt. Rund 40 Flüchtlinge führten den Zug an, der von zahlreichen Polizisten begleitet wurde. Immer mehr Menschen schlossen sich an. Auf dem Weg zur Arztpraxis in der Offenburger Oststadt schwoll der Trauerzug auf 400 bis 500 Teilnehmer an.

Viele hatten weiße Rosen als Zeichen der Trauer mitgebracht. Die Blumen wurden vor der Praxis abgelegt, wo in den vergangenen Tagen bereits viele Bürger ihrer Trauer Ausdruck verliehen hatten und wo sich schon viele Blumen türmten.

Mit einer stillen Mahnwache wurde vor der Praxis des getöteten Arztes gedacht. Es gab leise Cello-Musik, aber keine Ansprachen. Spontan sangen viele Teilnehmer der Kundgebung, sich an den Händen fassend: "We go hand in hand": "Wir gehen Hand in Hand".

"Wir sind bestürzt darüber, was sich letzte Woche hier ereignet hat", sagte Philipp Bürkel, Integrationsmanager und Organisator des Trauermarschs. "Unser Mitgefühl soll damit zum Ausdruck gebracht werden. Wir sind alle geschockt von dieser schrecklichen Tat", erklärte er den Anlass dieser Aktion.

Der Arzt habe sich liebevoll und hilfsbedürftig um die Flüchtlinge gekümmert – die Bestürzung darüber, dass "ihr" Arzt umgebracht wurde, war den Teilnehmern des Trauerzugs anzusehen. Ein Asylbewerber sprach aus, was wohl viele dachten: "Ich verstehe nicht, wie das geschehen konnte. Ich kannte den Arzt. Ich habe mich selbst zweimal bei ihm behandeln lassen. Er war so gütig und hat uns allen geholfen."

Unterdessen hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) dem Offenburger Polizeipräsidium weitere Polizisten zur Verfügung gestellt. "In den kommenden Wochen werden wir die Präsenz, insbesondere in der Offenburger Innenstadt, nochmals verstärken", teilte Strobl am Mittwoch mit. "Unsere Aufgabe ist es, den Menschen in der Stadt ein gutes und sicheres Gefühl zu geben."

Stadt erwägt Videoüberwachung an Brennpunkten

Das Innenministerium schickte dafür zusätzlich eine achtköpfige Einsatzgruppe nach Offenburg. "Damit reagieren wir umgehend – auch auf die Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung, die nach dem Tötungsdelikt an einem bekannten Arzt in Offenburg an das Polizeipräsidium herangetragen wurden", sagte Strobl. Damit stehen der Offenburger Polizei demnach nun zwei Einsatzgruppen für verstärkte Polizeipräsenz an Brennpunkten zur Verfügung.

Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner (CDU) begrüßte die Ankündigung Strobls. Sie habe der Landesregierung in den vergangenen Monaten, Wochen und Tagen den Handlungsbedarf in Offenburg "nachdrücklichst dargelegt", teilte Schreiner am Mittwoch mit. "Die jetzt getroffene Entscheidung ist ein wichtiger Erfolg, eine gute Nachricht für Offenburg", sagte Schreiner. In Kürze werde außerdem geprüft, ob eine Videoüberwachung der Brennpunkte in der Stadt machbar ist.

Am Donnerstag vergangener Woche war ein 51 Jahre alter Arzt in seiner Praxis erstochen worden, eine Arzthelferin wurde bei dem Angriff verletzt. Die Polizei nahm wenig später einen 26 Jahre alten Asylbewerber aus Somalia fest. Er sitzt unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Er hat sich noch nicht zu der Tat geäußert.