Hinter den Gittern der JVA Offenburg sollen drei Häftlinge mit Drogen gehandelt haben. Nur einer wurde verurteilt. Foto: Seeger

Nur einer von drei Häftlingen der JVA Offenburg verurteilt. Geldstrafe für ehemalige Lehrerin.

Offenburg - Zwei der Häftlinge, die in der JVA Offenburg Drogen verkauft haben sollen, sind aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Der dritte wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Lehrerin, die den Stoff ins Gefängnis schmuggelte, erhielt eine Geldstrafe.

Mit den Urteilen ist der Prozess zum Drogenhandel in der Offenburger Justizvollzugsanstalt (JVA), der breites öffentliches Aufsehen erregt hatte, am Montag zu Ende gegangen (wir berichteten). Ursprünglich war in der JVA ermittelt worden, weil ein Mithäftling die drei angeklagten Insassen vor zwei Jahren verraten hatte. Später wurde dann festgestellt, dass eine heute 55-jährige Frau, die seinerzeit als berufsbildende Lehrerin in der Haftanstalt tätig war, Amphetamine und Subutextabletten in ihrer Handtasche ins Gefängnis schmuggelte. Erstere haben eine stark stimulierende und aufputschende Wirkung. Letztere sind eigentlich ein starkes Schmerzmittel, das aber auch als Opioid-Ersatz für Süchtige eingesetzt wird. Und beide Substanzen sind im Knast verboten. Wäre die Angeklagte nicht geständig und aussagebereit gewesen, nachdem die Taten aufgedeckt worden waren, hätte der Staatsanwalt wohl wenig in der Hand gehabt – denn die beteiligten Männer verweigerten im Verfahren sachdienliche Aussagen.

Zur Komplizin war die Lehrerin offenbar geworden, weil sie sich in einen der angeklagten Häftlinge verliebt hatte. In Unterrichtspausen kam es schließlich auch zu körperlichen Kontakten zu dem inzwischen 29-Jährigen. Erst brachte sie ihm – wenngleich ebenfalls verboten – Geld und Nahrungsmittel ins Gefängnis mit. Als der Geliebte wegen einer Schlägerei in die JVA Freiburg verlegt wurde, lieh sie ihm 1000 Euro für einen Rechtsbeistand.

Erst der heute 28-jährige Mitangeklagte hat die Lehrerin dann laut Gericht veranlasst, mehrfach Betäubungsmittel von den ihr zugewiesenen Kontaktpersonen zu übernehmen und in die Anstalt zu schmuggeln – etwa in Taschentuch-Packungen versteckt. Man müsse Geld verdienen, um ihr die 1000 Euro zurückzahlen zu können.

Beteiligung war nur einem der Häftlinge nachzuweisen

Der Staatsanwalt forderte in seinem Plädoyer eine achtmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung für die 55-Jährige – auch weil sie das besondere Vertrauensverhältnis als JVA-Beschäftigte missbraucht habe. Das Gericht entschied aber letztlich auf eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu 50 Euro. Es folgte damit der Argumentation ihres Anwalts. Die geständige Frau habe wegen ihrer durch eine persönliche Liebesbeziehung motivierten Drogendienste ihren Beruf verloren. Zudem sei sie aufgrund prekärer Familienverhältnisse und ihres "Outings" psychisch erkrankt und deshalb bis heute in Behandlung. Sie stünde vor einem Scherbenhaufen, würde voraussichtlich keine weiteren Straftaten begehen.

Der 28-jährige Angeklagte wurde als Motor des Drogenhandels gesehen. Dem Gericht galt er als gewerbsmäßiger Händler über den eigenen Drogenbedarf hinaus – wenngleich mit vergleichsweise geringen nachgewiesenen Mengen. Auch seine einschlägigen Vorstrafen und erhebliche kriminelle Energie, die das Gericht feststellte, brachten dem 28-Jährigen zwei zusätzliche Jahre Freiheitsstrafe ein. Dagegen könne der 29-jährige Ex-Liebhaber der Lehrerin nur als treibende Kraft vermutet werden. Die Beweislage reichte dem Gericht nicht für eine Verurteilung aus. Eine unmittelbare Beteiligung an den Betäubungsmittelgeschäften habe ihm nicht nachgewiesen werden können. Mehrere Zeugen hätten nur Hörensagen, keine belastbaren Tatsachen vorgebracht.

Deshalb musste er in dieser Sache freigesprochen werden. Gleiches gilt auch für den heute 31-jährigen vierten Angeklagten. Dieser war nur durch eine einzige Zeugenaussage eines Mithäftlings belastet worden.

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Richter: "Wir sind nicht blauäugig"

Der Staatsanwalt ließ keinen Zweifel daran, dass alle vier Angeklagten in unterschiedlicher Weise mit Betäubungsmitteln zu tun gehabt hätten. Das nachzuweisen, sei jedoch schwierig gewesen. Darum sei auch der ursprüngliche schärfere Vorwurf des bandenmäßigen Drogenhandels fallengelassen worden. Da seien Zeugen, die selbst teilweise noch im Gefängnis einsitzen, plötzlich eingeknickt oder hätten nur Hörensagen weitergegeben. Auch nach Ansicht des Gerichts ("wir sind nicht blauäugig") gab und gibt es ein eingespieltes System in Gefängnissen – im Offenburger ebenso wie in allen anderen. Da würden strenge Hierarchien gelten. Und wer sich daran nicht anpasse oder zur rechten Zeit wegsehe, werde schnell "überzeugt".