Einen deutlichen Anstieg verzeichnete die Staatsanwaltschaft Offenburg bei den illegalen Einreisen aus Frankreich. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die verstärkten Kontrollen nahe der Grenze – wie hier in Altenheim –, so die Erklärung. Foto: Goltz

Jahresbilanz: Staatsanwaltschaft bearbeitet 2020 rund 31 200 Verfahren / Zahl der Tötungsdelikte sinkt stark

Offenburg - Die Zahl der Straftaten im Einzugsbereich der Offenburger Staatsanwaltschaft sind auch im Corona-Jahr 2020 auf einem hohen Niveau geblieben. Doch haben sich durch die Pandemie einige Verschiebungen ergeben – beispielsweise weniger Diebstähle.

"Die Arbeit hat nicht nachgelassen", leitete Herwig Schäfer, Chef der Offenburger Staatsanwaltschaft, vor Pressevertretern die Vorstellung der Jahresbilanz seines Hauses ein. So wurden fast 20. 660 Ermittlungsverfahren (Vorjahr 20. 329) gegen rund 23. 950 bekannte Täter geführt, hinzu kamen 10 .585 Ermittlungen (Vorjahr: 11. 477) gegen Unbekannt.

Einen corona-bedingten Einbruch des Arbeitspensums der Staatsanwaltschaft habe es nur kurz im Frühjahr 2020 gegeben. Aufgrund der Pandemie konnten die Gerichte damals nicht weiterverhandeln. Das hatte allerdings auch sein Gutes: Die Staatsanwälte nutzten die Gelegenheit die Aktenberge abzuarbeiten. So gab es im vergangenen Jahr deutlich mehr "Erledigungen" als "Eingänge". Dabei spielt jedoch auch hinein, dass die Staatsanwaltschaft mehr Personal zur Verfügung gestellt bekam.

"Die Entlastung hat sich darin offenbart, dass jeder Staatsanwaltschaft 984 zu bearbeiten hatte", berichtete Schäfer. Das seien rund 5 Ermittlungsverfahren pro Staatsanwalt und Tag. "Die durchschnittliche Dauer des Ermittlungsverfahrens sank von 47 auf 36 Tage", betonte der Jurist.                    

Die Jahresbilanz der Staatsanwaltschaft offenbart darüber hinaus, dass es innerhalb der Deliktarten eine deutliche Verschiebung gegeben hat:        

Betrug und Untreue

Rund 20 Prozent der Verfahren gegen bekannte Straftäter drehte sich 2020 um Betrug und Untreue – immerhin rund 4230 Fälle (plus vier Prozent). Vor allem Internetbetrügerei en spielten eine Rolle: "Dabei geht es um betrügerischen Kauf von Waren, Dinge die nicht geliefert werden, Einwirkung auf Konten über unrechtmäßig erlangte Daten oder ähnliches", erklärte Schäfer.

 Diebstahl

Die Zahl der Diebstahlsdelikte sank 2020 um fast 17 Prozent auf 1954 Fälle. Vor allem bei Ladendiebstählen hätte es einen starken Rückgang gegeben, so Schäfer, da wirkten sich natürlich die corona-bedingte Schließungen aus.

Drogendelikte

Die Betäubungsmittelstraftaten gingen um rund elf Prozentpunkte auf etwa 1800 Fälle zurück. Dabei sei jedoch nicht weniger konsumiert worden, viel mehr hätten die Ausgangsbeschränkungen die öffentlichen Räume – wo Kleindealer vermehrt unterwegs seien – im Prinzip geschlossen, erläuterte Schäfer. Bei den schwereren Delikten, wie gewerbsmäßigem Handel, habe es keinen Rückgang zu verzeichnen gegeben.

 Körperverletzung

Die Fälle von vorsätzliche Körperverletzung sind 2020 deutlich weniger geworden. Nach einem Höchststand 2016 (1940 Verfahren) sank die Zahl im vergangenen Jahr gegenüber 2019 um rund 14 Prozent auf 1520. Eine Erklärung dafür hatte der Chef der Staatsanwaltschaft nicht.

Tötungsdelikte

Musste sich die Staatsanwaltschaft 2019 noch mit 23 Verfahren wegen – teilweiser versuchter – Tötungsdelikte befassen, so halbierte sich die Fallzahl 2020 beinahe auf zwölf. Rein kriminologisch gebe es auch hier keine Erklärung, so Schäfer.

Unerlaubte Einreise

Drastisch angestiegen ist die Zahl der Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz – die Statistik weist ein plus von 54 Prozent auf. Im 2020 musste die Staatsanwaltschaft rund 3300 Fälle abarbeiten (2019: 2145) – das ist ähnlich hoch wie zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2016.

Der Anstieg sei auf zwei Ursachen zurückzuführen, erläuterte Schäfer. Zum einen auf eine "erhöhte Kontrolldichte in der Corona-Zeit, da die Grenzen zum Teil geschlossen und die grenznahen Bereiche verstärkt kontrolliert wurden". Der zweiter Punkt sei, dass Bundespolizeiinspektion Offenburg personell stark aufgestockt wurde.

Bußgeld

 Im Rahmen von Einstellungen gegen eine Geldauflage nahm die Staatsanwaltschaft Bußgeldzuweisungen in Höhe von rund 278. 000Euro (Vorjahr: rund 261. 000 vor. Davon ging grob je eine Hälfte an die Staatskasse und an gemeinnützige Organisationen.

Info

Die Staatsanwaltschaft war 2020 mit einem neuen Deliktfeld konfrontiert – Straftaten rund um Corona. Ein Bereich waren hierbei Verstöße gegen Auflagen (77 Fälle), wie die Maskenpflicht, das Abstandsgebot oder Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen.

Es handelte sich nur um Fälle, bei denen Betroffene gegen ein Bußgeld Einspruch eingelegt hatten. Rund 20 Verfahren führte die Staatsanwaltschaft wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen bei Versammlungen. Hinzu kamen Ermittlungen wegen des "Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse".

Drei Verfahren gegen Ärzte wurden eingeleitet. Sie sollen Menschen fälschlicherweise eine Maskenunverträglichkeit attestiert haben. In einem Fall wird es wohl zu einer Verhandlung kommen, die beiden anderen sind noch nicht ausermittelt.