Kraftfahrzeugmechatroniker besonders betroffen: Die Handwerkskammer Freiburg verzeichnet rund fünf Prozent weniger Ausbildungsverträge – manche Gewerke erwischt die Corona-Krise dabei stärker als andere. Foto: Grubitzsch

Wirtschaft: IHK und Handwerkskammer verzeichnen weniger Verträge / 362 Stellen im Kreis noch unbesetzt

Ortenau - Ein verhaltener Start in das neue Ausbildungsjahr: Die IHK verzeichnet fast zwölf, die Handwerkskammer etwa fünf Prozent weniger Ausbildungsverhältnisse. Nicht zu dramatisch, versichert die Agentur für Arbeit – es gibt sogar noch offene Stellen.

"Zum sechsten Mal in Folge war die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Ortenaukreis höher als die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber", erklärt Horst Sahrbacher, Chef der Offenburger Arbeitsagentur, am Montag.

Eine Berufsausbildung begannen 1280 Jugendliche, 540 junge Menschen entschieden sich für eine weiterführende Schule, ein Studium oder ein Praktikum. Aktuell sind noch 362 Berufsausbildungsstellen in fast allen Berufen offen.

Einzelne Branchen sind stärker von der Krise betroffen als andere

I nsgesamt melden die Handwerkskammer Freiburg (HWK) und die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) aber teilweise starke Rückgänge. Die IHK registrierte insgesamt 11,5 Prozent (Ortenau: - 12,3) weniger neue Ausbildungsverhältnisse als im Vorjahr.

Zum aktuellen Ausbildungsjahr verzeichnete die HWK ein Minus von 4,9 Prozent (Ortenau: - 0,3). "Städtische Ballungsgebiete und der Süden des Kammerbezirks sind deutlich stärker von den Auswirkungen der Coronakrise betroffen als der Rest", erläutert HWK-Präsident Johannes Ullrich.

Einzelne Gewerke sind besonders von den Rückgängen betroffen. So meldeten etwa Kraftfahrzeugmechatroniker und Friseure besonders rückläufige Zahlen. "Die Krise wirkt wie ein Brennglas", so Ullrich. "Die Auswirkungen struktureller Veränderungen, wie etwa in der Kfz-Branche, treten in dieser Krise noch deutlicher zu Tage und wirken sich dementsprechend auch akut auf die Ausbildungszahlen aus."

Die IHK hat besonders deutliche Rückgänge in der Metalltechnik, in der Gastronomie und im Handel zu verzeichnen. Stabil bleiben einzig die Elektroberufe, sowie kleinere Berufsgruppen in den Bereichen Bau, Holz und Versicherung.

"Ein rein negatives Bild zu zeichnen, wäre falsch. Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist ungebrochen hoch", erklärt IHK-Präsident Steffen Auer. Auch deshalb führe die aktuelle Ausnahmesituation nicht dazu, dass es zu einem Mangel an Ausbildungsplätzen gekommen ist. "Angebot und Nachfrage sind in unserer Region in etwa ausgeglichen."

Mit rund 11,5 Prozent weniger Ausbildungsverträgen liegt der Südliche Oberrhein laut IHK-Statistik noch unterhalb des Landesschnitts von etwa 14 Prozent. "Zu verdanken hat die Region diesen Umstand der Tatsache, dass die Betriebe am südlichen Oberrhein sehr breit aufgestellt sind. Zwar fällt ein Hoch dann nicht so hoch aus, aber wir fallen auch nicht so tief", erklärt Auer.

Die vergangenen Jahre seien von einem erheblichen Überhang an Ausbildungsstellen geprägt gewesen, erklärt Simon Kaiser, Leiter des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein. Mangels geeigneter Bewerber seien die oft nicht besetzt worden.

Pandemie erschwert Jugendlichen die Berufsorientierung

"Der Puffer der vergangenen Jahre ist nun eben geschmolzen", konstatiert Kaiser. Er glaubt nicht, dass im kommenden Jahr mit einem weiteren Sinken der Zahlen zu rechnen ist. "Die Betriebe wissen, dass es eine Zeit nach Corona gibt und sie dann die Fachkräfte dringend brauchen werden."

"Es bleibt nur zu hoffen, dass der neuerliche Teil-Lockdown im November und die damit verbundene weitere Unsicherheit den Ausbildungswillen der Handwerksbetriebe nicht erneut ausbremst", so HWK-Präsident Ullrich.

Etwas sorgenvoll blickt IHK-Präsident Auer auf den 31. Dezember. "Dann endet die Probezeit für die neuen Azubis dieses Jahres. Gerade im Bereich Hotel und Gastronomie rechne ich mit einigen Vertragsauflösungen aufgrund wirtschaftlicher Gründe. Wie und ob für diese Branche nach dem Lockdown ein Weihnachtsgeschäft möglich ist, ist derzeit schlicht noch nicht absehbar."

"Die Betriebe bilden weiterhin auf hohem Niveau aus, auch wenn die Corona-Pandemie sowohl die Berufsorientierung als auch die Auswahlprozesse erschwert hat", zieht Agenturchef Sahrbacher ein Fazit zum Abschluss des Berufsberatungsjahres 2019/21. 2545 junge Ortenauer haben die Berufsberatung der Agentur für Arbeit auf der Suche nach einer Lehrstelle in Anspruch genommen.

Die IHK appelliert in dem Zusammenhang an die Schulen: "Die Berufsorientierung darf im kommenden Jahr nicht wieder zu kurz kommen", sagt der IHK-Präsident. Den Schülern fehlten sonst wertvolle Entscheidungshilfen für die Frage, wie es nach dem Schulabschluss weitergeht. "Wir sind bereits dabei, unser Angebot an Berufsorientierungsprojekten virtuell umzusetzen", ergänzt Kaiser.

Alle Jugendlichen, die noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle sind, können sich bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur unter Telefon 0781/9 39 36 68 melden. Die Vermittlung in Ausbildungsplätze und berufsvorbereitende Maßnahmen läuft bis zum Jahresende unvermindert weiter.