Paket-Verteilzentren – wie dieses bei Lampertswalde in Sachsen – betreibt Amazon deutschlandweit an 16 Standorten. Foto: Kahnert

Wirtschaft: Online-Riese dominiert Markt / Verband appelliert: bei hiesigen Unternehmen kaufen

Südbaden - Viele Händler aus der Region präsentieren ihr Angebot seit Beginn der Corona-Zeit auch online. Die Konkurrenz ist mit dem Versandhändler Amazon aber riesengroß. Dieser kämpfe mit unfairen Mitteln, werfen ihm südbadische Unternehmer vor.

Lokaler Einkauf geht auch im Internet 

"Leider ist vielen Verbrauchern aus der Region noch nicht bekannt, dass sie lokal im Internet kaufen und sich die Ware nach Hause liefern lassen oder aber vor Ort abholen können", teilt die Vereinigung Badischer Unternehmerverbände mit. Viele Konsumenten kauften stattdessen auf großen Online-Plattformen wie Amazon. Doch der Riese aus den USA spiele mit gezinkten Karten: "Seit Jahren fährt Amazon eine Steuervermeidungsstrategie und zahlt nur minimal Steuern und Abgaben", betont der Unternehmerverband.

"Verbraucher müssen jetzt massiv dabei helfen, der Entwicklung entgegenzusteuern: Wer in Südbadens Handelsgeschäften on- oder offline einkauft, unterstützt die Wirtschaft vor Ort und sorgt dafür, dass die Region lebenswert und gut entwickelt bleibt", erklärt Michael Hafner, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Badischer Unternehmerverbände.

Bis heute habe die Europäische Union keine richtige Gegenstrategie entwickelt. Die Verbraucher haben es hier in der Hand und entscheiden mit ihrem Einkaufsverhalten über die Zukunft des regionalen Handels und damit auch der Infrastruktur der Städte und Gemeinden. Sie sollten sich unbedingt auch südbadische On- und Offline-Angebote des Einzelhandels näher ansehen, bevor sie ihre Bestellung absenden, so das Anliegen. Denn wer bei lokalen Einzelhändlern on- oder offline kaufe, unterstütze die regionale Wirtschaft vor Ort und damit auch die Arbeitsplätze von Angestellten. "Ansonsten bluten die Dorf- und Stadtkerne aus."

Verband sieht Käufer in der Verantwortung

Die Vereinigung Badischer Unternehmerverbände übt jedoch nicht nur Kritik am Branchen-Riesen Amazon, sondern nimmt auch die Konsumenten in die Pflicht: "Käufer, die sich nicht darum kümmern, was nach der Bestellung abläuft, brauchen sich nicht über Pleiten im Handel, zunehmende Arbeitslosigkeit und zurückgehende Steuereinnahmen der Kommunen wundern", heißt es in der Mitteilung. Unterm Strich würden dadurch alle verlieren: der Handel, die Arbeitnehmer, Städte und Kommunen – Geschäfte schließen, Gemeinden und Städte veröden.

Während der südbadische Handel auf festangestellte Angestellte setze, beschäftige Amazon seit Jahren schlecht bezahlte Leiharbeiter, erklärt die Vereinigung. "Nun ist bekanntgeworden, dass selbst der vor kurzem in Freiburg gestartete Lieferdienst des Online-Giganten nur auf Leiharbeiter im Bereich Sortierung und Selbstständigkeit der Fahrer setzt – ein Unding." Leiharbeit sei nicht per se zu verurteilen, wenn Sie seriös ist und dem Grundsatz der Gleich-Bezahlung folgt. Bei den Fahrern des Lieferdiensts sei die Gefahr der Scheinselbstständigkeit gegeben. Ferner werde der Innenstadtverkehr durch den eigenen Lieferdienst zusätzlich mit höheren Emissionen belastet. Die von Amazon angekündigte Elektromobilität werde auch erst noch umgesetzt werden müssen.

Amazon ist ein Mitte der 1990er-Jahre in den USA gegründetes Unternehmen des Informatikers Jeff Bezos. Ursprünglich handelte es sich nur um eine Onlinebuchhandlung. Nach eigenen Angaben hat Amazon als Marktführer des Internethandels mittlerweile die weltweit größte Auswahl an Büchern, CDs und Videos. Amazon war 2019 mit 19,85 Milliarden Euro das umsatzstärkste US-Unternehmen in der Bundesrepublik.

Das Statement von Amazon 

Amazon nimmt zur Kritik jetzt Stellung. Ein Sprecher erläutert die Ansichten von Amazon folgendermaßen:

"An allen unseren Standorten sind gute und sichere Arbeitsplätze entstanden. Deutschlandweit arbeiten bei Amazon in der Logistik über 16.000 festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – mehr als 8.000 davon bereits seit über 5 Jahren. In Freiburg-Hochdorf  liegt der umgerechnete Einstiegsbasislohn bei 11,35 Euro brutto pro Stunde. Nach 12 und 24 Monaten bei Amazon steigt der Lohn automatisch. Nach 24 Monaten verdienen Mitarbeiter durchschnittlich rund 2.655 Euro brutto pro Monat. Kolleginnen und Kollegen in Zeitarbeit erhalten den gleichen Lohn, wie festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darüber hinaus übernehmen wir interessierte Arbeitnehmer, sobald unsere Prozesse angelaufen sind. Am Standort Hochdorf sind die Übernahmen für Januar 2021 geplant.

Unsere Lieferpartner schaffen gute Arbeitsplätze in der Region und müssen sich an alle geltenden Gesetze und den Amazon Codex für Lieferpartner halten, der unter anderem den Schwerpunkt auf faire Löhne und angemessene Arbeits- und Pausenzeiten legt. Uns geht es um ein langfristiges Engagement mit der Gemeinde, wir bezahlen Gewerbesteuer ab dem ersten Tag, unterstützen gemeinnützige Initiativen und möchten ein guter Nachbar sein."