Serie: Saubere Sache: Schwabo-Redakteurin Katharina Beule heuert für einen Tag als Müllwerkerin an

Sie sind ebenso unterschätzt wie unersetzbar. Einmal als Müllmann hinten auf dem Trittbrett mitfahren – für mich ein lang gehegter Wunsch. Und eines wird schnell klar: Müllmänner – oder Müllwerker, wie ich lerne – arbeiten hart für ihr Geld.

Es ist 5.30 Uhr. Der Wecker klingelt heute ungewöhnlich früh. Normalerweise kann ich noch zwei Stunden schlafen – die Arbeit in der Redaktion beginnt erst um 10 Uhr. Um 7 Uhr treffe ich mich mit Fahrer Pascal Herzogenrath und Müllwerker Robert Juhazs von den Mittelbadischen Entsorgungs- und Recycling-Betrieben (Merb). Das Unternehmen mit Sitz in Achern ist in der kommunalen Abfallentsorgung im Auftrag des Ortenaukreises tätig.

Rund 530 Grüne Tonnen sollen heute in Oberwolfach geleert werden. Mitleidige Blicke ernte ich nicht: Für die beiden Männer beginnt der Tag noch früher. Um 6 Uhr setzen sie sich in Gengenbach in Bewegung. Für diesen Tag steht neben Oberwolfach noch Gengenbach-Reichenbach auf dem Plan. In Schnellingen waren sie bereits – fast ein ganzer Arbeitstag, bevor der meine beginnt. Bis etwa 16 Uhr brauchen die beiden für ihre Touren.

Wie auf einer Schnur aufgereiht stehen die Tonnen an der Wolfbergstraße. Ich nehme vorne neben Herzogenrath Platz. Der Fahrer hat selbst sechs Jahre hinten als Müllwerker gearbeitet, bevor er vor rund drei Jahren auf den Fahrersitz wechselte. Wir arbeiten uns Straße für Straße vor. Ranfahren, stehen bleiben, warten, weiterfahren – unser Rhythmus.

Herzogenrath hat alles im Blick: Den Müllwerker, der unermüdlich die Tonnen heranzieht, in die Schüttung hängt, wieder zurückstellt, aufsteigt. Er steuert das Müllauto mit Hilfe einer Kamera am Heck punktgenau von Tonne zu Tonne, so dass Juhazs so wenig wie möglich laufen muss. "Hinten drauf stehen ist alles andere als locker", sagt Herzogenrath. Bis man sich an die körperliche Arbeit gewöhnt hat, könnten schon mal drei bis vier Monate vergehen.

Wir arbeiten uns Straße für Straße durch das Wohngebiet. An einigen Tonnen fahren wir zunächst vorbei, wenden und leeren sie auf dem Rückweg. "Manchmal rufen dann Leute an und sagen, wir wären vorbei gefahren", erzählt er. Für diesen Fall ist das Fahrzeug mit GPS ausgestattet. Die Kollegen in der Disposition können genau verfolgen, wo es sich befindet und welche Tonnen bereits geleert wurden.

Kapitulation vor den schweren Papiertonnen

Er hält den Wagen an mehreren Tonnen an. "Wenn da mehrere stehen, steige ich aus und packe mit an", sagt er. Da kommt auch mein Part. Und ich merke schnell: Zur Müllwerkerin tauge ich nichts. Ich kapituliere vor den schweren Tonnen, die die beiden Profis beschwingt in die Schüttung hängen.

Während wir eine steile Straße hinauf fahren, frage ich mich, wie das im Winter oder bei starkem Regen vonstatten gehen soll – die Müllabfuhr ist schließlich bei Wind und Wetter unterwegs. Wer am Morgen den Regenschutz vergisst, für den kann ein Tag ziemlich nass enden. Herzogenrath kennt das. Als er frisch angefangen hatte, habe er ihn einmal vergessen und es habe durchgehend geschüttet. "Am Ende konnte ich meine Schuhe auskippen." Am schlimmsten sei aber Schnee. "Wenn man 1200 Tonnen über den geräumten Schnee wuchten muss, weiß man abends, was man gemacht hat", sagt er. Aber auch der Sommer habe seine Tücken. Er erzählt, wie er einmal in ein Wespennest gegriffen hat, das sich unter dem Rand der Tonne befand. Acht Stiche waren die Bilanz.

"An manchen Stellen hat man das Gefühl, man würde mehr rückwärts als vorwärts fahren", sagt er, während er den Laster rückwärts durch die Rosenstraße lenkt. Schwierig sei es, wenn der Wendeplatz zugeparkt ist oder wenn Autos zu weit auf der Straße stehen. Am Kirchberg bekomme ich einen Eindruck davon. Wenn in der engen Straße ein Auto im Weg stehen würde, müsste Herzogenrath rückwärts den steilen Berg runterfahren und auf der anderen Seite ebenso rückwärts wieder hoch. "Dann wird’s manchmal eng", so der Fahrer. Etwas Größeres passiert sei ihm aber noch nicht passiert – mal abgesehen von einer touchierten Laterne.

Auch der Sommer hat seine Tücken: Wespen

Wir queren die Wolftalstraße. Ein Bus mit winkenden Kindern fährt vorbei. "Wenn sie jung sind, wollen sie alle noch Müllmann werden", sagt er. In dem Alter sei das ein richtiger Traumberuf. Dabei haben Müllwerker häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. "Mich hat mal jemand gefragt, was ich die anderen drei Wochen mache, wenn die Tonnen geleert sind", erzählt er und lacht. Dabei habe er noch weitere Touren, unter anderem in Offenburg. Andere seien genervt und fühlen sich zum Beispiel durch das Piepsen beim Rückwärtsfahren gestört. "Anfangs macht man sich schon Stress, aber man wird gelassen", sagt er.

Der Müllwagen darf übrigens aus Sicherheitsgründen nur mit höchstens Tempo 30 fahren, sobald der Müllwerker hinten auf der Plattform steht – was für mich der Grund ist, den Tag bei der Müllabfuhr zu beenden. Bevor es für die beiden in Richtung Walke geht, wechselt Juhazs auf den Beifahrersitz. Und am Ende des Einsatzes bleibt für mich die Erkenntnis: Gut, dass es Menschen gibt, die den Job machen.             Von Katharina Beule

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