Der Lachs kehrt wieder in die Kinzig zurück: Stephan Stäbler, Leiter der Lachszuchtstation Wolftal, hat mit seinem Kollegen Armin Wachendorfer gesorgt. Vor elf Jahren begannen sie mit der Aufzucht von Jungtieren und deren Eltern in Oberwolfach. Foto: Steitz

Vermehrung durch Zuchtstation läuft gut in Kinzigsystem. Drei Nationen kooperieren an Rhein.

Oberwolfach - Der Lachs ist zurück: Dank des Wiederansiedelungsprojekts des Landes Baden-Württemberg ist in vier der sieben Programmgewässer nun eine natürliche Vermehrung nachgewiesen worden. Doch hinter diesem Erfolg steckt harte Arbeit.

Das weiß Stephan Stäbler, Brillenträger, kräftige Statur und naturverbundener Macher, nur zu gut. Er leitet die wiederhergestellte Teichanlage im Gelbach, die Lachszuchtstation Wolftal. Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg (LFVBW), durch den das Projekt umgesetzt wird, hatte die Anlage im Juni 2010 dort in Betrieb genommen.

Lachsen sollte in dem LFVBW-Programmgewässer "Kinzig", das bis hin zur Wolf und Schiltach führt, wieder ein natürliches Lebensumfeld gegeben werden. Schon 2007 begann Stäbler mit seinem Kollegen und Mitstreiter Armin Wachendorfer die Aufzucht von Junglachsen und deren Eltern in Oberwolfach. Die Tiere sollen helfen, den ehemals guten Bestand des Rheinsystems in Baden-Württemberg wieder aufbauen.

Idyllisch und ruhig geht es in Oberwolfach zu. Ab und an zirpen Grillen. Sonst ist nur das Rauschen der Bäume am Waldrand hörbar. Links der acht Teiche, in denen die Tiere gezüchtet werden, steht ein Wohnhaus. Es ist an die Station angebunden und soll zum Besucherzentrum umgebaut werden (wir berichteten). Die neuen Pläne für die Zukunft sind sehr versprechend. Doch aller Anfang ist schwer und es gibt immer noch viel zu tun.

16 Wanderhindernisse wurden allein während der vergangenen 20 Jahre in der Kinzig und ihren Nebenflüssen umgebaut, um Lachsen und anderen Fischen die Wanderung zu ihren Laicharealen zu ermöglichen. Die Kinzig, zum größten Teil ab Hausach begradigt, soll in naher Zukunft in mehreren Projekten abschnittweise wieder renaturiert werden. Ein erstes Projekt könnte schon 2019 auf circa 1,4 Kilometern in Gengenbach umgesetzt werden.

Fischtreppen gebaut

Ein weiteres Problem, das angegangen wurde, war die Durchgängigkeit. Wehre und Wasserkraftwerke mit ihren Turbinen verhinderten, dass "abwandernde" Lachse lebend flussabwärts mit dem Strom schwimmen konnten. So mussten "Beipässe", sogenannte Abwanderhilfen an den Fischtreppen, unter anderem an den Wolfacher Wehren bei den Firmen Sachtleben und Leipold gebaut werden, damit die Fische auf ihrem Weg in den Rhein nicht sterben.

Idee entsteht 1986

Der anfängliche Interessenkonflikt in Wolfach konnte sich auch dank Runder Tische zwischen Naturschützern, Angelvereinsvertretern und Betreibern beseitigen lassen. "An der Kinzig hat das Umdenken stattgefunden", erinnert sich Stäbler daran.

Die "Geburtsstunde" des landesweiten LFVBW-Programms war, als sich am 1. November 1986 ein Chemiebrand in einer Lagerhalle bei Basel ereignete. Sehr viel belastetes Löschwasser wurde Stäbler zufolge in den Rhein getragen. Die Folge: Er avancierte zum "dreckigsten Fluss Europas". Das Fischsterben führte bis nach Mannheim. Daher lautete der Plan aller Rheinanliegerstaaten: Der Fluss soll wieder ein sauberes Gewässer werden. Der Indikator dafür war der Lachs. Denn er galt als Symbol für gute Wasser- und Lebensqualität.

Seither wird auf bestimmten Längen kartografiert, wo der Lachs historisch war und sich nun wieder ansiedeln soll. Im 17. und 18. Jahrhundert, bevor das Kinzigsystem begradigt wurde, gab es dort jährlich bis zu 150 000 Rückkehrer, erzählt Stäbler.

Seit Anfang 2000 wurden die ersten Rückkehrer in Baden-Württemberg wieder festgestellt. Junglachse, die von der Kinzig und anderen Programmgewässern auszogen, über den Rhein (bei Kehl) bis hinauf in die Nordsee und nach Grönland (Golfstrom) schwärmten, kamen zurück in ihre Geburtsflüsse, um für Nachwuchs zur sorgen.

"Insgesamt zeigt sich, dass dieses Programm eine Erfolgsstory ist", so Stäbler. Eine Naturverlaichung wurde neben der Kinzig auch an Rench, Murg und Alb nachgewiesen. In Zahlen heißt das: Pro Jahr kann mit circa 80 Rückkehrern in der Kinzig gerechnet werden, hebt der Lachszuchtstationsleiter hervor. 2016/17 wurden neun Laichplätze in dem Fluss mit seinen Nebengewässern nachgewiesen.

7000-Kilometer-Tour

Allein bei der Iffizheimer Messstelle sind 2017 insgesamt 171 Tiere im Rhein erfasst worden, die heimkehrten. Ein paar Kilometer weiter, in Gambsheim, waren es 105 Wanderfische und in Straßburg immerhin noch 25 Lachse, die nach ihrer "Reise" wieder ankamen. Wenn die ganz silbrig gewordenen Fische zur Wanderung aufbrechen, legen sie nahezu 7000 Kilometer zurück, bis sie zum Laichen in ihre Geburtsflüsse zurückkehren.

"Das Programm mit dem Erfolg gibt uns, glaube ich, recht", bekräftigt Stäbler. Gerade am Rhein arbeiten die Lachsfreunde auch trinational zusammen. Das minimiert das Risiko, wenn in einer der drei offiziellen Lachszuchten etwas passieren sollte und Teile der Produktion ausfallen würden. "Wildfische kann man nicht kaufen", begründet Stäbler. Und so tauschen sich die Deutschen, Schweizer und Franzosen im Notfall untereinander aus.

"Ich fände es toll, wenn es klappen würde, dass wir selbsterhaltende Lachspopulationen bekommen", erläutert Stäbler. Aber das ist noch "Zukunftsmusik", da es im Moment zu wenig Fische sind. Bis dieses Ziel also erreicht ist, fließt noch viel Wasser die Wolf und Kinzig hinunter.

Im Rahmen der Schwabo-Sommerserie "Unser Wasser im Kinzigtal" beschäftigt unsere Redaktion sich mit Fragestellungen rund um den Einfluss, den die Kinzig, die Wasserversorgung und die Trockenheit auf das Leben im Tal haben. In 13 Teilen, die jeweils samstags und mittwochs erscheinen, beleuchten wir verschiedene Aspekte des Lebens mit (oder ohne) das Wasser. Am Samstag, 11. August, geht es um die Probleme, die die Feuerwehrleute angesichts der Dürre haben.