Verstehen sich prächtig: Oberweiers Felipe Mantilla (rechts) und Andrej Kracman. Foto: Klaus Foto: Lahrer Zeitung

Tennis: Der TC BW Oberweier ist die Überraschung der 2. Bundesliga schlechthin / Gemeinsame Kochabende

Der Zweitligist TC BW Oberweier hat überraschend früh die Klasse gehalten. Am sechsten Spieltag steht das Team auf dem dritten Platz. Zu verdanken hat die Mannschaft ihren Erfolg dabei vor allem dem großen Teamgeist im Verein.

"Das zweite Jahr ist immer das schwerste" oder "das verflixte zweite Jahr" sind Phrasen, die Aufsteiger wie der TC BW Oberweier in ihrer Saison nach dem Aufstieg sicherlich immer wieder um die Ohren geschmettert bekommen. Soll heißen: Nach der Aufstiegseuphorie, inklusive Klassenerhalt im ersten Jahr, geht es in der Spielzeit darauf mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder runter.

Nur gut, dass in Oberweier niemand etwas auf solche Floskeln gibt, denn mit dem Abstieg hat der unbekümmert aufspielende Dorfverein in diesem Jahr nach dem Doppelsieg vom vergangenen Wochenende gegen Amberg und Rüsselsheim nun auch rechnerisch rein gar nichts mehr am Hut. Im Gegenteil: Mit fünf Siegen aus sechs Spielen steht das Team um Mannschaftskapitän Philipp Bauer auf dem dritten Platz der 2. Bundesliga Süd. Lediglich gegen den Platzhirschen aus Großhesselohe mit ihrem Star Florian Mayer hatte es zu Saisonbeginn eine glatte und durchaus einkalkulierte Niederlage gegeben. Doch wie hat der Klub das geschafft? Zumal vor der Saison die nominell besten sechs Spieler den Verein in Richtung 1. Bundesliga verlassen hatten, darunter mit dem Ungarn Attila Balazs der zuverlässigste Punktelieferant Oberweiers. TC-Chefcoach Oliver Killeweit mit dem Versuch einer Erklärung: "Es stimmt, dass unser Kader im Vergleich zur letzten Saison nicht besser geworden ist", so Killeweit. "Aber jetzt sind wir deutlich ausgeglichener besetzt."

600 Kilometer im Auto unterwegs

Als Beispiel nennt der 47-Jährige Andrej Kracman. Seit 15 Jahren spielt der Routinier aus Slowenien, mit einer dreijährigen Unterbrechung, inzwischen bereits für Oberweier. Im Gegensatz zu anderen ausländischen Spielern, wie dem vor der Saison verpflichteten Schweden Christian Lindell, dem Brasilianer Fernando Romboli oder dem Italiener Franco Capalbo gehört Kracman damit fast schon zum Inventar des Dorfvereins. "Andrej steht bei uns an Position sechs. Aber er kann auch unsere Nummer Eins schlagen", so Killeweit über den ehemaligen slowenischen Davis Cup-Spieler, der im Hauptberuf als Tennislehrer in der Nähe von Verona arbeitet und zu den Spielen die rund 600 Kilometer nach Oberweier im Auto zurücklegt. "Unsere Topleute wie Christian Lindell sind in der ATP-Rangliste irgendwo zwischen Platz 400 und 500. Damit müssten wir, rein von der Rangliste her, im unteren Viertel der Tabelle stehen."

Dass es derzeit dennoch zu einem Platz unter den besten drei Teams der 2. Bundesliga reicht, sei neben der Ausgeglichenheit im Kader vor allem dem besonderen Mannschaftsgeist in Oberweier geschuldet, vermutet Killeweit: "Unser gutes Abschneiden in dieser Saison ist wirklich nicht einfach zu erklären. Aber es ist schon so, dass alle Spieler, wenn sie für uns in der Liga aktiv sind, plötzlich ihre beste Leistung abrufen."

Den Grund für diese Leistungsexlosion sieht Oberweiers Cheftrainer in der "besonderen Atmosphäre", die im Klub herrscht. "Bei uns leben die Fans und alle Beteiligten richtig mit. So etwas überträgt sich dann auch auf die Spieler." Dieses "Besondere" am Klub könne man laut Killeweit auch am Beispiel des Kolumbianers Felipe Mantilla besonders gut erkennen. Während viele andere der internationalen Spitzenspieler in der Liga und auch im Verein lediglich die Spielwochenenden vor Ort im Hotel verbringen, hatte der 25-jährige Kolumbianer, im ATP-Ranking derzeit auf Platz 619 positioniert, zusammen mit seiner Freundin einen Monat lang ein Appartement in Oberweier angemietet. "Felipe hat eine sehr offene und positive Art. Er ist mit seinen Mannschaftskollegen befreundet und lädt sie auch schon mal zu sich nach Hause zum Essen ein", so Killeweit über seinen an Position zwei gesetzten Spieler, der vor drei Jahren schon einmal in Oberweier zum Schläger griff und vor der Saison zurückkehrte.

Aber wie finden Spieler wie Lindell oder Mantilla ihren Weg in die Ortenau? "Wir kooperieren seit rund sieben Jahren mit einem Spielervermittler. Andere kommen auf Empfehlung von unseren anderen Spielern, die sie bei Turnieren gesehen haben."

Nachdem der Klassenerhalt jetzt in trockenen Tüchern ist, will Killeweit die jungen Talenten aus dem Verein mit mehr Spielanteilen belohnen. "André Steinbach wird sicherlich eine Chance an Position sechs bekommen", so der Cheftrainer über den 15-jährigen Hochbegabten.

Doch wie motiviert ein Trainer eine Mannschaft, für die es bis zum Saisonende am kommenden Sonntag eigentlich nur noch um die "Goldene Ananas" geht? "Letztendlich ist es ein Einzelsport. Da will jeder Spieler seine Matches gewinnen", beruhigt Killeweit, der hofft, dass sein Team auch weiterhin so gut am Ball bleibt: "Natürlich hilft unser gutes Abschneiden bei unserer Außendarstellung und bei der Suche nach Sponsoren. Man muss unsere gute Leistung anerkennen."