Auf so einer Wildblumenwiese fühlen sich Bienen und andere Insekten besonders wohl. Symbolfoto: Bockwoldt Quelle: Unbekannt

Natur: Biologe erklärt, wie sich das Insektensterben stoppen lässt

Neuried - "Bunte Wiesen und Weiden" – zu diesem Vortrag hatte der BUND Neuried in den Löwensaal in Ichenheim eingeladen. Ziel war es, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten jeder Einzelne hat, um das Insektensterben aufzuhalten.

Der Biologe Philipp Unterweger wurde vom BUND Neuried für den Vortrag eingeladen. Unterweger hat sich auf zahlreichen Exkursionen mit der biologischen Vielfalt in Schutzgebieten und vom Menschen genutzten Kulturlandschaften beschäftigt. Zu Beginn des Vortrags verwies er auf die Krefelder Studie, nach der innerhalb von dreißig Jahren 80 Prozent der Insektenmasse verloren gehen.

Damit sich jeder leichter ein Bild machen kann, wurde das Insektensterben auf das Bienensterben reduziert. Besonders hob Unterweger dabei hervor, dass Wiesen vor Rasenflächen bevorzugt werden sollen. Während es auf Rasenflächen kaum Insekten gebe, finden sich diese auf Wiesenflächen in einer sehr großen Zahl. Dies könne dadurch erreicht werden, dass Wiesen nur noch zwei Mal pro Jahr abgemäht werden und die Maht dann abtransportiert wird. So wie es die Bauern vor vielen Jahren schon gemacht haben, da sie das Heu zur Einstreu in den Ställen über den Winter als Viehfutter brauchten. Dadurch habe es immer wieder blühende Wiesen gegeben, auf denen sich Insekten vermehren konnten.

Der Biologe untermalte seinen Vortrag immer wieder mit Grafiken und Bildern, die das Insektensterbens dokumentierten und abbildeten. Besonders wichtig sei, die Multifunktionalität der Wiesen zu erhalten, betonte der Biloge. Denn als Wiese biete diese nicht nur Lebensraum für Insekten, sondern stelle auch eine Dienstleistung als Ökosystem dar, da beispielsweise Wasser gebunden und Sauerstoff hergestellt wird. Bereits im ersten Jahr der Umstellung erhöhe sich die Population an Insekten.

Während Insekten Mitte Februar und Mitte Juni schlüpfen, sei es aber auch wichtig, dass die Überwinterung gesichert ist. Auch dies lasse sich dadurch erreichen, dass die Wiesen nur noch selten gemäht werden.

Jede Pflanze zählt

Unterweger wies auch darauf hin, dass nicht nur jede Wiese, sondern sogar jede Pflanze zählt. Er beschrieb die "Rampe des Aufwands", wobei das Mulchen verboten ist und dem Langgrasschnitt mit Abräumen des Schnittguts weicht. Es sollte dann heimisches Saatgut verwendet werden, welches aus der Region gewonnen wurde, da auch das Saatgut die verschiedenen Keimzeiten der Regionen in den Genen trägt.

Dass bei der Grünlandbewirtschaftung die Ökologie ins Hintertreffen gerät, ist dabei nicht neu. Bereits 1934 – als der Balkenmäher erfunden und erstmals eingesetzt wurde – beobachtete man den Rückgang der Froschpopulationen auf Weiden, so Unterweger. Häufig hatten davor Weidetiere die Offenhaltung der Flächen übernommen. Diese seien auch wichtig für die Biodiversität gewesen. Durch deren Hinterlassenschaften komme ein weiterer Brutplatz für Insekten auf die Wiesen.

Die Jahre 2020 bis 2030 seien die zentrale Dekade zur Ökowiederherstellung. Auch die Industrie müsse mit der Natur verbunden werden. Bereits im Wohnbereich könne man hier schon viel tun. So sollten sich in den Gärten auch immer wieder Plätze finden, die nicht perfekt aufgeräumt sind. Im öffentlichen Raum könne Straßenbegleitgrün entsprechend gepflegt werden.

Im Anschluss an den Vortrag wurde zur Diskussion eingeladen. Die Frage nach einer Fördermöglichkeit für Landwirte, damit diese von der herkömmlichen Bewirtschaftung zur ökologischen Bewirtschaftung wechseln können, konnte nicht beantwortet werden. Hier sah Unterweger die Chancen als gering an, da auch Ackerland nicht umgewandelt werden sollte. Mit Beifall dankten die Zuhörer Unterweger für den Vortrag.

Philipp Unterweger (Jahrgang 1986) interessierte sich schon während seiner Schulzeit für Biologie, Ökologie und Gartenbau. Er studierte Biologie, Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Tübingen. In seinem vielfach ausgezeichneten Forschungsprojekt "Initiative Bunte Wiese" kombinierte er die praktischen Ansätze einer Nichtregierungsorganisation mit den wissenschaftlichen Fragestellungen der Biodiversitäts- und Sozialforschung.