Tiefengeothermie – seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema zwischen verschiedenen Interessensgruppen. Um ihren Unwillen gegen ein Geothermie-Projekt in Neuried auszudrücken, hatte eine Bürgerinitiative 2020 dieses Plakat aufgestellt. Foto: Armbruster (Archiv)

Bohrungen: CDU-Abgeordneter Willi Stächele fordert Schäden abzusichern / Grüne setzen auf Photovoltaik

Ortenau - Die Diskussion um die Geothermie in der Region köchelt weiter. Die Grünen halten daran fest, setzen aber zunächst auf einfachere Alternativen. CDU-Abgeordneter Willi Stächele fordert derweil eine zentrale Meldestelle für mögliche Schäden.

Bereits seit November 2019 kam es im Bereich nördlich von Straßburg im Zusammenhang mit der geothermischen Anlage der Firma Fonroche immer wieder zu Erdbeben. Die Erschütterungen am 4. Dezember vergangenen Jahres erreichten schließlich eine Stärke von 3,5 auf der Richterskala.

Diese waren auch in der Ortenau zu spüren. Zwischenzeitlich hat die Präfektur des Bas-Rhin das Projekt gestoppt (wir berichteten). Der Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Kehl, Willi Stächele, nahm das jüngste Beben zum Anlass bei der Landesregierung unter anderem wegen der Haftung für Schäden nachzuhaken – nun liegt die Antwort vor.

Stächele fordert, Bürger verstärkt aufzuklären

"Die Antwort des Umweltministers stellt nicht zufrieden und weckt erst recht neuen Informationsbedarf", erklärte der Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Kehl in einer Pressemitteilung. "Mit Lokalmagnituden deutlich unter 4 waren Schäden auf deutscher Seite zunächst nicht zu erwarten", heißt es in der Antwort von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Trotzdem seien bei der Stadt Kehl nach dem 4. Dezember vereinzelt Meldungen über Schäden eingegangen.

"Mir ist sehr wichtig, dass die Schäden aus Rheinau-Honau und Kehl auch konkret benannt werden", betont Stächele. Für die Zusammenarbeit am Oberrhein reiche es zudem nicht aus, wenn eine Genehmigung zur Bohrung nur bekannt gemacht werde. "Elsass und Baden-Württemberg müssen da schon zu einer neuen Zusammenarbeit kommen", so der Vorsitzende des Europaauschusses im Landtag.

Stächele bemängelt, dass die Frage der Absicherung nicht ausreichend beantwortet werde. "Über die Haftpflicht eines Unternehmens muss Baden-Württemberg gleichermaßen wie der französische Nachbar unterrichtet sein", fordert er und schlägt vor, eine unabhängige Stelle zu Schadensmeldungen einzurichten. Gemeinsam mit den Behörden im Elsass solle über alle Aktivitäten in Sachen Geothermie eine umfangreiche Kommunikation mit der Bevölkerung gestartet werden.

Wie sehr die Sorge um mögliche Folgen der Tiefengeothermie die Ortenauer umtreibt, zeigte sich auch beim Bürgerdialog mit dem Ministerpräsidenten. Gleich mehrere Zuschauer-Fragen zielten in diese Richtung. "Bedenken, die in der Region bestehen, wird man sich sehr genau anschauen", versicherte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Die Tiefengeothermie sei ein wichtiger Beitrag zur Energiewende – man wolle keine Technologie von vorneherein ausschließen.

Das Verhalten einer Firma – den Namen des Unternehmens nannte er nicht –, die sich um einen Standort im Ortenaukreis bewerbe, sei nicht von Vertrauen geprägt gewesen, erklärte Marwein. Behörden und Kommunen seien oft enttäuscht worden.

Technologie soll genau untersucht werden

Er verstehe daher, dass die Ortenauer nur schwer für das Thema zu begeistern seien. Die Aktiengesellschaft Daldrup und Söhne plant seit Jahren ein Geothermie-Projekt bei Neuried – dieses ruht jedoch aktuell auf unbestimmte Zeit (wir berichteten). Marwein betonte mit Blick auf die jüngsten Beben, dass im Elsass eine etwas andere Technik verwendet wurde, als in Neuried geplant sei. Auch wolle man nicht so tief bohren.

An dem Thema werde weiter gearbeitet, jedoch liege eine Umsetzung noch in weiterer Ferne. Zunächst würden Informationen gesammelt: "Was kann man wo machen?", erklärte Marwein. "Die Investitionsbereitschaft der Industrie ist da auch nicht so groß", sagte er. Das Genehmigungsverfahren sei lang und aufwendig. "Man muss auch sehen: Die Tiefengeothermie ist sehr teuer." Andere Technologien generierten bei geringerem Aufwand mehr Strom.

Fraktionschef Schwarz stimmte zu und plädierte, die Möglichkeiten "wissenschaftsbasiert zu sondieren" und die Technologie zunächst nochmal genauer "unter die Lupe zu nehmen". Zunächst aber sei der Ausbau vor allem von Sonnenergie effektiver.

Tiefenwärme

Mit Erdwärme aus Tiefengeothermie werden Wärmenetze gespeist und ganze Stadtviertel mit Heizwärme versorgt, informiert das Bundesumweltministerium auf seiner Webseite. "Ist das Temperaturniveau hoch genug, kann mit einem Geothermiekraftwerk auch Strom erzeugt werden. Geothermie ist nicht von Wettereinflüssen abhängig und kann das ganze Jahr über annähernd ununterbrochen umweltfreundlichen Strom liefern", wirbt das Ministerium.