Mit speziellen Bohrgeräten wird für die Nutzung von Geothermie kilometertief in den Boden gegraben. Foto: Herrenknecht

Regierungspräsidentin kündigt starke Unterstützung an. Heftige Bedenken gegen Neuried-Projekt.

Freiburg/Neuried - Die Energiewende soll am Oberrhein zur Wärmewende werden, mit Nutzung von neuen Geothermie-Anlagen. Das Land will diese Energieart massiv fördern, kündigt das Regierungspräsidium an. Ausgerechnet das erste Projekt stolpert aber noch.

Tief unten in der Erde schlummert reichlich Hitze. Diese Energie lässt sich an manchen Stellen leichter, an anderen schwieriger anzapfen. Im Graben des Oberrheins sehen Experten beste Möglichkeiten, die Erdwärme mit vergleichsweise geringem Aufwand an die Oberfläche zu bringen, um sie als Wärme oder für die Stromgewinnung zu nutzen. Dafür muss zwei bis drei Kilometer tief in den Boden gebohrt werden. Dort ist es 70 bis 80 Grad warm.

"Wir müssen bei den Kommunen die Köpfe für diese Idee öffnen", erklärt Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer. Sie kündigt an, dass das Land diese Technologie zur Energiegewinnung in Zukunft massiv unterstützen werde. Es gebe dazu bereits einen Masterplan, der verfolgt werden solle, erklärte sie vor Journalisten beim Pressegespräch ihres Regierungspräsidiums zum Jahresauftakt.

Mehrere Katastrophen bei Bohrungen schafften nicht gerade Vertrauen

Wärme aus der Tiefe holen, wo sie seit Urzeiten schlummert, das klingt fabelhaft. Doch bei verschiedenen Projekten in vergangenen Jahren gingen Bohrungen unterschiedlichster Art in die Tiefe massiv schief. Etwa in Basel oder auch in Staufen, wo der halbe Ort jetzt Risse hat und landesweit traurige Berühmtheit erlangte. Diese Negativbeispiele sorgen deshalb in der Bevölkerung für Unruhe, wenn es um Geothermie-Bohrungen geht. Zum Beispiel auch in Neuried, wo es seit 2005 Pläne für Erdwärmenutzung gibt. Dort soll mit der Hitze aus der Tiefe Strom erzeugt gewonnen werden.

Bärbel Schäfer und ihre Experten wissen um diese Bedenken. Sie wollen deshalb den Menschen am Oberrhein "die Ängste nehmen", wie sie jetzt in Freiburg ankündigten. Die schiefgelaufene Bohrung in Staufen habe "nichts mit Geothermie zu tun", sagt Jörg-Detlef Eckhardt, der Abteilungspräsident des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LRGB), das dem Regierungspräsidium angeschlossen ist.

Es sei wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, Wärme aus der Erde zu ziehen, findet Eckhardt. Viele Städte würden dies längst mit hoher Akzeptanz bei der Bevölkerung praktizieren. München, zum Beispiel. Ganze Stadtteile würden mit umweltschonender Erdwärme versorgt. Auch in Frankreich sei man schon deutlich weiter. Wichtig sei deshalb eine Aufklärungskampagne, um die Methoden, Chancen und Risiken der Geothermie aufzuzeigen. Nur, wenn man die Technik deutlich erkläre und auf die Fragen der Bürger eingehe, werde Akzeptanz geschaffen, ist sich der Landesamt-Chef sicher.

Vor allem die offene Kommunikation über die Pläne ist entscheidend

Wichtig seien auch zuverlässige Bohr-Unternehmen, die nicht nur technisch auf dem Stand der Zeit seien, sondern vor allem auch in Sachen Kommunikation, betont Regierungspräsidentin Schäfer.

In Neuried ruckelt es da jedoch noch. In der Gemeinde gab es vom Gemeinderat voriges Jahr ein eiskaltes Nein zur Erdwärme-Bohrung. Einstimmig war der Antrag der Geysir Europe Gesellschaft abgeschmettert worden, die im Ried bohren will. Grund: die Unzuverlässigkeit der Firma, die sie insbesondere im Hinblick auf die Kommunikation an den Tag legt. Die Gemeinde Neuried war bis vor einigen Jahren selbst noch an einer Projektbeteiligung interessiert, stieg dann aber frustriert aus.

Zwischenzeitlich haben sich mehr als 800 Menschen aus der Region einer Bürgerinitiative angeschlossen, die sich gegen mehrere Geothermie-Vorhaben stemmt.

Die ablehnende Haltung von Neuried und die unbefriedigende Öffentlichkeitsarbeit der Geothermiefirma findet die Regierungspräsidentin gleichermaßen sehr bedauerlich. Für das Projekt in Neuried gebe es nämlich "sehr überzeugende Argumente".

Das Landesamt für Geologie im Regierungspräsidium Freiburg hat bereits im vorigen Sommer der Geysir Europe GmbH erlaubt, grundsätzlich in Neuried nach Erdwärme zu suchen und die entsprechende Konzession erteilt.

Gebohrt werden darf aber noch nicht automatisch. Über Betriebspläne und Bohrprogramm wird gesondert entschieden. Geysir will diese Anträge 2019 einreichen, erklärte Pressesprecher Falk von Kriegsheim gegenüber der LZ. Zu Details könne er jedoch noch nichts sagen. "Wir sind aber in Kontakt mit dem Bergamt". Klar sei, dass parallel dazu auch die Öffentlichkeit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus über die Neuried-Pläne informiert werde. Dies war bereits für das vergangene Jahr vorgesehen und angekündigt gewesen.

Firmen vor Ort und Proteste

 Messe in Offenburg: Am Donnerstag, 14. und Freitag, 15. Februar, findet in Offenburg die Messe Geotherm statt. Es ist die europaweit größte Fachschau mit Kongress zu diesem Thema. Zu den Ausstellern zählen die Schwanauer Firma Herrenknecht sowie die Daldrup & Söhne AG, deren Tochterunternehmen Geysir in Neuried bohren will.   Bürger machen mobil: Die

Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben e.V. wurde vor fünf Jahren in Kehl gegründet. Sie sieht sich als "Schicksalsgemeinschaft engagierter und besorgter Bürger", vor allem aus dem Raum Kehl, Neuried, Schutterwald und Willstätt. 2018 demonstrierte sie bei der Geotherm-Messe. Infos unter: bi-gegen-tiefengeothermie-so.de