Mitarbeiter gesucht: Der Europa-Park ist unter anderem dafür verantwortlich, dass fast die Hälfte der seit 2020 mit dem beschleunigten Verfahren nach Baden-Württemberg aus dem Ausland gekommenen Arbeitnehmer im Ortenaukreis gelandet sind. Unser Foto zeigt die schon traditionellen Bewerbertage des Parks. Foto: Europa-Park

Das neue Einwanderungsgesetz hilft seit 2020, Arbeitnehmer aus dem Ausland unkomplizierter zu rekrutieren. Rund 275 Fachkräfte kamen so bisher in den Kreis – rund die Hälfte der Zugänge ins ganze Land. Grund dafür ist auch der Europa-Park.

Ortenau - Wie überall im Land spitzt sich der Fachkräftemangel auch im Ortenaukreis immer mehr zu. Von der Gastronomie über die Pflege bis zum produzierenden Gewerbe wird händeringend nach qualifizierten Arbeitskräften gesucht. "Eine Möglichkeit, diesen Bedarf durch entsprechende Fachkräfte zu decken, ist es, die passenden Arbeitnehmer aus dem Ausland zu rekrutieren", erklärt Ludwig Schuster, stellvertretender Leiter des Migrationsamts des Ortenaukreises. Etliche Unternehmen aus der Region gehen diesen Weg bereits. "Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das im Frühjahr 2020 in Kraft getreten ist, hat das zuvor sehr bürokratische, komplexe und zeitintensive Verfahren durch ein beschleunigten Visumverfahren erheblich vereinfacht", so Schuster.

Landratsamt richtet Stelle für Fachkräfteeinwanderung ein

In der Ausländerbehörde des Landratsamts wurde eine Fachkräfteeinwanderungsstelle unter Leitung Schusters eingerichtet, die Unternehmen mit Betriebssitz im Ortenaukreis außerhalb der fünf Großen Kreisstädte betreut. "Für eine Gebühr von 411 Euro werden die interessierten Arbeitgeber im Rahmen des beschleunigten Verfahrens umfassend beraten und es werden Fristen überwacht, damit das ganze Verfahren schneller vorankommt", erklärt Schuster.

Betrachte man die vergangenen beiden Jahre, sei tatsächlich zu erkennen, dass die Verfahren wesentlich schneller zur Arbeitsaufnahme führten als früher. "Das Geld ist demnach für Arbeitgeber gut investiert", findet der Experte. Das beschleunigte Verfahren dauere ungefähr vier Monate. Beim normalen Visumverfahren dauere es, alleine um einen Termin bei der Botschaft zur Antragstellung zu bekommen, sechs bis zwölf Monate, erläutert Schuster auf Nachfrage unserer Zeitung. "Dazu kam dann noch die Bearbeitung des Visumsverfahrens mit vier bis sechs Monaten."

600 Fachkräfte kommen ins Land, fast die Hälfte in die Ortenau

Insgesamt seien seit Einführung des neuen Einwanderungsgesetzes bisher rund 600 Fachkräfte im beschleunigten Verfahren nach Baden-Württemberg gekommen – annähernd die Hälfte davon in die Ortenau. Bis August waren es 275 Menschen. Ursache dafür ist offenbar der große Personalbedarf des Europa-Parks in Rust. "Die relativ hohe Anzahl liegt vor allem an einem bekannten Freizeitpark in der Region, der natürlich auch ein attraktiver Arbeitgeber für gut qualifizierte Fachkräfte im Tourismus, Hotel- und Gaststättenbereich ist", erläutert Schuster gegenüber unserer Zeitung. Es spreche sich aber auch bei den Arbeitgebern in der Region nach einigen positiv verlaufenen beschleunigten Verfahren herum, dass das Geld gut investiert sei.

"Wenn die ersten Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften zur Zufriedenheit des Arbeitgebers läuft, erhöht sich automatisch die Akzeptanz zur Fachkräfteeinwanderungsstelle und die Dienste werden auch beim nächsten Mal in Anspruch genommen", so der stellvertretende Amtsleiter. "Bis Mitte August wurden in diesem Jahr bereits circa 150 Vereinbarungen geschlossen, sodass wir mit über 200 Vereinbarungen bis zum Ende des Jahres rechnen." Das Migrationsamt bekomme in der Regel nicht mehr mit, wann und wie viele der Fachkräfte dann auch tatsächlich zeitnah einreisen. Trotz des bisherigen Erfolgs habe es aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Unsicherheiten einen Einbruch gegeben.

Verfahren soll idealerweise noch weiter vereinfacht werden

Für die Zukunft ist es laut Schuster wichtig, dass das Verfahren noch mehr vereinfacht wird, vor allem auch was die Anerkennung von Bildungsabschlüssen und Qualifikationen anbetrifft. Hier seien die Möglichkeiten der Fachkräfteeinwanderungsstelle begrenzt und es gelte, sich breiter aufzustellen und Strukturen zu schaffen, um den Erwerb noch fehlender Qualifikation zu erleichtern – eine Zukunftsaufgabe von Wirtschaft, Kammern und Politik.

Hoffnung mache in diesem Kontext die Fachkräftestrategie der Bundesregierung, die der Arbeits- und der Wirtschaftsminister sowie die Bildungsministerin nach einem Fachkräftegipfel mit Wirtschaft und Gewerkschaften in dieser Woche in Berlin angekündigt haben. Danach soll unter anderem auch die geplante Modernisierung des Einwanderungsgesetzes Anfang des 2023 beschlossen werden und die Anerkennung von Berufsabschlüssen erleichtert werden