Rangerin Cosima Zeller zeigt an der Blinden Elz bei Rust, dass der Wasserpegel derzeit gefährlich niedrig ist. Foto: Schabel

Die anhaltende Trockenheit setzt der Natur zu. Im Naturschutzgebiet Taubergießen am Rhein wird dies besonders deutlich: Die Pegelstände sind so niedrig wie nie, Fische haben weniger Rückzugsgebiete und auch die Pflanzen leiden.

Südliche Ortenau - "Uns fehlen etwa 40 bis 50 Zentimeter Wasser" – Rangerin Cosima Zeller zeigt auf den spärlich gefüllten Bachlauf an der Blinden Elz im Taubergießen bei Rust. Das Naturschutzgebiet ist ein beliebtes Ziel für Kanu- und Bootsfahrer. Die Pegel der Bäche sind normalerweise hoch genug für die berühmte "Handbreit Wasser unterm Kiel". In diesem Sommer jedoch ist schon eine scheinbar harmlose Bootsfahrt problematisch.

Kleine Flussläufe und dicht bewachsene Ufer ergeben im Taubergießen ein malerisches Bild, das Ausflügler ebenso anzieht wie seltene Tier- und Pflanzenarten. "Das Naturschutzgebiet ist mit seinem Artenreichtum und seinen geschützten Arten ein hochwertiger Lebensraum", erläutert Manuel Winterhalter-Stocker, Leiter der Abteilung Umwelt beim Regierungspräsidium, bei einem Presserundgang. Doch dieser Lebensraum "steht unter brutalem Stress", denn Wassermangel mache sich vielfältig bemerkbar.

Für Boote wird's eng

Zwar habe es am Montagabend geregnet, doch die Pegelstände seien bereits wieder auf dem gleichen niedrigen Niveau wie zuvor, erläutert die Rangerin. Ein Problem: Das Taubergießen ist bei Boots- und Kanufahrern gefragter als je zuvor. Die Gemeinde Riegel hat das Bootsfahren auf ihrem Gebiet eingeschränkt, weshalb die Besucher nach Rust ausweichen. Durch die niedrigen Pegelstände "schrabbern die Boote auf dem Boden entlang", erklärt Bettina Saier, Leiterin der Ökologischen Station Taubergießen, an der Bootseinstiegsstelle in der Nähe der Zuckerbrücke. Insekten, Muscheln, Würmer und Larven würden dadurch gestört. Für Zeller ist klar: "Das Bootsfahren ist nicht mehr zu gewährleisten. Es braucht eine Regelung für einen Mindestwasserstand".

Auch Winterhalter spricht von "kurzfristigen Maßnahmen", die dringend notwendig seien, um bei solchen Niedrigwasserständen die Natur zu schützen. "Dass wir etwas tun müssen, ist klar. Die Frage ist nur, was wir tun". Denkbar sei, Bootsfahrten komplett zu verbieten oder nur ein gewisses Kontingent zuzulassen. 

Bachlauf führt nur noch wenig Wasser

Wie stark die Pegel gesunken sind, zeigt sich einige Hundert Meter weiter bei einem grundwassergespeisten Bachlauf, einem sogenannten Gießen. Dieser Bachlauf führt nur noch wenig Wasser an der Oberfläche. Viele Kieselsteine liegen bereits frei, die sonst unter Wasser sind, erklärt Zeller. Dabei bräuchten gerade Fische tiefere, ruhigere Bereiche als Rückzugsgebiete. Und auch Pflanzen leiden unter der Trockenheit: Bei Haselnusssträuchern komme es zu einer "Notreife", sagt die Rangerin und hebt vertrocknete Haselnüsse vom Boden auf. Saier kommt hinzu und zeigt gleichermaßen abgeworfene, trockene Eicheln. "Die Pflanzen reagieren auf die Trockenheit. Für sie ist das Stress", schildert die Leiterin der ökologischen Station.

Manche Stellen im Taubergießen machen nicht den Anschein, dass sie unter Wassermangel leiden. "Der Eindruck täuscht", ist sich Christian Sexauer vom Landesbetrieb Gewässer sicher. Denn das Gebiet befinde sich im Staubereich des Rheins und erhalte von diesem über 90 Zufluss-Anlagen Wasser. So werde der Wasserstand zum Teil künstlich hoch gehalten, weiter nördlich trockneten Seitenarme komplett aus. Dennoch: "Diesen Niedrigstand hatten wie so früh wie noch nie", berichtet Sexauer. Normalerweise komme die große Trockenheitsphase erst im September.

"Wir sind in Konkurrenz mit der Energiegewinnung und dem Schiffsgüterverkehr", ergänzt Saier. Denn dafür werde der Großteil des Rheinwassers verwendet. "Nur ein Prozent fließt in die Seitenarme. Das ist zu wenig", kritisiert sie. An manchen Stellen sei der "Althrein mehr ein Baggersee als ein Fluss". Grünalgenteppiche würden dem Wasser nach und nach den Sauerstoff entziehen, was für Tiere und Pflanzen zu Problemen führe. Eine Lösung sei, dass mehr Rheinwasser dem Taubergießen zugeführt werden darf.

Doch nicht nur Tiere und Pflanzen leiden unter der Hitzewelle. Auch auf den Menschen kann die anhaltende Trockenheit gravierende Auswirkungen haben und zwar, wenn es zu Starkregenereignissen kommt: Ein trockener Boden kann nämlich nicht so viel Wasser aufnehmen. Die Hochwasser-Gefahr steigt, warnt Sexauer.

"Die Lage ist prekär", fasst Winterhalter zusammen. Seitens der Politik gebe es die Möglichkeiten für das RP, Maßnahmen zu treffen. Wirklich helfen könne jedoch nur ein Wetterumschwung: "Der größte Wunsch ist Regen. Den brauchen wir dringend."

Noch ist das Bootsfahren im Taubergießen nicht verboten, Rangerin Cosima Zeller bittet dennoch Ausflügler um Rücksichtnahme. Diese könnten sich über die Pegelstände im Internet informieren und sich bei Niedrigwasser eine andere Tagesbeschäftigung überlegen, so Zeller. Auch beim Thema Müll bittet die Rangerin darum, nichts in die Natur zu werfen. Im ersten Corona-Lockdown war das Taubergießen durch die Vielzahl an Spaziergängern stark betroffen. "Wenn es Hochwasser gibt, verteilt sich das Mikroplastik in den Gewässern", erläutert Zeller.