Mühlenbach - Auf diese Art von Bekanntheit hätten Mühlenbach und dessen Bürgermeisterin Helga Wössner wohl lieber verzichtet: Die Gemeinde hat es in das Schwarzbuch des Bunds der deutschen Steuerzahler geschafft.

Als eines von elf Beispielen in Baden-Württemberg wird unter dem Titel "Teurer Wohnungsbau" Mühlenbach als Beispiel für die Verschwendung von Steuergeldern genannt. Im 46. Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler (BdSt), in dem "mehr als 100 Fälle für den sorglosen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler" dokumentiert sind. Dieses Werk kann beim BdSt angefordert werden, ist aber auch im Internet zugänglich.

"Teuer Wohnungsbau – Kommunaler Wohnungsbau in einer kleinen Gemeinde – und die Kosten explodieren" ist dort zu lesen und weiter: "Selbst ist die Gemeinde! Das könnte das Motto in der kleinen Gemeinde Mühlenbach im Schwarzwald bei dem Bau von Wohnungen sein." Im weiteren Verlauf wird grob umrissen, wie Mühlenbach sich 2016 angesichts der Flüchtlingszahlen von 2015 entschied, ein Haus zur Unterbringung von Geflüchteten und zum sozialen Wohnungsbau zu errichten. Die Kostensteigerung von 635.000 (2016) auf 900. 000 Euro (2018) werden desweiteren aufgeführt, als deren Grund der BdSt "allgemeine Kostensteigerungen im Baugewerbe beziehungsweise die brummende Konjunktur" nennt.

Bürgermeisterin wenig begeistert über neue Berühmtheit von Ort

Mühlenbachs Bürgermeisterin Helga Wössner, die ihr Amt im Dezember 2017 antrat und das Projekt von ihrem Vorgänger Karl Burger übernommen hat, ist verständlicherweise wenig begeistert von dieser Art der Berühmtheit, die ihre Gemeinde erlangt hat. "Grundsätzlich finde ich die Arbeit des BdST gut. Aber dass wir nun im Schwarzbuch sind, ist meiner Meinung nach nicht ganz gerechtfertigt, weil die Hintergründe nicht aufgeführt wurden", sagt sie.

So werde verschwiegen, dass 2016 noch gar nicht abzusehen war, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln würden "und damals hat man von der Situation her eben geschaut, wie man die Geflüchteten und die wohl noch kommenden irgendwie unterbringt." Dass der Strom irgendwann abebbt, habe niemand voraussehen können. Schließlich wurden die Wohnungen einmal vergrößert und dann kam auch noch eine unerwartete Hangsicherung hinzu – all das, kombiniert mit den allgemein steigenden Baukosten, hätten zu einer Preissteigerung geführt, die 2016 niemand hätte ahnen können. Sie selbst habe nach ihrem Amtsantritt immer wieder angeregt, die Kosten noch einmal durchzugehen, um eventuelle Einsparmöglichkeiten und Handlungsoptionen aufzutun, was dann schlussendlich auch getan wurde. Darauf sei der BdSt in seinen Ausführungen aber nicht eingegangen. Momentan liegen die Kosten für das 352 Quadratmeter große Bauprojekt bei 2406 Euro pro Kubikmeter. Ähnliche Vorhaben im Kinzigtal, zum Beispiel in Haslach, bewegen sich derzeit in der gleichen Preisspanne.

Sie habe gewusst, dass ein Mühlenbacher das Projekt im Frühjahr beim BdSt angezeigt habe und wisse auch, wer das gewesen sei. Die Fragen, die sie daraufhin vom Bund zugeschickt bekam, habe die Verwaltung bereitwillig beantwortet und zurückgeschickt, auch wenn die Gemeinde rein rechtlich nicht dazu verfplichtet sei. "Aber wir wollen ja transparent sein", so Bürgermeisterin Wössner.

Info: Bund der Steuerzahler

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) wurde 1949 gegründet und ist ein eingetragener Verein mit mehr als einer 250 000 Mitgliedern . Er ist den eigenen Angaben nach überparteilich, unabhängig und gemeinnützig. Der BdSt und ist organisiert in 15 eigenständigen Landesverbänden , die gemeinsam den Bund der Steuerzahler Deutschland tragen. Er verfügt mit dem Deutschen Steuerzahlerinstitut (DSi) über eine eigene finanzwissenschaftliche Forschungseinrichtung und veröffentlicht jährlich im Herbst sein Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung".

Kommentar: Keine Details

Von Charlotte Reinhard

Generell ist es zu begrüßen, wenn die Verschwendung von Steuergeldern öffentlich gemacht wird. Die Art und Weise, wie der BdSt Mühlenbach auf- und vorführt, ist aber nicht ganz fair. Hier wird nur an der Oberfläche gekratzt, Zahlen werden groß, Details klein geschrieben. Dass 2015 angesichts des Zustroms an Geflüchteten niemand absehen konnte, dass deren Zahl nicht weiter steigen, würde, wird nicht erwähnt – genau so wenig wie andere meist nicht vorhersehbare Umstände.

Am schlimmsten ist aber, dass nun Stimmen laut werden, die Bürgermeisterin Wössner den Schuh anziehen – weil sie eine Frau ist. Sie trat ihr Amt erstens an, als der Großteil des Projekts schon entschieden war. Und zweitens verschwendet nicht jede Frau aus weiblicher Sentimentalität heraus Geld für etwas, nur weil es mit dem Adjektiv "sozial" versehen wurde.