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Kinzigtäler Wehren mit mehr als 100 Einsätzen. Haslacher Rückhaltebecken besteht "Wasserprobe" mit Bravour.

Mittleres Kinzigtal - Land unter herrschte wegen sintflutartiger Regenfälle von Montagabend auf Dienstagmorgen im Kinzigtal, besonders in Hausach. Die Gemeinde Haslach kam dank des Hochwasserrückehaltebeckens glimpflich davon.

Hausach hat es am schlimmsten von allen erwischt. Der stellvertretende Kommandant Patrick Krämer berichtete von 86 Einsätzen bis morgens um 4 Uhr in der Stadt unter der Burg. "Die komplette Stadt ist abgesoffen. Wir hatten es vor allem mit voll gelaufenen Kellern, aber auch mit Unterführungen zu tun, in die das Wasser gelaufen war", so Krämer. Bei dieser Menge kann auch die Wehr nur einen Keller und eine Unterführung nach der anderen abpumpen, obwohl Kräfte der umliegenden Wehren und vom Technischen Hilfswerk (THW) nachalarmiert wurden.

An den Unterführungen im Einbach und beim Kies-Uhl saßen auch Autos fest, die teilweise mit schwerem Gerät geborgen werden mussten. "Ich schätze, dass insgesamt zwischen 150 und 200 Mann im Einsatz gewesen sind", erläutert Krämer. Bis zu 30 Fahrzeuge waren unterwegs, um das Wasser wieder los zu werden. Von den umliegenden Wehren aus Gutach, Fischerbach, Biberach, Haslach, Wolfach und Oberwolfach unterstützten Kräfte die Hausacher Kollegen.

Bei so vielen vollgelaufenen Kellern konnte nicht jedem Hausbesitzer sofort geholfen werden. Feuerwehr und THW mussten die Schäden nach und nach abarbeiten. "Das ist natürlich noch bedauerlicher", sagt Hausachs Bürgermeister Manfred Wöhrle. Ob in Privathäusern, in der Aula des Robert-Gerwig-Gymnaisums, in der Stadthalle und in der Umkleidekabine des Hallenbades – den Wassermassen war nur schwer Herr zu werden. Dennoch glaubt Wöhrle, dass Hausach noch mit einem blauen Augen davongekommen sei. Es hätte noch viel schlimmer kommen können.

Davon ist auch Michael Holderer, Ortsbeauftragter des THWs Biberach überzeugt. Er selbst habe die Jahrhunderthochwasser in Dresden erlebt. "Das war schrecklich. Dagegen ist das hier natürlich kein Vergleich."

Dennoch sei es eine Nacht gewesen, in der er nur wenig geschlafen hätte. Anfangs habe es noch mit vereinzelten Anrufen angefangen, doch irgendwann sei es Schlag auf Schlag gegangen.

Mehr Regen als im ganzen Monat Juni

Um eine Vorstellung davon zu bekommen, was in Hausach mengenmäßig vom Himmel kam, hat der SchwaBo Messwerte von der privaten Wetterstation von Franz Schmalz aus Wolfach herangezogen. Allerdings ist das Problem bei Starkregen bei Gewittern, dass diese sehr punktuell auftreten – in Wolfach fielen zum Beispiel 38 Liter pro Quadratmeter, in Haslach waren es 47 und in Elzach sogar fast 80 Liter Regen. Zum Vergleich: Im ganzen Monat Juni fielen in Wolfach nur ganze 65,8 Liter Regen, was aber nur etwas mehr als die Hälfte der normalen Menge von etwa 128 Liter pro Quadratmeter entspricht.

"Solche Unwetter lassen sich nur schwer prognostizieren", erläutert der Leiter der Führungsgruppe Kinzigtal, Christian Keller, der am Montag die Einsätze in Wolfach koordinierte. "Seit dem Sturm ›Lothar‹ gibt es beinahe bei jedem Ereignis eine Unwetterwarnung. Wenn bei jedem Gewitter eine solche Vorwarnung kommt, sind diese nicht mehr besonders glaubwürdig", sagt Keller.

"Ohne das Hochwasserrückhaltebecken wäre das Städtle wie beim letzte Hochwasser abgesoffen. So konnten aber Schäden wie in Hausach vermieden werden", sagt Ralf Rösch von den Haslacher Stadtwerken. Das rund fünf Millionen teure Hochwasserrückhaltebecken habe seine Wasserprobe sehr gut bestanden. "Die Investion hat sich absolut gelohnt", so Ralf Rösch über das Becken zwischen Haslach und Mühlenbach, das erst vor 14 Tagen offiziell in Betrieb genommen wird.

Das Becken habe die Pegelstände des Mühlenbacher Talbachs erfasst, automatisch die Schleusen geschlossen und so frühzeitig das Wasser auf 20 000 Quadratmeter angestaut, erklärt Rösch. In der Spitze seien in einer Sekunde 18 000 Kubikmeter Wasser durchgeflossen. Er selbst sei mit Mitarbeitern bis 1.30 Uhr in der Früh vor Ort gewesen. Der Grund: Falls die Feuerwehr gemeldet hätte, dass weiter angestaut werden muss, hätte man noch nachsteuern können. "Wir sind mit den Becken und den lokalen Hochwasserschutzmaßnahmen gut aufgestellt", freut sich der Technischer Leiter der Haslacher Stadtwerke.

Nicht voll gelaufen ist das Hochwasserrückhaltebecken in Hofstetten. Im Dorf sei das gewässerprofil aber stark angesteigen, berichtet Henry Heller. "Es war ganz schön knapp, aber es gab keien Hochwasserschäden", sagt der Bürgermeister erleichtert.

"Wir haben großes Glück gehabt", meint auch Steinachs Bürgermeister Frank Edelmann, der gestern mittag noch keine Kenntnis von größeren Unwetterschäden beziehungsweise Feuerwehreinsätzen in seiner Gemeinde hatte. Nichtsdestotrotz wird in Steinach natürlich weiterhin auf ein Hochwasserückhaltebecken gesetzt. Hier soll laut Edelmann in der Gemeinderatssitzung am 28. Juli ein Empfehlungsbeschluss und ein Planungsauftrag an Hochwasserzweckverband erfolgen.

In Mühlenbach war ebenfalls alles glimpflich verlaufen, sagt Bürgermeister Karl Burger. In Büchern habe es mit einer Dohle Probleme gegeben. "Sie musste erst freigemacht werden." Ansonsten habe das Unwetter die Mühlenbacher aber nicht sehr getroffen.

Die Freiwillige Feuerwehr Oberwolfach und hatte Arbeit für mehr als drei Stunden sowie 26 Mann. Das Gewitter mit Starkregen und einer Niederschlagsmenge von über 70 Litern pro Quadratmeter tobte sich vor allem im Bereich des Ortsteils Kirche und im Frohnbach aus. Bei der Einmündung des Frohnbächle, das zu einem reißenden Bach angeschwollen war, hörte man die vom Wasserschwall mitgerissenen Wackersteine poltern. Probleme bereiteten vor allem Dohlen und verstopfte Abflüsse – wie am Lindenplatz durch herabgewehte Blüten.

Im Frohnbach konnte Schlimmeres verhindert werden, da der Baggerbetrieb Roland Rothfuß zwei verstopfte Durchlässe kurzerhand mit schwerem Gerät räumte. Am schlimmsten getroffen hatte es das Leibgedinghaus des Mathesenhofes getroffen: Das Wasser hatte sich samt Geröll gleichzeitig den Weg von der Tenne her in den Wohnraum gebahnt und beträchtlichen Schaden angerichtet.

Wassersauger reinigt nur das Allergröbste

Mit Einsatz des Wassersaugers galt es, im Groben die Wohnräume von Schlamm und Schmutzwasser zu befreien. 22 Einsätze hatte die Feuerwehr Gutach zu bewältigen.

"Bis etwa 2 Uhr war unsere komplette Mannschaft mit 45 Mann im Dauereinsatz", sagte Kommandant Stefan Herr. Teilweise waren die Bäche in den Seitentälern über die Ufer getreten. Durch Überflutung waren Straßen mit Schlamm bedeckt, sie mussten gereinigt und bei vier Gebäuden Wasser ausgepumpt werden. Die Bahnschienen waren über Stunden blockiert, da Geröll auf den Schienen lag.

Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert war in der Nacht mit der Feuerwehr unterwegs, um sich ein Bild von den Schäden zu machen. Der Bauhof war noch bis gestern abend beschäftigt, Schäden zu beseitigen.