Julius Emrich im Trikot seines letzten Vereins SV Kornwestheim. Foto: Wolf Foto: Lahrer Zeitung

Handball: Zahlreiche Handballgrößen kommen am Samstag zum Benefiz-Abschiedsspiel nach Meißenheim

Nach rund einem Jahrzehnt im Profi-Handball verlässt Julius Emrich am Samstag die große Bühne an dem Ort, wo alles begann: in Meißenheim. Im Februar 1992 hatte der heute 33-Jährige bei den Minis des damaligen TV Meißenheim mit dem Handballspielen begonnen, wie Emrich im Gespräch mit unserer Zeitung nach einem Blick auf seinen ersten Spielerpass glaubhaft versichert. Für sein Benefiz-Abschiedsspiel, das am Samstag unter dem Motto "Emma geht, jeder kommt" um 19 Uhr beginnt (ab 17 Uhr Vorspiel der Meißenheimer D-Jugend), hat der Sohn des ehemaligen Nationaltrainers Armin Emrich zahlreiche ehemalige Mitspieler um sich geschart. Im Spiel gegen eine mit vielen Bundesligaspielern gespickte HTV-Auswahl will Emrich noch einmal Gas geben. "Unser Team könnte locker in der 2. Liga spielen", warnt der 33-Jährige, der sich jedoch vor allem auf die "Dritte Halbzeit" freut. Emrich hofft möglichst viele Zuschauer in der HTV-Arena zu sehen. Denn alle Erlöse des Spiels werden gespendet. Zudem wird für Freiwillige eine DKMS-Registrierung durchgeführt.

Vor drei Wochen erlebten Handball-Fans den wohl spannendsten Abstiegskampf der Geschichte. Die SG BBM Bietigheim musste buchstäblich in letzter Sekunde doch noch den Gang in die 2. Liga antreten. Wie bitter war das für Sie als ehemaliger SG-Spieler und Wahl-Bietigheimer?

Das war brutal. Ich war in der Halle und die Stimmung während des Spiels war einfach unglaublich. Doch als die 4500 Zuschauer mit dem letzten Fehlwurf wenige Sekunden vor dem Ende realisierten, dass es das war, herrschte schlagartig eine gruselige Gespensterstimmung. Kein Mensch hat gesprochen. Dennoch hat man gesehen, was in Bietigheim möglich ist.

2015 sind Sie ja selbst mit Bietigheim aus der 1. Bundesliga abgestiegen.

Das war genauso bedauerlich, jedoch viel weniger spektakulär. Damals gab es vier Absteiger und wir waren schon lange vor dem letzten Spieltag chancenlos, obwohl wir am Ende eigentlich nur einen Punkt weniger eingesammelt hatten als in der abgelaufenen Saison. Es waren daher eher die Gummersbacher, welche den Abstiegskampf so lange offen gehalten haben. So bleibt einem nichts anderes übrig, als vor dem lachenden Dritten, den Eulen aus Ludwigshafen den Hut zu ziehen, mit denen ja keiner mehr gerechnet hatte. Was mein Freund Ben Matschke aus der verletzungsgeplagten Truppe herausgeholt hat, ist ein absoluter Wahnsinn.

Besser als für Bietigheim lief es dann ja für Ihre anderen Ex-Vereine. Die Kadetten Schaffhausen wurden Schweizer Meister und sowohl der HTV Meißenheim als auch der TuS Schutterwald sind aufgestiegen.

Das verfolge ich immer noch. Für die lief es richtig gut. Ich war am Saisonende beim Derby Ottenheim gegen Meißenheim in der Halle. Leider ging es da um nichts mehr, weil der HTV den Titel schon sicher hatte. So war es dann ein reines Juxspiel. Und was meine Kumpels Christoph Baumann und Felix Zipf in Schutterwald reißen, ist der Hammer.

Christoph Baumann wird ja bei Ihrem Abschiedsspiel auch auf der Platte stehen.

Genau. Christoph hat eine überragende Saison gespielt, obwohl er vor einigen Jahren durch eine üble Verletzung vor dem Karriereaus stand. Er hat während meiner Zeit in Schaffhausen ein Praktikum auf der Geschäftsstelle absolviert. Seitdem sind wir dicke Kumpels und auch mit meinem damaligen Mitspieler Christian Dissinger, der gerade mit Vardar Skopje die Champions League gewonnen hat, ist er befreundet.

Nach einem Jahrzehnt im Spitzenhandball gibt es doch sicherlich ein paar Anekdoten zu erzählen.

Oh ja. Ich hatte 2002 kurz vor dem Finale der A-Jugend-Meisterschaft mit dem TuS Schutterwald gegen SC Magdeburg erst wieder mit dem Handball beim HTV Meißenheim angefangen und bin eher zufällig noch in den TuSKader gerutscht. Bei Magdeburg standen Größen wie Christian Sprenger, Christoph Theuerkauf, Martin Ziemer oder Yves Grafenhorst auf der Platte. Als ich eingewechselt wurde, habe ich nicht nur ein Tor gemacht, sondern auch eine Zwei-Minuten-Strafe für ein Foul an Theuerkauf bekommen. Mir hat das damals einen Push gegeben. Außerdem verbindet mich und Theuer seither eine respektvolle Hass-Liebe. Es ist immer eine Freude ihn in einer Halle oder auf einer deutschen Insel im Mittelmeer zu treffen.

Und sonst noch?

Als ich zum TV Bittenfeld in die 3. Liga kam, habe ich unter dem damaligen Trainer keine Chance bekommen. Es hieß immer nur, ich sei noch nicht so weit. Ich beschloss dann, mich auf mein Studium der Fahrzeugtechnik zu konzentrieren und wechselte zu den Stuttgarter Kickers. Als ich Jahre später mit meinem neuen Verein, dem TV Neuhausen, vor den deutlich ambitionierteren Bittenfeldern in die 1. Bundesliga aufstieg, war das eine echte Genugtuung. Denn in Neuhausen war ich plötzlich nicht mehr der Kleine, sondern geachteter Stammspieler.

Also alles Wechsel, die sich gelohnt haben?

Auf alle Fälle. Ich bekam mein Studium in den Griff und konnte mich so in allen Bereichen schneller weiterentwickeln. Meine Verabschiedung in Neuhausen vor meinem Wechsel in die Schweiz war einfach unglaublich. Es war eine Feierzeremonie, wie ich sie bisher nur einmal erlebt habe. Zum Glück gibt es davon noch Videos.

Wie ging es dann weiter?

Bei den Kadetten Schaffhausen hatte ich einen Zweijahres-Vertrag unterschrieben, da ich das Studium in Stuttgart erfolgreich abgeschlossen hatte. Die hatten sich gerade eine ganz neue Arena gebaut. Es gab einen Whirlpool, Kraftraum und allen Schnickschnack. Der Traum eines kleinen Jungen, der Handball liebt. Für mich war das wie Urlaub.

Und sportlich?

Da durfte ich mit den Kadetten in der Champions League ran. Wir haben in Zagreb, Barcelona, Minsk, Szeged und Berlin gespielt. Als ich mit dem Handball angefangen habe, wollte ich eigentlich nur einmal in den größten Hallen in Deutschland spielen. Und plötzlich stand ich in den großen europäischen Tempeln.

Hört sich nach einer Menge Spaß an.

Den hatte ich da tatsächlich. Als wir mit den Kadetten in der Champions League gegen Barcelona gespielt haben, kamen 80 Leute aus Südbaden mit dem Bus nach Schaffhausen. Größtenteils waren das Fußballer aus meinem Heimatort Allmannsweier und Handballer vom HTV Meißenheim. Die nannten sich dann Südbaden-Ultras und haben in der Halle mit ihren orangen Shirts eine Wand gebildet. Highlights waren auch die Flugreisen zu den internationalen Spielen. Man reiste immer einen Tag vorher an und nach den Spielen gab es jeweils ein Bankett mit den Schweizer Sponsoren, bei denen es einem an nichts mangelte.

Und dennoch war das Kapitel Schaffhausen nach zwei Jahren wieder beendet. Warum?

Um es einfach zu sagen, waren mir Playstation spielen und Kaffee trinken einfach zu wenig. Es gab ein paar Anfragen aus der Bundesliga. Ich habe mich dann für Bietigheim entschieden, die 2014 gerade aus der 2. Liga aufgestiegen waren. Da passte einfach das Gesamtpaket, da der Klub mir angeboten hatte, nebenher 80 Prozent arbeiten zu dürfen. Ich konnte dann mit MHP bei Porsche im Entwicklungszentrum anfangen und noch dazu Homeoffice machen. Das hat den Vorteil, dass man die vielen Stunden im Mannschaftsbus sinnvoll nutzen kann.

Nach zuletzt zwei Jahren beim Drittligisten SV Kornwestheim ist nun Schluss mit dem Handball. Verabschieden werden Sie sich dort, wo alles begann: in Meißenheim. Wie kam es zu der Idee, ein Abschiedsspiel an alter Wirkungsstätte zu veranstalten?

Das war wirklich Zufall. An Weihnachten hat mein Freund Stefan Gruseck, Mitbegründer unserer legendären Rasenhandball-Truppe SG Geppert-Gruseck, meine Eltern in Allmannsweier besucht, um ein Geschenk für meinen Sohn Rio vorbeizubringen. Ich war zufällig auch da, weshalb wir ein bisschen sitzen geblieben sind. Und nach ein paar Flaschen Wein war die Idee für das Spiel geboren.

Die Liste der Handballer, die zugesagt haben, kann sich ja wirklich sehen lassen.

Ja, viele aktuelle und ehemalige Bundesligaprofis werden kommen. Mir war es wichtig, ausschließlich ehemalige Weggefährten auf der Platte zu haben. Dass so viele zugesagt haben und teilweise von sehr weit her anreisen, freut mich wahnsinnig. Einzige Ausnahme ist das Idol meiner Jugend, Ex-Fußballer Oliver Schäfer, der aus Allmannsweier kommt und lange in Kaiserslautern gespielt hat. Er hat mir als Beleg für sein Handballtalent extra einen Spielbericht geschickt, in dem vermerkt ist, dass ihm vor Jahren der entscheidende Treffer in einem Jux-Handballspiel der FCK-Profis gelungen ist.

Klingt ja, als könne sich das Publikum auf ein tolles Spiel freuen.

Das kann es. Ich bin mir sicher, dass beide Teams richtig Gas geben werden. Auf beiden Seiten mischen erstklassige Handballer mit und es wird sehr spannend sein, ob sich das Team des HTV mit vielen jungen Talenten gegen das Team meiner Weggefährten mit vielen alten Hasen durchsetzen kann. Ein großes Augenmerk wird bei der Veranstaltung dann natürlich auf der sehr viel längeren 3. Halbzeit liegen.

Wird es nach dem Spieler Julius Emrich auch den Trainer Julius Emrich geben? Ihr Vater hat es ja vorgemacht.

Das wird die Zeit zeigen. Aber erst einmal werde ich mich auf die spannende Aufgabe im Autohaus konzentrieren. Das ist herausfordernd genug. Dazu kommt die Familie. Aber natürlich werden mit einem Schlag 35 Wochenenden im Jahr frei. Das ist eine Menge Freizeit, auf die ich mich sehr freue!   Die Fragen stellte Sebastian Klaus