Als er 1978 an Darmkrebs erkrankte, fand der Meißenheimer Kurt Kern Hilfe bei "Ilco". In den vergangenen Jahren gab er viel davon zurück. Foto: Künstle

Abschied: Nach zwölf Jahren hat Kurt Kern den Vorsitz der Selbsthilfevereinigung für Stomaträger abgegeben

Meißenheim - Kurt Kern leitete zwölf Jahre ehrenamtlich die Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs. Vergangene Woche wurde er verabschiedet. Das Ehrenamt sei für ihn Überlebenshilfe gewesen, sagt der 70-Jährige.

"Teilweise war die Arbeit sehr anstrengend. Ich reiste viel umher und lernte Menschen mit den verschiedensten Leidensgeschichten kennen", sagt der Meißenheimer. Der überaus engagierte Rentner möchte nun keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten mehr nachgehen. Als Landesvorsitzender war Kern viel unterwegs, beispielsweise bei Jubiläen, als Festredner, als Krisenberater einzelner Gruppen und als Mediator. Außerdem erzählte er bei zahlreichen Veranstaltungen und Treffen seine eigene Leidensgeschichte, um anderen Erkrankten, Stomaträgern und auch deren Angehörigen Mut zu machen.

1978 erkankte Kern im Alter von 28 Jahren an Darmkrebs. Kurz darauf erfuhr er, dass er auch ein Stoma, also einen künstlichen Darmausgang, benötigt. Zu dieser Zeit fühlte sich der junge Mann, ein begeisterter Handballer, durch das Team von Ärzten und Krankenschwestern nicht richtig aufgeklärt und allein gelassen. So suchte er selbstständig nach Gleichgesinnten.

Zunächst half Kern das Magazin "Ilco Praxis". Durch das Lesen von Erfahrungsberichten anderer Betroffener, die Sport trieben oder in den Urlaub fuhren, fand er einen Ausweg aus der Verzweiflung. "Das war anfangs meine Überlebenshilfe und machte mir Mut", erklärt Kern.

Neuen Lebensmut bekam er als er ein Mitglied von "Ilco", der größten deutschen Selbsthilfevereinigung von Stomaträgern, Menschen mit Darmkrebs und ihren Angehörigen, kennenlernte. Die Frau half ihm, indem sie ihm erlaubte, zuzusehen, wie ihre zehnjährige Tochter sie bei der Pflege des künstlichen Darmausgangs unterstützte. Der natürliche Umgang mit der Situation habe ihm geholfen, die neuen Lebensumstände zu akzeptieren, so Kern.

Beruflich war er zehn Jahre lang Beauftragter für die Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistenden in Karlsruhe. Diese Stelle habe sich gut mit seinem Alltag als Stomaträger vereinbaren lassen. Anschließend unterrichtete er fünf Jahre an einer Gewerbeschule in Karlsruhe-Durlach. Während dieser Zeit wurde er von einem "Ilco"-Mitglied gebeten, zu einem Treffen von der Selbsthilfevereinigung zu erscheinen, da händeringend neue Mitglieder und Ehrenamtliche gesucht würden.

Nach einer Reise durch das Land mit mehreren Besuchen in verschiedenen Selbsthilfegruppen, zeigte sich Kern beeindruckt. Die Arbeit der Ehrenamtlichen imponierte ihm. Das war der Zeitpunkt an dem der gebürtige Meißenheimer dachte: "Das schaffe ich auch."

Heute schaut der ehemalige Vorsitzende auf die Zeit bei Ilco mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Im März 2020 wird der 70-Jährige mit seiner Frau Traudel von Meißenheim nach Offenburg ziehen. Oberste Priorität habe nun seine Familie.

Info: Das ist die Ilco

In Deutschland leben mehr als 150 000 Stomaträger, also Menschen mit künstlichem Darmausgang oder künstlicher Harnableitung. An Darmkrebs – einer der Hauptgründe für ein Stoma – erkranken jährlich rund 60 000 Menschen. Seit ihrer Gründung 1972 hat es sich die Selbsthilfevereinigung "Ilco" zur Aufgabe gemacht, den Betroffenen beizustehen, damit sie mit ihrer Krankheit oder mit einem Stoma selbstbestimmt leben können. Mehr als 650 selbst betroffene Ehrenamtliche betreuen im Jahr rund 20 000 Betroffene bei Besuchen im Krankenhaus, Infoveranstaltungen und Gruppentreffen. Der Name "Ilco" leitet sich von den Anfangsbuchstaben der medizinischen Bezeichnungen Ileum (=Dünndarm) und Colon (=Dickdarm) ab. Sprecherin der örtlichen "Ilco"-Gruppe ist Gerda Rosewich, Telefon 07807/25 70, E-Mail Gerda.Rosewich@t-online.de. Sie steht für Rückfragen, insbesondere zu Treff-Zeiten, zur Verfügung.

Weitere Informationen: www.ilco.de