Polizeibeamte haben am Donnerstag in Offenburg einen 31-Jährigen Mann aus Gambia festgenommen. Zuvor waren mehrre Notrufe eingegangen, weil er nackt auf der Hauptstraße unterwegs gewesen sein soll, teilt die Polizei mit. Laut der regionalen Nachrichtenagentur Einsatz-Report 24 soll ein Beamter nach Augenzeugenberichten bei der Festnahme minutenlang auf dem Hals des Mannes gekniet sein. Foto: Einsatz-Report 24

Die Festnahme eines nackten Mannes in Offenburg  (Ortenaukreis)  hat am Donnerstag für Aufregung gesorgt. Der 31-Jährige war von Polizisten in Zivil auf offener Straße zu  Boden gerissen und fixiert worden. Ihr Vorgehen wird nun überprüft.

Von Marco Armbruster und Felix Bender

Offenburg - Bereits am Donnerstagabend – wenige Stunden nach dem Vorfall – kursierten zahlreiche Videos im Internet. Eines zeigt einen dunkelhäutigen Mann, der nur in Socken gekleidet und mit einem Tetrapack in der einen sowie einem Geldbeutel in der anderen Hand die Straße am Offenburger Busbahnhof entlangläuft. In einer weiteren Aufnahme ist zu sehen, wie der Nackte von zwei Männern – offenbar Polizisten in Zivil – in einem viel befahrenen Kreuzungsbereich von hinten überwältigt und am Boden festgehalten wird. Videostandbilder dokumentieren, dass einer der Beamten sein Knie in den Nacken des Mannes drückt und ihn so am Boden hält.

Verhalten der Polizeibeamten wird geprüft

Die Aufnahmen sind der Grund, weswegen sich   die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Sie prüft nun die Rechtmäßigkeit des Einsatzes. »Auf dem Videomaterial ist ein Verhalten von Beamten zu sehen, dass unter Umständen den Straftatbestand der Körperverletzung im Amt erfüllen könnte«, erläuterte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Offenburg, Dominik Nassal.  Weil der Vorwurf der Polizeigewalt im Raum stehe, übernehme das Landeskriminalamt als »objektive, neutrale Stelle« die Ermittlungen gegen die beiden Beamten des Polizeipräsidiums Einsatz, der früheren Bereitschaftspolizei.

Nach Angaben des Polizeipräsidiums Offenburg handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen 31-Jährigen Gambier. Gegen ihn soll vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte ein Passant ein Abwehrspray eingesetzt haben, weil der Unbekleidete unvermittelt auf dessen Begleiterin zugegangen sei. Mehrere Notrufe seien abgesetzt worden. Die hinzugeeilten Beamte hätten den »stark alkoholisierten Mann unter Anwendung unmittelbaren Zwangs« fixiert und aufgrund seiner »psychischen Auffälligkeit«   in eine Spezialklinik gebracht, teilte die Polizei mit. Ob es im Vorfeld des Einsatzes zu »strafrechtlich relevanten Vorkommnissen« gekommen war, werde noch geprüft.

Mann minutenlang zu Boden gedrückt?

Laut einer regionalen Nachrichtenagentur war der Beamte Augenzeugenberichten zufolge minutenlang auf dem Hals des Mannes gekniet. Das konnte die Staatsanwaltschaft am Freitag weder bestätigen noch verneinen. In den sozialen Medien werden indes bereits Vergleiche zum Fall George Floyd in den USA gezogen. Im Mai 2020 zeigten Handyaufnahmen, wie ein Polizist sein Knie auf den Hals des Mannes drückte – gut neun Minuten lang. Floyd starb, der verantwortliche Beamte wurde später des Mordes schuldig gesprochen. Hierzulande sorgte vor wenigen Wochen eine Festnahme in Pforzheim für Aufsehen. Auf Videosequenzen ist zu sehen, wie ein Polizeibeamter einen am Boden fixierten Mann mehrfach auf den Kopf schlägt. Auch hier soll die Staatsanwaltschaft klären, ob der Einsatz verhältnismäßig war.

Zu dem Mann aus Gambia konnte die Offenburger Staatsanwaltschaft zunächst keine näheren Angaben machen. So liegen bislang keine Erkenntnisse zu dessen Aufenthaltsstatus vor. Fakt ist laut Polizei: In den zurückliegenden Monaten war der 31-Jährige bereits wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten. Erst am Dienstag soll ebenfalls er unbekleidet und alkoholisiert durch die Offenburger Innenstadt gelaufen    und im Anschluss in eine Spezialklinik gebracht worden sein. Wieso er bereits wieder auf freien Fuß war, blieb am Freitag unklar.

Ebenso wie die Frage, ob die beiden Beamten während der Untersuchung gegen sie im Dienst bleiben. Weder das Landeskriminalamt noch das Präsidium Einsatz wollten sich auf Nachfrage äußern.