Wenn er Corona-Tote abholt, muss Bestatter Janik Rottenecker aus Lahr spezielle Schutzkleidung tragen. Foto: Schabel

Auch Tote können das Corona-Virus übertragen. Für Bestatter bedeutet das einiges an Mehraufwand. Janik Rottenecker vom Lahrer Bestattungsinstitut Bolz berichtet, wie mit Covid-Leichen vorgegangen wird.

"Ich hätte niemals gedacht, dass wir in so eine Situation kommen", betont der Junior-Geschäftsführer im Gespräch mit der LZ. Wenn er einen Covid-Toten abholt, bedeutet das für ihn, Schutzkleidung anzulegen, und zwar von Kopf bis Fuß: Brille, Ganzkörperanzug und FFP3-Maske. Wenn er bei den Angehörigen ankommt, sehe man von seinem Körper nichts mehr, sagt der Bestatter.

Schutzanzug muss er seit Pandemie-Beginn öfter als zuvor anziehen

Die spezielle Kleidung schützt Rottenecker und seine Kollegen, denn auch Covid-Verstorbene seien weiterhin hochinfektiös, erklärt er: "Durch die Bewegung des Verstobenen bei der Abholung kann sich verbleibende Luft aus der Lunge lösen. Die ist sehr ansteckend." Besonders für die Angehörigen des Covid-Toten tut es den jungen Unternehmer sehr leid: "Man sieht es dem Verstorbenen ja nicht an, dass er Corona hatte und weiter infektiös ist. Es ist traurig, mich im Schutzanzug vor den Angehörigen zeigen zu müssen, und den Verstorbenen so anzufassen, als würde die Berührung jetzt auch gleich für mich den Tod bedeuten", sagt der 25-jährige Lahrer.

Der Umgang mit infektiösen Leichen sei Teil seiner Berufsausbildung gewesen. "Infektiöse Krankheiten bei Verstorbenen, die nachweislich auch noch nach dem Tod übertragen werden können, gab es ja auch schon vor der Pandemie", erklärt Rottenecker im Gespräch mit der Lahrer Zeitung. Dass er die Schutzkleidung im Jahr 2021 "häufiger als sonst" angehabt habe, sei "völlig untertrieben": "Traurigerweise habe ich den Anzug noch nie so oft anziehen müssen wie im vergangenen Jahr. Zum Vergleich, in meiner dreijährigen Ausbildung habe ich ihn vielleicht ein bis zweimal tragen müssen."

Dass er den Schutzanzug sehr oft anhatte, bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass sein Institut im vergangenen Jahr im Verhältnis mehr Corona-Tote als normale Sterbefälle behandelt hat, macht der Bestatter deutlich. "Aufs Jahr gesehen sind maximal fünf Prozent der Verstorbenen an Corona gestorben", sagt er, "keine riesige Zahl, aber immer noch zu viele". Die Pandemie verursache in seinem Bestattungsinstitut aber nicht unbedingt mehr Arbeit, "wahrscheinlich sind es schon etwas mehr Verstorbene als sonst".

Doch nicht nur der Anzug gehört zum neuen Pflichtprogramm, wenn ein Corona-Verstorbener abgeholt wird. Covid-Leichen müssen laut Infektionsschutzgesetz in einen sogenannten "Bodybag", einen speziellen luftdichten Leichensack, gebettet werden – ein weiterer Schutz vor ansteckenden Gasen oder Körperflüssigkeiten, so Rottenecker.

Haben sich die Angehörigen des Covid-Verstorbenen für eine Erdbestattung entschieden, wird der Sarg in Kühlräumlichkeiten auf den Lahrer Friedhof gebracht. Vor Ort muss der Sarg nicht nur desinfiziert werden: "Für die Sicherheit der Friedhofsmitarbeiter müssen wir den Sarg dann auch als infektiös kennzeichnen", beschreibt der Bestatter das Vorgehen.

Angehörige müssen für Abschied vom Toten einen Antrag stellen

War es vor der Pandemie ohne weiteres möglich, am geöffneten Sarg eines Verstorbenen Abschied zu nehmen, hat die Pandemie die Dinge verkompliziert. Bis vor kurzem hätten Familien von Covid-Verstorbenen keinen Abschied nehmen dürfen, so der Lahrer Unternehmer. Laut Rottenecker sei nun ganz frisch geregelt worden, dass man das wieder dürfe.

Der Weg dahin ist allerdings steinig. Um einen letzten Abschied für die Familie möglich zu machen, müsse das Bestattungsunternehmen erst einen Antrag beim Ordnungsamt stellen, das sich wiederum mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzt. Erst wenn das Gesundheitsamt den Antrag genehmigt, darf sich die Familie um den Sarg versammeln. Jegliches Berühren des Covid-Verstorbenen bleibe allerdings verboten, erklärt Rottenecker.

Info: Corona-Tote in Lahr

Laut Standesamt wurden in Lahr im vergangenen Jahr 951 Sterbefälle verzeichnet. Von den Verstorbenen kamen 502 aus Lahr, beim Rest handelt es sich um Krankenhaussterbefälle aus dem Umland, schreibt die Stadt in einer Mitteilung. Wie viele der Toten aus Lahr an Corona verstarben, konnten weder die Stadt noch das Gesundheitsamt des Ortenaukreises in Offenburg aufführen. Das Statistische Landesamt teilte der LZ mit, dass endgültige Ergebnisse für Todesursachen bislang nur für 2020 zur Verfügung stünden – und dies nur auf Kreisebene. Von insgesamt 4900 Sterbefällen im Ortenaukreis im Jahr 2020 starben 289 Menschen an Covid-19.