Lahrer Parteivertreter blicken optimistisch auf Verhandlungen in Berlin

In Berlin beginnen am heutigen Mittwoch erste Sondierungsgespräche der CDU mit der FDP und dann mit den Grünen. Die Vertreter dieser Parteien in Lahr sehen der Bildung einer möglichen Jamaika-Koalition mit Zweckoptimismus entgegen.

Lahr. Nach vierjähriger Abstinenz ist die FDP wieder im Bundestag dabei und mischt nun sogar bei der Regierungsbildung mit. Die Freude darüber ist groß bei Jörg Uffelmann, der seit 1980 Parteimitglied ist und seit 1982 ein Mandat im Lahrer Gemeinderat hat. "Es ist schön, dass liberale Ideen sich wieder durchsetzen", sagte er auf Nachfrage unserer Zeitung.

Uffelmann erwartet, dass sich CDU/CSU, FDP und Grüne auf Bundesebene zusammenraufen. Die SPD habe erklärt, für eine Fortführung der Großen Koalition nicht zur Verfügung zu stehen, mit der AfD wolle niemand koalieren – da bleibe nur noch "Jamaika". "Eine Traumkoalition" ist das nicht", räumt Uffelmann ein, allerdings sieht er keine andere Möglichkeit der Regierungsbildung. Neuwahlen lehnt er ab, "man kann die Bürger nicht schon wieder zu einer Wahl antreten lassen."

Die größten Redebedarf werde es beim Thema Flüchtlinge geben, erwartet Uffelmann. Die Unionsschwestern haben sich im Streit um eine Obergrenze bei Flüchtlingen auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, das eine Netto-Zuwanderung von maximal 200 000 Flüchtlingen pro Jahr vorsieht. Damit haben CDU und CSU den Grundstein für Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition gelegt. Jurist Uffelmann ist aber kein Freund der Obergrenze, da auch die Flüchtlinge, die nach deren Erreichen eintreffen, ein Anrecht auf Asyl hätten. Doch der FDP-ler sagt auch: "Wir können nicht die ganze Welt aufnehmen", die Kapazitäten im Land seien irgendwann erschöpft. Deshalb trete die FDP für eine bessere Kontrolle und Steuerung von Immigration durch ein modernes Zuwanderungsgesetz ein.

Claus Vollmer, Fraktionschef der Grünen im Lahrer Gemeinderat, sieht keinen Grund, warum eine Koalition an diesem Thema scheitern sollte. "In jeder Partei gibt es dazu unterschiedliche Positionen." Auf "fixe Regelungen" sollte man sich aber nicht einlassen. Die erwartete Koalition sieht er als gute Möglichkeit. "Dass es mit CDU und Grünen funktioniert, sieht man in Baden-Württemberg." Voraussetzung für ein Gelingen sei ein fairer Umgang miteinander. Die Parteien sollten ihre Schwerpunkte stehen lassen dürfen. Knackpunkte sieht Vollmer keine, nur Kompromisse. "Ich sehe ja auch im Lahrer Gemeinderat, dass alle Fraktionen miteinander reden und arbeiten können, obwohl wir nicht immer einer Meinung sind." Außerdem: "Das Land muss regiert werden, und dieser Verantwortung wollen wir gerecht werden."

Ähnlich optimistisch zeigt sich auch Carsten Gabbert (Grüne), Bürgermeister der Gemeinde Schuttertal. "Statt zu schauen, wo gibt es Knackpunkte, schaue ich lieber dahin, wo es Gemeinsamkeiten gibt. Und da sehe ich eine Riesenschnittmenge." Einen gemeinsamen Nenner sieht er zum Beispiel bei der Digitalisierung. Und auch im Bildungsbereich sind sich alle einig, dass etwas getan werden müsse. Gabbert sieht noch einen weiteren Vorteil von Jamaika: "Drei Parteien können mit ihren Standpunkten für einen großen Teil der Gesellschaft stehen." Er hofft, dass die Verantwortlichen in Berlin nicht im Klein-Klein stecken bleiben, sondern Mut zeigen.

Auch Ilona Rompel blickt den Koalitionsverhandlungen "mit vorsichtigem Optimismus" entgegen. Die Sprecherin der CDU-Fraktion im Lahrer Gemeinderat sieht aber auch mögliche Probleme, die dann entstehen könnten, wenn die Gesprächsbeteiligten das "Ego-Geplänkel" übertreiben. Im Lahrer Gemeinderat werde über Parteigrenzen hinweg konstruktive Arbeit geleistet, doch auf Bundesebene herrschten nun mal andere Bedingungen. Dabei denkt sie zum Beispiel an CSU-Chef Horst Seehofer, der ein Jahr vor den Landtagswahlen in Bayern Stärke demonstrieren wolle und mit dieser Haltung eine Einigung erschweren könnte.

Die potenziellen Koalitionspartner sollten vor den Gesprächen besser keine "roten Linien" festsetzen, sprich Bedingungen formulieren, von denen sie nicht abzurücken gedenken, ist Rompel überzeugt. Dabei hat sie auch Christian Lindner im Blick, der vor Beginn der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition gefordert hat, den Solidaritätszuschlag ersatzlos abzuschaffen. Ein Jamaika-Steuerkonzept könne es nur geben, wenn es das Ende des Solidarzuschlags umfasse, betonte der Vorsitzende der Liberalen.

Solche Aussagen seien alles andere als hilfreich, bedauert Rompel, die von allen Beteiligten die Bereitschaft zum Kompromiss einfordert. Zumal es keine andere Möglichkeit als Jamaika gebe. Die Parteien hätten vom Souverän durch das Wahlergebnis den Auftrag zur Bildung dieses Bündnisses erhalten – "Neuwahlen sind keine Alternative", ist auch die CDU-Sprecherin überzeugt.