Bernhard Meier-Hug freut sich über den am Freitag eingeweihten Neubau der Lahrer Werkstätten. Hug ist Regional-Geschäftsführer der Johannes-Diakonie Mosbach, die Träger der Einrichtung in Langenwinkel ist. Foto: Schabel

Lahrer Werkstätten nehmen 2,1 Millionen Euro teuren Neubau in Betrieb

Langenwinkel - Schwerstbehinderte Menschen bestmöglich zu betreuen – das haben sich die Werkstätten für Behinderte vorgenommen. Ein Ansinnen, bei dem der am Freitag eröffnete Neubau eine große Hilfe ist.

Menschen mit geistiger Behinderung sowie körperlich und mehrfach Behinderte erhalten in den Lahrer Werkstätten Arbeitsplätze und Wohnmöglichkeiten. Seit 1947 gibt es die Einrichtung in Langenwinkel, deren Träger die Johannes-Diakonie Mosbach ist.

Im Werkstattgebäude erledigen 280 Beschäftigte Lohnaufträge für die Industrie. Sie führen etwa Schreiner- oder Metallarbeiten aus oder übernehmen Aufgaben in der Garten- oder Landschaftspflege. Dann gibt es noch den Förder- und Betreuungsbereich (FUB) für Menschen, die die Voraussetzungen für eine Arbeit in der Werkstatt (noch) nicht erfüllen. Es sind Schwerstbehinderte, die besonderer Betreuung bedürfen. Der FUB-Gruppe gehören zurzeit 26 Menschen zwischen 18 und 56 Jahren an – alle aus dem alten Landkreis Lahr. Sie sind vor zwei Wochen in den Neubau umgezogen, der einen Steinwurf vom alten Werkstattgebäude entfernt auf einem früheren Sportplatzgelände errichtet worden ist.

Der damit verbundene Fortschritt war für die Gäste der Einweihungsfeier am Freitag bereits zu erkennen, noch ehe sie den Neubau betraten: Das alte Werkstattgebäude war im Stil der 1970er-Jahre errichtet worden, ein wuchtiger, betongrauer Klotz. Dagegen besticht der vom Lahrer Architekten Dieter Meurer entworfene Neubau durch eine moderne, freundlich wirkende Architektur. Der positive Eindruck setzt sich im Foyer fort, eine Art Lichthof, von dem aus Türen in Gruppen- und Büroräume abgehen. Das ebenerdige, von Grün umgebene Gebäude ist bewusst so gestaltet, dass die Orientierung leichtfällt.

"Wir haben uns über den Umzug gefreut, seit wir das erste Mal die Pläne gesehen haben", erzählte Ralf Kerstin aus Friesenheim, der den Förder- und Betreuungsbereich seit 15 Jahren leitet. Seit 1982 gibt es die FUB-Gruppe, die bisher in ehemaligen Büroräumen am südlichen Ende des Werkstattgebäudes untergebracht war – ein Provisorium. Die Räume waren beengt, Materiallieferungen für die Werkstatt brachten Unruhe rein, der Geräuschpegel war bisweilen hoch.

Anregungen für Körper und Geist

Dagegen ist der Neubau mit 720 Quadratmetern Gesamtfläche schallgedämmt, außerdem haben die fünf Gruppenräume bodentiefe Fenster und sind entsprechend hell. In den Räumen waren am Freitag Fotos zu sehen, die typische Beschäftigungen der Menschen zeigen, um die sich dort neun Betreuer kümmern. Es sind leichte musische und künstlerische Tätigkeiten, etwa Gesangsrunden oder Brettspiele, die Körper- und Sinneserfahrungen anregen sollen.

Im Vergleich zur alten FUB-Unterbringung biete der Neubau einen "mindestens doppelten Quantensprung an Lebensqualität", schwärmte Jörg Huber, der Pädagogische Vorsitzende der Johannes-Diakonie. Ortsvorsteherin Annerose Deusch sagte, dass Menschen mit Behinderung das Leben in Langenwinkel bereichern würden. Dekan Rainer Becker gratulierte beim Festakt ebenso wie Sozialdezernent Georg Benz. In der Ortenau werde für Menschen mit Behinderungen viel getan, unterstrich Benz anhand von Kennziffern – Betreuungsplätze im Verhältnis zur Einwohnerzahl –, die zum Teil wesentlich besser als der Landesschnitt sind.

Die Besucher hatten Gelegenheit, sich in den Räumen umzusehen, danach konnten sie sich draußen im Hof stärken. Zur Feier des Tages veranstalteten die Werkstätten nämlich gleich noch ein Sommerfest mit Musik und Bewirtung.

Info: Strom vom Dach

Gruppen- und Allgemeinräume, Küche und Kreativraum sind an der Südseite angeordnet und teilweise bis zum Boden verglast. Die Funktionsräume finden sich auf der Nordseite. In der Mitte ist das Foyer, das für kleine Veranstaltungen genutzt werden kann – wie die Eröffnungsfeier. Die Baukosten betragen 2,1 Millionen Euro, wozu das Land, der Kommunalverband für Jugend und Soziales sowie die "Aktion Mensch" Zuschüsse beigesteuert haben. Installiert wurde eine 30-Kilowatt-Photovoltaikanlage, deren Kosten von 45 000 Euro über Spenden mitfinanziert worden sind. Neben dem Eingang ist ein Display, das den Stromertrag anzeigt.