Die neuen Zäune für die Hinterwälder-Rinder gefallen vielen Bürgern nicht. Jetzt erklärt der Nabu, wie er auf den Bürgerprotest reagiert. Foto: Schabel Foto: Lahrer Zeitung

Langenhard: Nabu-Beauftragter Walter Caroli reagiert auf den Unmut vieler Bürger zum neuen Weidezaun / Heute Infoabend

Die neuen Zäune auf dem Langenhard sorgen für Unmut in weiten Teilen der Bevölkerung. Am Mittwochabend informiert der Naturschutzbund Nabu in der Dammenühle über das Projekt. Wir sprachen mit Walter Caroli vom Nabu Lahr.

Herr Caroli, beim Rinder-Projekt auf dem Langenhard gibt es heftige Diskussionen. Was lief da bei der Kommunikation schief?

Es wird ja oft gesagt, man sollte die Bevölkerung rechtzeitig und umfangreich informieren und mitnehmen bei einer solchen Veränderung. Da hat sich der Nabu überlegt, was man hätte anders machen sollen. Wir haben am 15. August zu einer Pressekonferenz dort oben eingeladen. Da wurde umfangreich alles dargelegt, sogar die Länge des Zaunes mit 11,7 Kilometern. Es wurde alles erklärt und darüber berichtet. Als dann Gegenwind kam, kam uns der Gedanke, nochmals eine Pressekonferenz zu machen. Aber da hätten wir ja das Gleiche nochmal erzählen müssen. Eigentlich haben wir unserer Pflicht Genüge getan, wir haben im Vorfeld informiert.

Es ist wohl das Problem, dass die Bürger, selbst wenn sie über die Veränderungen gelesen haben, sich diese nicht vorstellen konnten. Dann gingen sie auf den Langenhard, sahen die vielen Zäune, mit Überraschung und auch Entsetzen.

Ja, das stimmt. Viele stören sich an der Optik. Mittlerweile kommen aber immer mehr Leute, die sagen: Wenn ich auf dem Feldberg unterwegs bin, auf dem Belchen, auf dem Schauinsland, sind überall Weidezäune. Wo ist da eigentlich das Problem?

Zäune gehören also zum Landschaftsbild?

Eindeutig, zum gewohnten Bild im Schwarzwald gehört bei einer Rinderbeweidung der Weidezaun. Und die Rinderbeweidung ist die traditionelle Beweidung da oben. Bevor die Panzer kamen, war auf dem Langenhard eine Fohlen- und Jungrinderweide. In der Zeit, als es nicht Truppenübungsgebiet war, war dort Rinderbeweidung – immer mit dem Weidezaun.

Die Wuchtigkeit des Zauns erregt die Bürger. Hätte man die Einzäunung nicht mit einem einfacheren Zaun machen können, etwa einem mobilen Zaun?

Unseres Erachtens sind sie nicht wuchtig, nur leicht erhöht, dass man bei auftretender Wolfsgefahr einen weiteren Draht anbringen kann. Ein mobiler Zaun bietet nicht die erforderliche Sicherheit, das wäre auch gar nicht akzeptiert worden. Und der jetzige Zaun ist überhaupt nicht massiv, nur wirken diese Pfosten jetzt im Moment sehr auffällig, weil sie noch nicht abgedunkelt sind. Das wird natürlich passieren, sobald ein paar Monate ins Land gegangen sind. Dann sieht es überall aus wie im Schwarzwald und auch anderswo, dass man es dann fast kaum noch erkennt. Und: Wir werden den Weideauftrieb im Frühjahr mit einem kleinen Fest begehen und Bürger dazu einladen. Da können auch jene kommen, die jetzt protestieren, und sich das Ganze mal anschauen. Wir haben gesehen, dass sich die Tiere ganz toll wohlfühlen und sie genau das machen, was wir eigentlich wollen. Sie gehen auch ins Unterholz und arbeiten dort mit den Hörnern.

Weiterer Kritikpunkt: Die Zäune schränken ein, das Gelände ist nicht mehr so offen zugänglich wie einst.

Da muss man sich fragen, mit was für einer Zielsetzung ist die Umzäunung gemacht worden. Es handelt sich um ein Naturschutzprojekt und wir haben als NABU eine Verpflichtung, bei einem nationalen Naturerbe dafür zu sorgen, dass es sich in Richtung Artenvielfalt entwickelt. Wobei immer mit einbegriffen war, dass die Menschen dort spazieren gehen können und Erholung finden, das passiert ja nach wie vor. Die Wege, die für Besucher vorgesehen sind, nicht die, die unerwünscht quer durchs Gelände begangen wurden, bleiben offen.

Also alle offiziellen Wege?

Alle Wege bleiben offen. Wir wollen und werden die Menschen ja nicht aussperren! Wir wollen einen Mix aus Naturschutz und dem, was den Menschen guttut. Ich will noch ein Beispiel geben: Da gibt es einen Weg, der führt von Lahr hoch zur kleinen Kapelle auf dem Langenhard. Er führt mitten durch das Nabu-Gelände. Da machen wir Pendeltore hin, mit einer sogenannten Litze, einem kleinen Zaun. Eigens für Leute, die von den Hinterwälder-Rindern erschreckt sind. Immer, wenn die Rinder dort sind, laufen die Leute dann auf der anderen Seite und kommen überhaupt nicht in Kontakt mit den Tieren. Also auch dieser Weg ist absolut und zu jeder Zeit gesichert.

Wie sieht es mit Schlittenfahren aus?

Wenn mal wieder Schnee fallen sollte und die Leute bei der Eiche im nördlichen Bereich Schlitten fahren wollen – das habe ich übrigens als Kind auch gemacht – können sie dies tun, denn das Pendeltor ist im Winter offen. Man kann mit den Schlitten hinein und kann fahren, das ist überhaupt kein Problem, denn die Rinder sind dann nicht da.

Drachensteigen war Thema.

Man muss sich schon fragen, ob Drachensteigen in einem Schutzgebiet angebracht ist. Aber selbst da haben wir gesagt: Beim Parkplatz ist ja auch ein Tor. Das lassen wir einfach in der Zeit, wo man gerne die Drachen steigen lässt, offen. Da sind die Rinder nicht da. Also: Auch das ist überhaupt kein Problem.

Zu den Kosten gab es Diskussionen. Wieviel war es, was hat diese ganze Umzäunung gekostet?

Rund 90 000 Euro.

Einige Landwirte sagen, das hätte man viel günstiger machen können.

Der Nabu Lahr hat eine Vereinbarung mit dem Eigentümer des Geländes. Das ist die Nabu-Bundesstiftung in Berlin. Wir haben mit der Organisation dieser Dinge überhaupt nichts zu tun. Also nicht wir haben diesen Zaun beauftragt, wir haben auch nicht die Firma beauftragt, welche die Schneisen gemacht hat. Wir haben auch nicht die Planung für das Gelände gemacht. Wir sind lediglich diejenigen, die für das Gelände zuständig sind, also es beaufsichtigen und in Richtung Entwicklung entsprechend dem Gutachten vorantreiben. Das soll nicht heißen, dass ich mich davor wegdrücke, ich halte das Projekt für richtig und für wichtig. Es ist ein außerordentlich wichtiges Naturschutzprojekt, das auch erhebliche Vorteile bringen wird und im Übrigen werden die Leute auch bald sehen, dass dies die Schönheit des Langenhards mittelfristig überhaupt nicht beeinträchtigen wird.

Die ganze Planung, die ganze Verantwortlichkeit liegt bei der Bundesstiftung?

Ja, diese hat das mit dem Regierungspräsidium verhandelt, die Gelder sind vom Land bewilligt. Es gibt in der Förderpraxis zwei Sätze. Bei einem wichtigen Projekt 75 Prozent, bei einem ganz wichtigen Projekt 90 Prozent. Der Nabu bekam die 90 Prozent. Übrigens wurden die Zäune ordnungsgemäß ausgeschrieben.

90 Prozent zahlt das Land?

Ja, über das Regierungspräsidium. 90 Prozent von den rund 90 000 Euro Kosten.

Den Zuschlag für die Pacht bekam Landwirt Bernd Schmieder. Eine gute Wahl?

Unbedingt. Pächter Bernd Schmider ist aus meiner Sicht ein Glücksfall. Das gibt es ganz selten, dass man jemanden direkt nebenan findet, der das Gelände übernimmt. Das war für uns ideal.

Es gab noch mehr Interessenten, heißt es.

Ja, es gab andere, die das gerne gemacht hätten. Für den Eigentümer war aber entscheidend, dass der Pächter direkt nebenan sitzt.

Gab es eine Ausschreibung?

Nein. Aber warum soll ein Privateigentümer das ausschreiben? Es ist ja kein öffentliches Gelände. Es ist privates Gelände, und der Eigentümer kann auf seinem privaten Gelände irgendeinem den Auftrag geben. Ich glaube, die Leute meinen immer, es sei staatliches oder städtisches Gelände. Das ist es nicht. 2012 ist der ehemalige Truppenübungsplatz Langenhard in das Eigentum der Nabu-Bundesstiftung übergegangen. Dem Nabu Lahr gehört nur der Parkplatz und der Pavillon, nicht aber das Gelände.

Wären Schafe keine Alternative gewesen?

Prinzipiell ist Rinderbeweidung in einem solchen Gebiet vom Naturschutzfachlichen aus betrachtet wesentlich effektiver als Schafbeweidung. Und es wurde schon im Landschaftsentwicklungs- und Pflegeplan, der für teures Geld erstellt wurde, darauf hingewiesen, dass die Rinderbeweidung günstiger sei. Das war ganz am Anfang, nach 2012, als das erstellt wurde, als das Gebiet zum NABU überging. In dem Gutachten steht ausdrücklich drin, dass man die Rinderbeweidung bevorzugen solle.

Weshalb sind Schafe ökologisch nicht so ideal?

Wir haben seit 2012 zwei Versuche gemacht, mit einem Wanderschäfer und mit Beweidung über mobile Zäune. Die Folge war beide Male eine verhältnismäßige Artenarmut im Gelände. Über dieses wichtige Thema der Alternative zur Schafbeweidung werden wir am Mittwoch ausführlich informieren.

  Fragen von Jörg Braun   und Stefan Maier

Am heutigen Mittwoch um 19 Uhr steht der Nabu allen Interessierten zum Rinderprojekt Rede und Antwort. Der Infoabend findet im Restaurant "Dammenmühle" statt. Der Geschäftsführer der Nabu-Stiftung aus Berlin, Christian Unselt, wird unter anderem erwartet.