Trotz der Mitte Dezember verhängten nächtlichen Ausgangssperre ist er auf den Straßen in und um Lahr unterwegs: Hanspeter Hentschel, Sicherheitskraft beim Cesar Sicherheitsdienst. Foto: Schubert

Corona-Regeln: Nachts und früh morgens sind die Regelungen noch strikter als tagsüber / Mitarbeiter berichten von ihren Jobs

Lahr/Offenburg - Sicherheitsdienst, Reinigungskraft, Fast-Food-Lieferant und Zeitungszusteller: Sie arbeiten nachts, wenn normale Bürger das Haus nicht verlassen dürfen. Die LZ hat nachgefragt, wie sich die nächtliche Ausgangssperre auf ihren Beruf auswirkt.

Nicht alle müssen um 20 Uhr zuhause sein 

Spätestens um 20 Uhr ist Schicht im Schacht. Wo tagsüber auf den Straßen in und um Lahr schon wenige Leute unterwegs sind, herrscht wegen der landesweiten Ausgangssperre ab 20 Uhr gähnende Leere. Für alle Bürger gilt: Kein Schritt vor die Tür, Füße still halten und sich ausschließlich im Haus oder der Wohnung aufhalten.

Aber diese Regelung trifft nicht alle Bürger: Diejenigen, die einen sogenannten triftigen Grund (siehe Info) vorweisen können, dürfen trotz Verbots vor die Tür – zum Beispiel, um ihrem Beruf nachzugehen.

Wir haben vier von ihnen getroffen und gefragt, welche Auswirkungen die Ausgangssperre auf ihren Berufsalltag hat.

Fast-Food-Lieferant: "Erst gestern Abend wurde einer meiner Liefer-Fahrer von der Polizei kontrolliert", berichtet Mehdi Inan, Inhaber des Pizza-Kebab-Hauses Schlüssel. Eine Kontrolle durch die Ordnungshüter sei nach 20 Uhr jedoch sehr selten. "Und nachdem mein Fahrer seine von mir ausgestellten Bescheinigungen vorgezeigt hatte, wollten die Polizisten nur noch den Personalausweis sehen. Danach konnte er wieder weiterfahren."

Dass seine Lieferboten von anderen Passanten nach 20 Uhr angesprochen wurden, weil sie während der Ausgangssperre draußen sind, sei bislang nicht vorgekommen.

Durch die Werbung auf den Lieferwagen des Imbisses sei auch gut zu erkennen, dass die Fahrer dienstlich unterwegs sind. Viel Essen zu liefern gebe es allerdings momentan nicht. "In diesem Monat ist mein Geschäft um 80 Prozent eingebrochen. Ich komme finanziell kaum über die Runden", bedauert Inan.

Zeitungszusteller: Seit Beginn der Ausgangssperre habe sich die Straße verändert, berichtet Kai Müller. Jeden Tag seit bald 18 Jahren verlässt er um 0.30 Uhr mit seinem Fahrrad das Haus und verteilt 300 Exemplare der Lahrer Zeitung in der Innenstadt.

"Es sind wesentlich weniger Menschen unterwegs. Ab und zu mal Jugendliche, aber auch von ihnen sind meist wenige zu sehen", berichtet er von seinen nächtlichen Beobachtungen. Sonst seien in der Nacht auch manchmal größere Gruppen unterwegs gewesen. Mit diesen habe es vor einigen Jahren Ärger gegeben, aber aktuell sehe man auch sie nicht mehr des nachts in der Stadt.

Für Müller scheint vor allem das geringe Verkehrsaufkommen angenehm zu sein: Weniger Wartezeit, um die Straße zu überqueren, damit "kommt man jetzt ein bisschen schneller voran". Von der Polizei kontrolliert worden sei Müller bisher noch nicht, ab und zu würden sie in seiner Nähe langsamer fahren, "aber sie sehen ja, dass ich Taschen auf dem Gepäckträger habe und Zeitungen verteile".

Security-Mann: Runde um Runde dreht Hanspeter Hentschel nachts in seinem kleinen Auto durchs Lahrer Zentrum. Hier schaut er nach dem Rechten. Während andere schlafen, fährt er fünf Gebäude an – nun auch das neue Impfzentrum, denn "das muss auch bewacht werden".

"In diese Firma", Hentschel zeigt aus dem Autofenster, "dort gehe ich drei- bis viermal pro Nacht rein. Aber immer zu unterschiedlichen Zeiten", erklärt er weiter. So sollen Einbrüche verhindert werden. Aber: "Man kann tausend Mal durchfahren und beim tausendundersten Mal passiert es. Jede Nacht ist anders! Ein Bürger kriegt das gar nicht mit, was hier nachts an Beschädigungen und Gewalt getrieben wird." Morgens gegen fünf Uhr mache er dann seine letzte Fahrt. "Da ist dann wieder Verkehr da und ich weiß, es kann nichts mehr passieren."

Nur wenige sind spät abends auf den Straßen zu sehen 

Durch die Ausgangssperre sei die Straße ruhiger geworden. Unterwegs seien, wenn überhaupt, eher Jugendliche. "Ich versuche die Leute dann davon zu überzeugen, heimzugehen, auch wenn das eigentlich nicht meine Arbeit ist", erzählt Hentschel. Man dürfe die Leute, die ihm nachts begegnen, nicht herabwürdigen, denn durch die Maßnahmen seien sie sowieso schon aggressiv. "Ganz wichtig ist der Kontakt auf Augenhöhe", so Hentschel.

Selbst von der Polizei während seiner nächtlichen Fahrten kontrolliert zu werden, scheint dem Lahrer gar nicht in den Sinn zu kommen. "Ich arbeite mit der Polizei zusammen, die Polizisten hier kennen mich. Wenn es nachts irgendwo einen Alarm gibt, funke ich sie an", berichtet er. Außerdem trage er seine Sicherheitsdienst-Mitarbeiterkarte ständig um den Hals.

Reinigungskraft: "Ich persönlich merke es unter der Woche, wenn ich arbeite, nicht, dass wir uns in einer Ausgangssperre befinden", Edit Papp zuckt mit den Schultern und fährt fort: "Am Wochenende, wenn ich frei habe, bin ich froh, wenn ich abends zu Hause bin." Normalerweise ist sie Objektleiterin bei der Reinigungsfirma Twenmark, koordiniert die Arbeitseinsätze ihrer Mitarbeiter und trifft Absprachen mit Kunden, die eine Gebäudereinigung in Auftrag geben wollen. Doch aktuell reinige sie auch selbst, vor allem spät abends oder sehr früh morgens.

Dass Papp zu Besen und Wischmopp greifen muss, kommt in letzter Zeit häufiger vor. An diesem Abend sind gleich mehrere Mitarbeiter ausgefallen, "weil sie oder ein Angehöriger positiv getestet wurden". Deshalb übernimmt Papp mit drei weiteren Kollegen, die normalerweise auch als Objektleitungen arbeiten, die Reinigung des dreistöckigen Gebäudes in Offenburg. "Aktuell müssen wir in vier Objekten Vertretungen machen. Das ist schwer!", berichtet Papp, die das Lachen trotzdem nicht zu vergessen scheint.

Das sind triftige Gründe 

Durch die Ausgangssperre würden einige der von ihr betreuten Objekte abends früher schließen und dafür morgens früher öffnen. "Schlaf, muss ich darüber reden? Das ist etwas speziell", sagt Papp und lacht. Papps Wecker klingelt dadurch nun wohl noch früher als sonst.

Die nächtliche Ausgangssperre in Baden-Württemberg soll voraussichtlich noch mindestens bis zum 31. Januar gelten. Zwischen 20 Uhr abends und 5 Uhr morgens dürfen Bürger nur mit sogenannten triftigen Gründen aus dem Haus. Darunter fallen unter anderem der Weg zur Arbeit, das Gassigehen mit dem Hund oder ein Arztbesuch.