Noch gut ein Jahr, dann muss OB Müller abtreten. Auch, wenn er nicht will. Bewirbt sich der Mann im Hintergrund, Guido Schöneboom, um den Chefposten? Viele erwarten das. Foto: Braun Foto: Lahrer Zeitung

Kommunalpolitik: Still und leise laufen erste Vorbereitungen für die zwei wichtigen Wahlen in Lahr 2019

Für das politische Leben in Lahr zeichnen sich 2019 viele grundlegende Veränderungen ab. Es gibt einen neuen Gemeinderat und ein neues Stadtoberhaupt. Vorbereitungen für diese Umwälzungen laufen schon. Und die Spannung steigt immer mehr.

Lahr. Kommendes Jahr gibt es für die Kommunalpolitik in der zweitgrößten Kommune im Kreis einen fast kompletten Neustart. Gleich in beiden entscheidenden Machtzentren der Stadt wird die personelle Besetzung neu geregelt. Das ist selten und birgt reichlich Spannung: Wer wird neue(r) OB? Was werden seine oder ihre Schwerpunkte sein? Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat? Wie wird dieser aufgestellt sein? Gibt es erschütternde Verschiebungen, wenn die AfD ins Stadtparlament einziehen sollte? Und was macht eigentlich OB-Vize Guido Schöneboom? Tritt er als OB-Kandidat an? Braucht Lahr dann, falls er gewählt würde, auch gleich einen neuen Ersten Bürgermeister? Viele Fragen, auf die es erste Antworten gibt.

  Der Ruhestand: Nach dann 22 Jahren wird Wolfgang G. Müller kommendes Jahr in den Ruhestand gehen. Gehen müssen, denn er hätte eigentlich noch gerne weitergemacht. Erst 2013 war er als Oberbürgermeister im Amt bestätigt worden, mit sagenhaften 99 Prozent Unterstützung der Bürger. Weil Müller, Jahrgang 1951, kommendes Jahr 68 wird, muss er gehen. Die rechtliche Altersgrenze schlägt zu.   Die Verblüffung: Eine Änderung im Landesbeamtengesetz, wonach OBs nun auch länger als 68 im Amt bleiben können, hatte Müller Hoffnung gemacht, doch länger im Amt bleiben zu können. Doch dann die kalte Dusche: Die Änderung greift für ihn nicht, da seine Wahl vor der Gesetzesänderung war. Er muss mit 68 gehen. Das hat ihn verblüfft. "Damit habe ich nicht gerechnet", sagt er. Doch er hat diesen Frust, den er als leidenschaftlicher Berufspolitiker mal schob, abgehakt. Ich hadere nicht", sagte er heute.   Der Abschied: Am 21. Oktober 2019 wird Müller 68. Das Gesetz sagt, dass er somit zum 31. Oktober seinen Posten räumen muss.   Der Neustart: Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin übernimmt das Amt offiziell zum 1. November. Das ist der Allerheiligen-Feiertag, ein Freitag, danach folgt gleich das Wochenende. Echter Dienstbeginn im Rathaus wird dann also Montag, 4. November sein.   Der Wahltermin: Der ist noch nicht fix. Erst im Januar, Februar wird der Gemeinderat das genaue Datum festlegen. Doch es gibt nicht wirklich viel Auswahl. Frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Ablauf der Müller-Amtszeit muss gewählt werden. Frühestens wäre das der 4. August, spätestens der 29. September, jeweils Sonntage. Vieles spricht dafür, dass es einen relativ späten Wahlgang geben wird. Im August ist Urlaubszeit. Da will niemand eine Wahl ansetzen. Geschickter wäre gleich nach den Großen Ferien. Das wäre Mitte September. Im Rathaus wird intern deshalb der 15. September als Top-Termin gehandelt.   Die lahme Ente: Nur sechs Wochen zwischen Wahl und Amtsende hätten für OB Müller auch den Vorteil, dass er nur eine vergleichsweise kurze Zeit OB auf Abruf wäre. Die Amerikaner nennen das "lame duck", lahme Ente, wenn Präsidenten schon einen Nachfolger haben und nur noch übergangsweise im Amt sind, ohne noch viel bewegen zu können. Müller mag so was gar nicht.   Der Wahlkampf: Wenn am 15. September gewählt wird, findet der Wahlkampf in den Sommerferien statt. So wie derzeit in Offenburg, wo im Oktober gewählt wird. Das dürfte dann einen knackigen, nicht allzu langen Wahlkampf geben, weil viele Bürger in Ferien sind.   Die Bewerber: Wer will Lahrs neuer Chef werden? Die sicher spannendste Frage des kommenden Jahres. Lahr hat landesweit einen guten Ruf, nicht zuletzt nach der Landesgartenschau. Das Mittelzentrum steht nach Jahren der Konversion gestärkt da, hat wirtschaftlich enormen Schub und längst keine Probleme mit hoher Arbeitslosigkeit mehr. 250 Millionen Euro wurden in Müllers Amtszeit investiert, vieles ist saniert oder neu gebaut. Und das Wichtigste: Lahr hat überschaubar wenig Schulden. Trotz Riesen-Invest der LGS mit fast 60 Millionen gibt es durch die Schau keine neuen Schulden, wie zunächst fest erwartet. Beste Voraussetzungen für ein neues Stadtoberhaupt. Da dürften sich viele Bewerber für den Job interessieren.   Der Taktiker: In politischen Kreisen kursiert derzeit nur ein Kandidaten-Name: Guido Schöneboom. Der Erste Bürgermeister ist seit acht Jahren in Lahr, verantwortet die Bereiche Recht und Ordnung, Kultur, Soziales, Schulen, Sport und außerschulische Bildung. Kraft Amtes ist der gebürtige Leipziger OB-Vize. Erst diesen Frühsommer wurde er im Amt bestätigt, mit glatten 100 Prozent Zustimmung im Gemeinderat, quer durch alle politischen Gruppierungen. Eine satte Rückendeckung, aus der heraus viele erwarten, dass Schöneboom den Sprung in Lahrs Rathaus ganz nach oben wagen könnte. Aber will er das auch? Er selbst schweigt beharrlich. Und sagt nur so viel: "Es ist absolut verfrüht, jetzt schon zu debattieren, in einer Zeit, in der OB Müller das Heft des Handels fest in der Hand hält". Doch das ist Taktik, meinen viele Kommunalpolitiker. Die meisten sagen: Der macht das, er tritt an. Will neuer OB werden, ihm gefällt die Stadt. Er will nur nicht zu früh den Kopf herausstrecken.   Die Anderen: Die CDU beobachtet genau, was Schöneboom sagt. Doch für die Christdemokraten ist klar, dass sie einen eigenen Mann (oder Frau) ins Rennen schicken. Lahr kampflos weiter in SPD-Händen lassen, nach zwei Jahrzehnten mit SPD-OB Müller? Das wollen sie nicht. Schöneboom ist zwar kein SPD-Mitglied, aber für die Partei in den Kreistag gewählt worden. Also muss ein schwarzer Gegenkandidat her. Offiziell hört man das zwar noch nicht laut, aber die Suche läuft bereits an, sagen mehrere "schwarze" Quellen.   Die Unterstützer: Was die kleineren Parteien machen, wird sich weisen. Auch dort wird derzeit noch abgewartet, was Schöneboom macht. Er hat bei seiner Wiederwahl im Frühsommer auch dort breite Unterstützung bekommen. "Es ist noch eine Weile hin, wir beschäftigen uns zu Jahresbeginn mit dem Thema", fasst es der grüne Fraktionssprecher Claus Vollmer zusammen.

Gleich dreimal dürfen die Lahrer kommendes Jahr ihr Kreuzchen machen. Am Sonntag, 26. Mai, finden die Europawahl und die Kommunalwahlen zeitgleich an einem Sonntag statt. Voraussichtlich am Sonntag, 15. September, steht dann die Wahl des Lahrer Oberbürgermeisters an.