Der Reichenbacher Nicolas Rinklin (Zweiter von links) ist Rugby-Nationalspieler. Olympia 2024 ist sein großer Traum.Fotos: privat Foto: Lahrer Zeitung

Rugby: Der Reichenbacher Nicolas Rinklin spielt in der Nationalmannschaft / Bundeswehr als zweites Standbein

Nicolas Rinklin hat schon viel von der Welt gesehen. Von Freiburg zog es ihn über Dublin nach Reichenbach. Und Paris soll noch folgen. Denn dort will er mit der Rugby-Nationalmannschaft bei Olympia für Furore sorgen.

Nicolas Rinklin ist wohl das, was man in seiner Sportart einen Spätstarter nennt. Seine besondere Verbindung zum Rugby ist ihm keineswegs in die Wiege gelegt worden. "Im Gegenteil. Ich habe zunächst Fußball und Basketball gespielt und war bis zu meinem 14. Lebensjahr auch im Skifahren im Landeskader dabei. Fußball hat mir aber dann mit zwölf keinen Spaß mehr gemacht, für Basketball war ich zu klein und fürs Skifahren zu schwer", berichtet der 24-Jährige.

Dann kam das Jahr 2011 und die Rugby WM in Neuseeland. Rinklin war vor dem Fernseher mit dabei – und schnell von dem Sport begeistert. "Als ich bei den Großen zugeguckt habe, wollte ich das auch einmal selbst ausprobieren. Ich war damals im Internat Kolleg St. Blasien und dort gab es eine Rugby-AG, wo ich mitmachen konnte", so der gebürtige Freiburger. Wenn er über seinen Sport spricht, begeistert ihn besonders, dass Rugby für Jedermann ist. "Da ist es egal, ob du schwer oder leicht bist. Ich war schon immer etwas kräftiger. Außerdem spielt Fairplay im Rugby eine sehr große Rolle. Es geht sehr sozial zu. Das hat mir von Anfang an Spaß gemacht."

Erst einmal mit dem Rugby-Virus infiziert, ging es für den Spätstarter danach Schlag auf Schlag weiter – und ins Ausland. "Mein Internat hatte eine Partnerschule in Irland. Dort wird Rugby auf einem viel höheren Niveau gespielt. Dort wollte ich mich beweisen", sagt Rinklin. Mit 16 ging es für ihn auf die grüne Insel nach Dublin. "Die ersten Monate waren hart für mich, weil ich eine sehr enge Bindung zu meiner Familie habe. Aber auf der Partnerschule waren alle Rugby-Spieler. Dadurch fiel mir die Integration leichter." Dass Rugby in Irland einen ganz anderen Stellenwert hat, zeigte sich bei der Schul-Meisterschaft, wo es Rinklin bis ins Finale schaffte und dort vor 25 000 Zuschauern spielte. "Das war bisher mein schönstes Rugby-Erlebnis, auch wenn wir leider knapp verloren haben", erinnert sich der Reichenbacher.

Corona zerstört den Traum von Tokio

Dublin war für Rinklin der Durchbruch. Bei der U20-EM 2015 in Portugal war er bereits im Kader und 2019 gab er sein Debüt für die Rugby-Nationalmannschaft. Nur ein Jahr später sollte für ihn der Traum eines jeden Sportlers wahr werden – doch Corona verhinderte dies. "Wir haben die Quali für die Olympischen Spiele in Tokio verpasst, weil viele Turniere ausgefallen sind und dann andere Mannschaften vorgezogen wurden", bedauert Rinklin. Wenn die Elite des Rugby dieses Jahr – die Olympischen Spiele wurden aufgrund der Pandemie um ein Jahr verschoben – in Tokio dem Ei hinterherjagd ist Rinklin, wie bei der WM 2011, wieder nur Zuschauer. Doch das nächste große Ziel hat er schon im Blick. "Olympia 2024 in Paris ist der große Traum."

Corona hat zwar die Olympia-Teilnahme erst einmal platzen lassen, ansonsten kann Rinklin aber auch in Pandemiezeiten seinem Sport nachgehen. "Ich spiele 7er-Rugby und diese Variante wird im Gegensatz zum Rugby mit 15 Spielern als Profi-Sport bewertet. Das heißt im Gegensatz zu den Amateuren dürfen wir unter einem Hygienekonzept und mit regelmäßigen Corona-Tests trainieren. Ähnlich wie beim Bundesliga-Fußball." Der Unterschied: Während der Spielbetrieb in der Bundesliga weiter geht, ruht er im Rugby. "Ich hab im Februar 2020 mein letztes Spiel gemacht", so Rinklin, der für den SC Neuenheim an den Start geht.

Berufliche Zukunft als Ernährungsberater

Da Rugby in Deutschland eine absolute Nischensportart ist, kann Rinklin von seinem Sport nicht leben, auch wenn er als Profi gilt. Aber der 24-Jährige hat für die Zeit nach seiner aktiven Karriere vorgesorgt. Er hat ein Studium der Ernährungswissenschaften abgeschlossen, ist Sportsoldat bei der Bundeswehr und hat auch schon im Fitnessstudio "clever fit" in Lahr gearbeitet. Das Fitnessstudio und seine Freundin waren auch die Gründe, warum es ihn in die Region verschlagen hat. "Nach meiner Laufbahn arbeite ich vielleicht als Ernährungsberater", sagt er beim Blick in die Zukunft.

Gute Ernährung ist nicht nur beruflich sein Ding, sondern auch für den Rugby-Sport wichtig. "Gerade habe ich ein Hühner-Curry vor mir, was mich anlächelt", sagt Rinklin beim Telefonat mit der Lahrer Zeitung. In seinem Sport braucht er viel Muskelmasse bei geringem Körperfett-Anteil. "Dafür verzichte ich möglichst auf Zucker und verarbeitete Lebensmittel und greife auf Quinoa und Kichererbsen zurück. Und ich bin ein großer Fan von Reis", berichtet der Ernährungs-Experte und fügt lachend an: "Und ich brauche auch sehr viel zu essen."

"Nicolas ist ein sehr auffälliger Athlet, ist sehr ambitioniert und motiviert", wird Alexander Widiker, Leiter des Bundesstützpunkts und zugleich Rinklins Ausbilder auf der Internetseite des Deutschen Rugby-Verbands zitiert. "Er hat beinahe perfekte Voraussetzungen und ist auch noch recht jung. Wir erhoffen uns viel von ihm." In Paris soll sich 2024 zeigen, was mit dem Spätstarter aus Reichenbach alles möglich ist.