Die Lahrerin hat viele Fotos ihrer Kinder in ihrer Wohnung aufgehängt. Sie hat feste Besuchszeiten bei ihnen – einmal im Monat für drei Stunden. Foto: Schabel

Alleinerziehende Lahrerin fühlt sich von Behörden ungerecht behandelt.

Lahr - Das Jugendamt hat einer alleinerziehenden Lahrerin ihre vier kleinen Kinder weggenommen. Seit mehr als zwei Jahren kämpft sie darum, sie zurückzubekommen – vergeblich.

Die 34-Jährige hat sich an unsere Redaktion gewandt mit der Bitte, den Fall öffentlich zu machen.

Ihre Kinder sind heute zwischen zwei und sechs Jahren alt. Sie wurden im Spätsommer 2017 von Mitarbeitern des Jugendamts des Ortenaukreises aus der mütterlichen Wohnung ins SOS-Kinderdorf Sulzburg gebracht. Seither hat ihre Mutter fünf Klagen vor dem Freiburger Familiengericht eingereicht, um sie zurückzubekommen. Zunächst gab es noch mündliche Verhandlungen, die sie verlor. Ihre letzten beiden Klagen hat das Gericht dann nur noch schriftlich abgewiesen.

In der Begründung, die die Mutter unserer Redaktion gezeigt hat, heißt es: "Die Kinder sind im SOS-Kinderdorf gut aufgehoben. Die Mutter ist überfordert mit den Kindern und aufgrund ihrer starken Impulsivität nicht in der Lage, sie bei sich im Haushalt zu betreuen."

Die gebürtige Lahrerin hat den Berichterstatter zu sich nach Hause eingeladen, um ihre Sicht dazulegen. Es ist eine eher kleine, aber aufgeräumte und saubere Wohnung in der Nähe des Fachmarktzentrums. An den Wänden des Wohnzimmers hängen zahlreiche Fotos ihrer Kinder. Ihre Jüngste ist ein Mädchen, das drei Wochen alt war, als das Jugendamt kam. Außerdem hat die Frau "drei lebhafte, aber liebe Jungs". Im Kinderzimmer liegen Spielsachen für sie bereit. Die Kleider der Kleinen sind im Schrank fein säuberlich gestapelt. Sie vermisse ihre Kinder sehr und wünsche sich sehnlichst, sie wieder bei sich zu haben, sagt die Mutter.

Die Lahrerin hatte das Jugendamt selbst um Hilfe gebeten, da sie damals völlig erschöpft gewesen sei, wie sie erzählt. Ihre Jüngste habe in den ersten Wochen nach der Geburt nachts geschrien und geschrien. "Sie hat sich einfach nicht beruhigen lassen", sagt die Mutter. Außerdem sei einer ihrer Jungen morgens sehr früh wach geworden und habe sie dann noch zusätzlich auf Trab gehalten. So habe sie sich nicht ausruhen können. Denn auch tagsüber sei in den Kita-Ferien an eine Pause nicht zu denken gewesen. "In den ersten drei Wochen nach der Geburt meiner Tochter habe ich insgesamt fünf Stunden geschlafen. Ich war am Ende", verdeutlicht die Lahrerin, die vom Kindsvater damals allein gelassen worden ist.

In dieser Lage habe sie das Jugendamt um Hilfe gebeten, das ihre Kinder dann in Obhut nahm. Seither hat sie sie nicht zurückbekommen.

Die Lahrerin hat feste Besuchszeiten bei ihren Kindern – drei Stunden pro Monat. Die vier würden sich immer riesig freuen, sie zu sehen, und wollen auch unbedingt zu ihr zurück, betont sie.

Was sagt sie zum Vorwurf, sie sei sehr impulsiv? Sie habe bei den Verhandlungen vor Gericht bisweilen energisch widersprochen – das nimmt man ihr übel, glaubt sie. Und wie geht sie mit ihren Kindern um? "Wenn man vier kleine Kinder hat, die schreien, muss man auch mal die Stimme erheben, anders geht es nicht." Sie habe ihre Kinder aber nie geschlagen – das wirft man ihr auch nicht vor.

Und was meint sie dazu, dass sie allein mit ihren vier Kindern überfordert sein soll? Dafür habe sie jetzt eine Lösung, betont sie: Sie wolle mit den vier nach Kanada auswandern, wo ihr Vater mit seiner neuen Frau lebt. Die beiden würden sie dann bei der Betreuung unterstützen.

Das sagt das Jugendamt

Zum Fall der Mutter aus Lahr hat das Landratsamt auf Nachfrage mitgeteilt, dass es gute Gründe gibt, ihre Kinder in Obhut zu nehmen. Diese Gründe würden aber nicht in die Öffentlichkeit gehören.

 Heiko Faller, Leiter des Jugendamts des Ortenaukreises, äußert sich auf Nachfrage der LZ generell dazu, wann die Behörde Kinder in Obhut nimmt. Zu dieser Maßnahme greife man, "wenn eine dringende Gefahr für das Kindeswohl dies erfordert und der Schutz des Kindes nicht anders gewährleistet werden kann". Dabei folge man dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: "Erst muss geprüft wird, ob es keine weniger belastende Maßnahme gibt, die die Kindeswohlgefährdung beseitigt. Zusätzlich muss vom Familiengericht, wenn die Sorgeberechtigten einer Inobhutnahme nicht zustimmen, das Verwaltungshandeln überprüft und die Inobhutnahme bestätigt werden."

118 Inobhutnahmen habe es 2018 im Ortenaukreis gegeben, in ganz Baden-Württemberg seien es 3752 gewesen. Damit liege der Ortenaukreis im Vergleich leicht unter dem Landesschnitt.