Ein Großaufgebot an Polizei rückte am 24. Januar (Bild) zum Gasthaus "Deutscher Kaiser" in Rot am See an. Was die Beamten dort vorfanden, darum ging es am dritten Prozesstag in Ellwangen. Daraufhin brach der Angeklagte weinend zusammen.Foto: Gollnow Foto: Lahrer Zeitung

Verbrechen: Im Mordprozess Rot am See sagen Polizisten und der Haftrichter über die Festnahme aus

Im Prozess gegen Adrian S. wegen sechsfachen Mordes werden am dritten Verhandlungstag vor dem Ellwanger Schwurgericht sein Notruf bei der Polizei vorgespielt und Bilder vom Tatort gezeigt. Da bricht der 27-Jährige plötzlich zusammen.

Lahr/Ellwangen. Heftige Szenen spielten sich am Mittwoch im Ellwanger Mordprozess ab. Der Angeklagte Adrian S. brach im Saal weinend zusammen, als Beweismittel vorgelegt und vorgespielt wurden. Der Notarzt musste kommen, der Prozess wurde für diesen Tag abgebrochen.

Voraus ging die Beweisaufnahme des Sechsfach-Mordfalls. Fast genau 20 Minuten lang hat es gedauert, das Gespräch zwischen Adrian S. und dem Polizisten im Führungs- und Lagezentrum Aalen am 24. Januar. "Es war das heftigste Telefonat meines Lebens", sagt der 36-Jährige Polizist. 20 lange Minuten hält er den 27-Jährigen in der Leitung, bis endlich seine Kollegen in Rot am See (Kreis Schwäbisch Hall) eintreffen und den Mann festnehmen, der um 12.49 Uhr selbst die Notrufnummer wählte um zu sagen: "Ich will mich ergeben. Ich habe blutrünstige Monster ermordet."

Weitere Ärzte werden als Zeugen geladen, um Klarheit zu schaffen

Kurz zuvor hat Adrian S., der aus Lahr stammt, im familieneigenen Gasthof "Deutscher Kaiser" mutmaßlich seinen Vater, seine Mutter, seinen Bruder und seine Schwester sowie seine Tante und ihren Mann erschossen sowie zwei weitere Verwandte lebensgefährlich verletzt. Nun muss er sich vor dem Landgericht wegen sechsfachen Mordes verantworten, er hat die Taten gestanden.

Das hat der sprachgewandte, kluge junge Mann mit bemerkenswerter Klarheit und Ruhe getan, ohne zu beschönigen, ohne sich zu schonen. Aber er will verstanden werden. Dass die Mutter ihn vergiftet habe, das betont er immer wieder, sei Fakt. Sein Verteidiger lässt dazu Ärzte als Zeugen laden, die bei einem Klinikaufenthalt vor acht Jahren angeblich die Manipulation mit synthetischen weiblichen Estrogenen in seinem Blut festgestellt hätten.

Der Vormittag des dritten Verhandlungstages nimmt den 27-Jährigen sichtlich mit. In den ersten beiden Minuten des Telefonats vom Januar ist Adrian S. kaum zu verstehen, so schwer schnauft er ins Telefon. Er nennt dem Beamten seinen Namen, seine Heimatadresse, fünf Menschen, er zählt die Toten auf, die drinnen und draußen liegen. Der Polizist schickt Kollegen vom Polizeirevier Crailsheim los und tut alles, um den Anrufer in der Leitung zu halten – und fern von der Pistole: "Die liegt gerade vor mir auf dem Tisch." "Liegen lassen!" befiehlt der Polizist. "Erzählen Sie mir, was vorgefallen ist". Und Adrian S. erzählt.

Dass er die Pistole vorgestern gekauft hat. Dass er seine Mutter habe töten wollen, weil sie ihn misshandelt habe, dass er seine Neffen habe laufen lassen und dass seine Oma an Krebs gestorben sei, "da wusste ich, dass alle vorbeikommen." Zwischendurch legt er auf, nimmt den Hörer aber ab, als der Polizeibeamte sofort wieder anruft. "Wie lange dauert das noch?", will Adrian S. wissen.

Der Polizist will wissen, wie die Toten heißen und wann die Oma geboren ist, er lässt sich den Nachnamen von Onkel und Tante buchstabieren, um die Zeit zu überbrücken. Dann sind seine Kollegen da.

Mit einer Bodycam dokumentiert ein Beamter, was sie im "Kaiser" vorfinden. Adrian S. schaut beim Prozess nicht hin, er kann nicht. Die Mutter liegt in der Küche vor dem Herd in einer Blutlache, der Vater auf der Treppe zum zweiten Obergeschoss, Bruder und Schwester dicht beieinander nahe der Ausgangstür zum Hinterhof. "Ach Gott", hört man einen Polizisten sagen, "vier!". Es werden am Ende sechs Tote sein. Auf dem Hof findet man Onkel und Tante.

Adrian S. habe bei seiner Festnahme klar und ruhig gewirkt, sagt ein Polizist. Er wisse, was er getan habe, soll er gesagt haben: "Ich habe die Waffe nur deswegen gekauft." Nächste Woche soll der Prozess weitergehen.