Die Schauspieler der Inszenierung schlüpften in unterschiedliche Rollen. Foto: Wilhelm Foto: Lahrer Zeitung

Theater: Stück zeichnet Geschichte von "Lehman Brothers" nach

Lahr. In einer nachdenklichen, letztendlich aber auch temporeichen und unterhaltsamen Theaterinszenierung des "A-gon Theaters München" ist im Parktheater der Aufstieg und Fall der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers nachgezeichnet worden.

Zehn Jahre nach der Insolvenz der amerikanischen Investmentbank und der daraus folgenden größten Finanzkrise des 21. Jahrhunderts scheinen die Ereignisse von damals weitestgehend aus dem kollektiven Gedächtnis entfleucht. Für die Betroffenen sind sie aber nach wie vor präsent. Die Stadt Freiburg beispielsweise platzierte 2008 kurz vor dem Zusammenbruch 47 Millionen Euro bei dem Bankhaus. Vielleicht ist auch dem einen oder anderen Zuschauer der launigen Nachbereitung im Parktheater das Lachen am Ende schwergefallen.

Lehmans kommen aus der Nähe von Würzburg

Der finalen Apokalypse geht dabei eine 150-jährige Familien- und Firmengeschichte voraus, die in Rimpar, einem Örtchen bei Würzburg, seinen Ursprung nahm. Von dort emigrierten die Lehmans Mitte des 19. Jahrhunderts nach Montgomery, Alabama und begründeten mit ihrem Tuchwarenhandel den Beginn eines weltweiten Imperiums. Im Zeitraffer beschreibt der Autor Stefano Massini, wie die Lehmans auf der Welle des zügellosen Kapitalismus nach oben schwimmen konnten und bis zum Zusammenbruch lange Zeit Chancen nutzen und Risiken umschiffen konnten. Großartig wurde herausgearbeitet, wie der jeweilige Protagonist sein individuelles Erfolgsrezept entwickelt.

Wie ein sich immer schneller drehendes Karussell präsentiert die Inszenierung alle Schlüsselbereiche der Wirtschaftsentwicklung der USA: Baumwollhandel, Erfindung der Jeans, die Entwicklung der Eisenbahn, der Bau des Panamakanal, Erdöl und die Kriegsinvestitionen bis hin zu Film und Fernsehen und letztendlich das Computerzeitalter. Und wie die Lehmans jeweils an dem entsprechenden Geschäftsfeld profitierten.

Regisseur Johannes Pfeiffer inszeniert diese Familiensaga wie eine Revue. Die versförmige Sprache unterstützt diese sehr rhythmische, kurzweilige Dramaturgie. Atemberaubend ist die Leistung der Schauspieler. Oliver Severin, Paul Kaiser, Nikola Norgauer, Konstantin Gerlach, Wolfgang Mondon und Sebastian Gerlach schlüpfen in mehr als 30 Rollen und bedienen abwechselnd auch noch die Rolle des neutralen Erzählers. Dennoch schaffen sie es meistens, die unterschiedlichen Ausprägungen der Charaktere und ihre jeweilige Erfolgsfaktoren für die Lehman Entwicklung herauszuarbeiten.

Mit dem zunehmenden Tempo, in dem die Lehmans auf die Katastrophe zusteuerten, nahm auch die Inszenierung Geschwindigkeit auf, wird fast turbulent. Für den Zuschauer macht das die 160 Minuten kurzweilig, es bleibt jedoch offen, inwieweit die Grenzen der menschlichen Begehrlichkeit im kollektiven Gewissen bleibt.