Lahrer im Herzen: Oberbürgermeister Müller bei seiner Abschiedsrede Foto: Lahrer Zeitung

Wolfgang G. Müller dankt für das entgegengebrachte Vertrauen der Lahrer.

Lahr - "Bewahren wir unsere Identität als Alt-Lahrer und als Neu-Lahrer, aber tragen wir bei zu einem vielfältigen, gemeinsamen Lahr!": Diese Botschaft hat Wolfgang G. Müller in seiner Abschiedsrede als Oberbürgermeister den Bürgern ans Herz gelegt.

"Wir alle dienen in der ein oder anderen Art dieser Gemeinschaft, die sich Stadt Lahr nennt", sagte der OB. "Dass Sie mich drei Mal als Oberbürgermeister gewählt und damit quasi als den ersten Bürger bestimmt haben, erfüllte mich mit tiefer Dankbarkeit, und erst recht bin ich davon erfüllt, wenn ich auf diese nahezu 22 Jahre zurückblicke", so Müller.

"Mein Grundverständnis von den Aufgaben eines Oberbürgermeisters war und ist, über den Tellerrand der Gemarkung hinauszuschauen und die Stadt Lahr gut zu vernetzen in der Region", machte der scheidende OB zum Thema "Lahr in der Region" deutlich. Zum Stichwort "Lahr international" zitierte Müller seinen Vorgänger Werner Dietz, wonach zu Zeiten der Kanadier Lahr in Kanada "bekannter als Bonn" war. "Ich habe es immer für wichtig gehalten, politisch keine Nabelschau zu betreiben, sondern in die Ferne zu blicken", betonte Müller. Deshalb halte er neben Kanada, Frankreich und Costa Rica auch die Kontakte von Lahr mit Japan, China oder Russland für wichtig.

"Wenn ich nun gehe, stelle ich mir natürlich auch selbst die Frage, habe ich gehalten, was ich Ihnen 1997, 2005 und 2013 versprochen habe", so Müller weiter. Das sei sein persönliches Erfolgsbarometer, auch wenn eine Stadt in vielen Dingen auch von übergeordneten Entwicklungen abhängig sei – etwa beim Bahnausbau, der Aufnahme von Flüchtlingen oder bei Standortentscheidungen von Konzernen. Im Wahlkampf 1997 sei er für mehr Bürgernähe und Unabhängigkeit, für einen runden Tisch von Verwaltung, Handel und Gewerbe, für die Schaffung und den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, für Energieeinsparung und landschaftsschonende Flächennutzung sowie für die Stärkung des Vereinslebens und des ehrenamtlichen Engagements angetreten. Was davon mehr gelungen sei und was weniger, lasse sich teilweise an Zahlen und Projekten ablesen, etwa bei Investitionssummen, der Chrysanthema oder der Landesgartenschau. "In Anspruch nehmen will ich für mich, dass es mir immer ein Anliegen war, Menschen und Positionen zusammenzubringen an einen Tisch und nicht zu trennen oder inhaltlich zu polarisieren", betonte Müller.

Er sei stets Anhänger der Maxime gewesen, dass Wirtschaft, Umwelt und Soziales voneinander abhängen und sich ergänzen, sagte Müller. "Und ebenso wichtig: Unterschiedliche Nationalitäten, Mentalitäten und Kulturen sind keine Bedrohung untereinander, sondern eine Bereicherung füreinander", so der OB. "Lassen wir in diesem Wollen für das Gemeinsame, für das Einende niemals nach", appellierte Müller an die Bürger der Stadt: "Seien wir Lahrer oder Lahrerin in unserer Rolle im Verein, im Unternehmen, in Kirchen und Verbänden, im Haupt- oder Ehrenamt und vor allem: im Herzen!"

Die Anekdoten über OB Müller

Die Frage der Anrede: In seiner Abschiedsrede erinnerte Müller an den verstorbenen Obdachlosen Alfons Nowack. Der habe ihn gefragt, wie er ihn ansprechen solle. "Ich erwiderte, wenn ich offiziell unterwegs bin, gerne als Herr Oberbürgermeister. Ansonsten ist Dr. Müller oder Herr Müller okay", erzählte der OB. Nowack habe darauf gesagt: "Ja, gut, dass ich das jetzt weiß. Wir, die wir in der Öffentlichkeit stehen, haben es ja nicht einfach."

Die Nackte im Ernet: Bei einer Bürgersprechstunde habe ihn eine Dame aus dem Ernet bei zwei Problemen um Hilfe gebeten: 1. Die zum Trocknen im Garten aufgehängte Wäsche würde immer wieder gestohlen. 2. Die Nachbarin auf der anderen Straßenseite würde nackt in der Wohnung herumlaufen. "Herr Oberbürgermeister, helfen Sie!", so die Frau. Müller: "Ob es zwischen der Nacktheit und der gestohlenen Wäsche einen Zusammenhang gab, haben wir nie herausgefunden."

Fitte Jubilare: "Die Besuche bei Jubilaren sind in Städten unserer Größenordnung noch möglich", sagte der OB. Oft seien die Jubilare noch erfrischend fit und gut aufgelegt, so Müllers Beobachtung. Wiederholt habe er beim Besuch von 90-Jährigen auf die Frage "Wie geht es Ihnen" die Antwort erhalten: "Herr Oberbürgermeister, mir geht es gut, aber wissen Sie, um mich herum gibt es nur alte Leute."