Martin Pauly mit der Chronik seines Vaters Traugott Pauly. Am Samstag hat er diese der Gedenkstätte übergeben. Foto: Bohnert-Seidel

Gedenken: Der Lahrer Martin Pauly überreicht der Gedenkstätte Buchenwald Chronik und Dokumentation seines Vaters

Lahr - Nach 70 Jahren erhält die Gedenkstätte Buchenwald erstmals eine Chronik in Dokumenten, Urkunden, Briefen und Bildern eines ehemaligen Häftlings aus den Jahren von 1945 bis 1950. Martin Pauly aus Lahr hat die Chronik seines Vaters Traugott Pauly zusammengestellt.

Mehrere Jahre im Lager beim kleinsten Verdacht 

Das Internierungslager Buchenwald wurde von 1945 bis 1950 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers genutzt, um Gefangene ohne Gerichtsurteil aus der sowjetischen Besatzungszone festzuhalten. Zu den Internierten gehörten tatsächliche oder vermeintliche NS-Verbrecher und Menschen, die aus der Sicht der sowjetischen Geheimpolizei ein Sicherheitsrisiko darstellten.

Für eine mehrjährige Inhaftierung reichte damals bereits der geringste Verdacht. Zu den 28 000 Inhaftierten zählte auch Traugott Pauly, Jahrgang 1904, der nach seiner Haft von Halle an der Saale nach Lahr gezogen ist. Pauly hat sein Leben in einer nahezu lückenlosen chronologischen Dokumentation von Zeugnissen, Briefen, Urkunden aus den Jahren 1939 bis 1950 festgehalten. Diese Dokumentation hat sein Sohn am Samstag im Original und Kopien an die Gedenkstätte Buchenwald übergeben.

Von Schutzpolizei als Dolmetscher beschäftigt

Traugott Pauly betrieb in Halle einen Kolonialwarenladen. Da er mehrere Fremdsprachen wie Spanisch, Französisch und Italienisch beherrschte, wurde er von der Schutzpolizei als Dolmetscher beschäftigt.

Nachdem die amerikanischen Streitkräfte im April 1945 in Halle eingezogen waren, habe Felix Graf von Luckner schriftlich bestätigt, dass Traugott Pauly Verfolgte geschützt und versteckt habe.

"Mein Vater war fünf Jahre zu unrecht in Lagerhaft", erzählt Martin Pauly. Ohne formelles Gerichtsverfahren wurde er fünf Jahre von einer Operativen Gruppe des Volkskommissariats für Innere Angelegenheit der UdSSR verhaftet. Zur Last gelegt wurde ihm, ohne Überprüfung der Dokumente, eine Mitgliedschaft in der SS und der Gestapo, obwohl die Papiere dies widerlegt haben sollen. Bei Haftantritt habe Traugott Pauly 100 Kilo gewogen.

Vater hat in der Haft 50 Kilo verloren

Als er im April 1950 aus der Haft entlassen worden ist, war er ausgezehrt, die Zähne ausgeschlagen und er wog nur noch 50 Kilo. Gebrochen hätten ihn diese fünf Jahre nicht. Sein Sohn kannte ihn als lebensfrohen Menschen. Über die Haft selbst und seine Behandlung habe er am Familientisch nie berichtet.

Aber ein Leben lang verfolgte ihn der Geruch von verbrannten Leichen und das Bild, wenn morgens im Lager die toten Körper ausgeräumt wurden, so sein Sohn. Von 28 000 Inhaftierten seien 7000 gerstorben und teilweise in Massengräbern verscharrt worden.

Die Hoffnung nicht verlieren 

Trotz Krankheit und dem Tod vor Augen gelang es einigen Häftlingen die Hoffnung nicht zu verlieren. Im Besitz von Familie Pauly befindet sich ein Bild, das im KZ gemalt wurde. "Die Grundlage für die Schraffur sind Brotkrumen", weiß Martin Pauly. Die Farben scheinen von Wänden abgekratzt worden zu sein. Das Bild zeigt im Kontrast zur Umwelt eine schöne heile Winterlandschaft.

Die Lebensumstände im Lager lassen sich für Martin Pauly durch die Dokumentation seines Vaters nachvollziehen. Bis heute liegen der Gedenkstätte keine ähnlichen Biografien vor. Das Unrecht, das vielen Inhaftierten von damals widerfahren ist, ist bis heute nicht anerkannt worden. Martin Pauly wird mit der Geschichte seines Vaters einen Anfang machen.