Rudi Rhode verkörpert Rio Reiser, der mit dem Song "König von Deutschland" seinen größten kommerziellen Erfolg hatte. Foto: ha

Musikalisches Kammerspiel im Schlachthof erinnert an Rio Reiser. "Soundtrack der Revolte".

Lahr - Rudi Rhode vom Wuppertaler "Basta Theater" hat in Lahr ein vor allem musikalisch überzeugendes Gastspiel abgeliefert. Sein Kammerspiel auf den Spuren von Rio Reiser skizzierte eine Persönlichkeit zwischen Kunst und Kommerz, Poesie und Politik.

"Wenn Bob Dylan mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wird, sind die Lahrer Literaturtage mit ihrer Hommage an Rio Reiser in bester Gesellschaft", betonte Brigitte König am Samstagabend bei der Begrüßung der rund 50 Zuschauer im Schlachthof. Die Leiterin der Mediathek und Initiatorin der Literaturtage "Orte für Worte" griff dabei keineswegs zu hoch.

Der 1950 in Berlin geborene Ralph Christian Möbius zählt zu den wichtigen Persönlichkeiten der deutschen Musikszene, steht aber auch für den revolutionären Geist einer im Zuge der "68er" politisierten Jugend. Mit seiner Band "Ton Steine Scherben" hat er ab 1970 den Soundtrack zur Revolte, dem Aufstand gegen das verkrustete Establishment beigesteuert. Rio Reiser, wie er sich selbst genannt hat, ist aber auch als höchst widersprüchliche Persönlichkeit in die Geschichte eingegangen. Ein zorniger, kompromissloser Anarchist, aber auch ein eher scheuer Homosexueller auf der Suche nach Liebe und Wärme.

Ein Polit-Rocker, der mit Popsongs Erfolg hatte

Ein Polit-Rocker, der die politischen Hymnen einer bewegten Zeit geschrieben hat. Der aber auch für seichte Popsongs verantwortlich zeichnet, nach der Veröffentlichung des Songs "König von Deutschland" plötzlich als "Schlager-Fuzzi" und Verräter an der Sache dastand. Rio Reiser wurde nur 49 Jahre alt, er starb am 20. August 1996 in Fresenhagen/Nordfriesland.

Rudi Rhode, der Mann hinter den "Basta Theater" aus Wuppertal nähert sich Rio Reiser mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Gespür. Sein musikalisches Kammerspiel zeichnet erzählend nach, lässt aber auch in reduzierten, aber wunderbar authentisch angelegten Einschüben die Songs von Rio Reiser aufleben. Der Mann aus dem Ruhrpott ist mit der Musik der "Scherben" aufgewachsen, zeichnet Songs wie "Macht kaputt, was euch kaputt macht" und "Keine Macht für niemand" wunderbar reduziert mit Akkordeonbegleitung und rauchiger Stimme nach. Er lässt Udo Lindenberg, Andreas Bader und andere zu Wort kommen, skizziert so den Kampf um die Urheberschaft am Deutschrock, den kontraproduktiven Verrat an der Diktatur des Proletariats.

Niemand hat so oft in einem besetzten Haus gespielt wie die "Scherben". Rio Reiser ist wohl der einzige deutsche Musiker, zu dessen Tod sogar das Bundeskriminalamt, sein ständiger Begleiter, kondoliert hat. Rudi Rhode macht durchaus klar, welche Seite von Rio Reiser seine persönliche Sympathie besitzt. Das satirische, aber durch und durch poppige "König von Deutschland", lässt er vom Band einspielen und mimt dabei die royal herausgeputzte Marionette. Danach geht es vor das Tribunal der alten Weggefährten, die den Verräter für immer und ewig verdammen.

Politisches Engagement von Rio Reiser

1990 wurde Rio Reiser Mitglied der PDS. Als Motiv führte er in Interviews an, dass er sich "immer für Außenseiter eingesetzt" habe. Die PDS benutzte sein "König von Deutschland", gesungen von einem Kinderchor, als Wahlkampfsong, was unter anderem dazu führte, dass das Original kaum mehr im Radio gespielt und der Videoclip von Viva boykottiert wurde.