Lahr - Die Stuttgarter Schauspielbühne hat am Dienstag "Richard III." von William Shakespeare im Parktheater gespielt. Ein grandioser Max Tidof als Richard und eine solide Leistung des Ensembles haben die Schwächen des Dramas gut kaschiert.

Ein einheitliches Bild auf der Bühne, schaurig und düster, hat die gesamte Handlung getragen. Richard Gloucester (Max Tidof) hat mit dem berühmten Monolog seinen ersten Auftritt. Der hinkende und missgestaltete Richard schwört, da er von der Schönheit der Welt ausgeschlossen ist, ein Bösewicht zu sein. Am Ende der englischen Rosenkriege, dem Streit der Nebenlinien York und Lancaster, räumt Richard, wie Shakespeare ihn darstellt, skrupellos alle Mitbewerber um den Thron beiseite.

An der Leiche des getöteten Heinrich VI. umgarnt Richard Anne (Kim Zarah Langner), die Witwe. Hier ist die eklatante Schwäche des Dramas unübersehbar. Richard ist die zentrale Figur des Stücks. Der Autor Shakespeare hat aber Anfang der 1590er-Jahre noch lange nicht die Klasse, einen Hamlet mit einer noch größeren Dominanz der Hauptfigur zu schaffen. Der Mangel steckt also im Original-Text. Alle Darsteller und Regisseur Manfred Langner machen aus der Not eine Tugend und versuchen, diesen Makel nicht irgendwie zu überspielen. So hat Richard, egal wo und wie er auftritt, die Bühne immer für sich. Dass da die anderen Darsteller hölzern und maskenhaft wirken und agieren, lässt sich mit diesem Drama auf der Theaterbühne auch nicht unterbinden. Umgekehrt wirken in den wenigen Szenen, die es ohne Richard gibt, alle Schauspieler wie befreit. So ist Anne in einer zweiten Rolle, die der "Hexe" Margeret, plötzlich eine Klasse für sich. Dabei ist diese Figur im Text eigentlich eine der schwächsten.

Ähnlich verhält es sich mit dem gesamten Hofstaat und den Einwohnern der Stadt. Die vielen Rollen besetzen die Darsteller des Ensembles doppelt, mitunter sogar dreifach. Lediglich Königin Elisabeth (Stephanie von Borcke) oder Catesby (Martin Böhnlein) füllen eine Rolle gut aus.

Eine sehr arrangierte Szene ist Richard im Büßerhemd, unmittelbar bevor er die ersehnte Krone von den Londoner Honoratioren entgegennimmt. Richard und seine Kompagnons wirken hier wie Gespenster. Damit erhält die Figur hier einmal das Recht, innerhalb der Dramatik und der Tragik wirklich auch clownesk zu agieren.

Es ist – nicht nur bei Shakespeare – die Mischung aus Komödie und Tragödie, die ein wesentliches Element der Unterhaltung des Theaters in der Renaissance ausgemacht hat. Hier hat das Ensemble am Dienstag etwas Einmaliges geschaffen. Einen Vorwurf, dass Tidof als Hauptfigur alle ausnahmslos an die Wand spielt, kann man nur dem Urheber William Shakespeare machen. Das Ensemble hat dies – dafür ein ausdrückliches Lob – nirgendwo kaschiert. Die Rollen, das Zusammenspiel, Bühnenbild und die wenigen Musikeinlagen bei Szenenwechseln haben das bestmögliche aus diesem Drama auf einer Theaterbühne gemacht.

Das Theaterstück "Richard III"

Warum "Richard III.", der vierte Teil der York-Tetralogie (neben den vorher verfassen drei Teilen von Heinrich VI.) immer noch so populär ist, liegt nicht an der Herausforderung, den Text gut zu inszenieren. Der Schurke Richard mit allen theatralischen Möglichkeiten alleine ist es, warum dieses frühe Drama – im Gegensatz den drei Teilen Heinrich VI. – immer wieder aufgeführt wird. Die Trilogie, verbürgt der erste Kassenschlager des aufstrebenden Dramatikers, wird – völlig zu Recht – heute kaum noch gespielt.