Symbolfotos: ang Foto: Lahrer Zeitung

Europäischer Gerichtshof stärkt die Konkurrenz im Internet

Ausländische Versandapotheken müssen sich nicht an die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente halten, hat der Europäische Gerichtshof kürzlich entschieden. Lahrer Apotheker fürchten die Konsequenzen dieses Urteils.

Lahr. "Das Apothekensterben wird zunehmen", so Renate Brenner. Die Seniorchefin der Apotheke am Storchenturm sieht es kommen, dass Patienten zu Online-Versandapotheken abwandern werden, die jetzt Rabatte anbieten dürfen. "Die Kunden werden die Boni mitnehmen wollen", gibt sie sich keinen Illusionen hin.

Bisher galt in Deutschland für alle rezeptpflichtigen Medikamente der selbe Preis – egal ob ein Patient nach dem Arztbesuch in die nächstgelegene Apotheke ging oder seine Medikamente von zu Hause aus im Internet bestellte. Seit wenigen Tagen aber dürfen ausländische Versandapotheken Rabatte anbieten, eine Möglichkeit, von der Marktführer DocMorris sofort Gebrauch gemacht hat: Die niederländische Versandapotheke kündigte zwei Euro Rabatt pro verschriebener Medikamentenpackung an. Und die ebenfalls niederländische Europa-Apotheek bietet jetzt einen Rabatt an, der mit dem Preis des Arzneimittels steigt. Je teurer die Arznei, desto größer der Preisnachlass.

"Der Wettbewerb hat schon begonnen", kommentiert Hermann Hauer diese Entwicklung. "Die Konkurrenz ist schon da, und sie wird größer werden", so der Inhaber der Lamm-Apotheke. "Jeder Apotheker in Lahr ist davon berührt", stellt er fest.

Nun gibt es auch im Inland Befürworter des Gerichtsurteils, die vornehmlich aus den Reihen von Patientenverbänden kommen – Medikamente könnten günstiger werden, angeblich verkrustete Strukturen aufbrechen, lautet ihre Sichtweise.

Ganz anders argumentieren Lahrer Apotheker, für die die Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten übrigens nach wie vor besteht, selbst wenn sie nebenbei einen Online-Shop betreiben – Rabatte dürfen nur ausländische Versandapotheken gewähren. Renate Kronauer-Gruber, Inhaberin der Löwen-Apotheke, verweist etwa auf die besonderen Versorgungsleistungen der Apotheken: Jede Nacht sowie jeden Sonn- und Feiertag sei eine Apotheke in Lahr erreichbar. Jede Lahrer Apotheke habe alle 15 Tage einen 24-Stunden-Notdienst zu leisten, was bedeutet, dass der Inhaber oder ein Stellvertreter – auf jeden Fall aber ein ausgebildeter Apotheker – die Nacht über im Geschäft erreichbar ist. Renate Kronauer-Gruber: "Ausländische Versandapotheken leisten keinen Notdienst vor Ort." "Und sie erklären den Patienten auch nicht, wie ein Blutdruck- oder Blutzuckermessgerät funktioniert", ergänzt Renate Brenner.

Wenn der Patient nicht mehr in die Apotheke kommen kann, komme die Apotheke zu ihm, betont Kronauer-Gruber und verweist auf den Lieferservice niedergelassener Apotheken. Selbst beim Faktor Schnelligkeit sei man der Konkurrenz im Internet überlegen, so Renate Brenner: "Wir werden achtmal täglich mit Arzneimitteln beliefert. Sollte ein gewünschtes Medikament nicht vorrätig sein, erhalten wir es innerhalb von zwei Stunden."

Hoffen auf den Gesundheitsminister

Niedergelassene Apotheker würden obendrein Rezepturarzneimittel herstellen, eine persönliche und gute Beratung sowie menschliche Zuwendung bieten, hebt Renate Kronauer-Gruber hervor. Und doch fürchtet sie, Kunden ans Internet zu verlieren: "Sobald ein Preiswettbewerb möglich ist, wird er genutzt."

"Abwarten, welche Richtung die Politik jetzt einschlägt", konstatiert Hauer. Hat doch das Bundesministerium für Gesundheit als Reaktion auf das EU-Urteil angekündigt, ein Gesetz vorzubereiten, um den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Deutschland zu untersagen. "Das wäre ein Lösungsansatz", so Renate Brenner.