Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Familienrichterin Dorothee Granderath erklärt Teilnehmern eines VHS-Deutschkurses ihre Arbeit

Welche Aufgaben hat das Lahrer Amtsgericht? Der VHS-Kurs "Einstieg Deutsch" hat das herrschaftliche Gebäude aus der Gründerzeit in der Turmstraße am Freitag besucht. Familienrichterin Dorothee Granderath erklärte ihre Arbeit.

Lahr. Ein Ziel, des Kurses war, dass die Lahrer mit ausländischen Wurzeln die Normalität hinter der beeindruckenden Fassade des Gerichts erleben sollten. Das gelang nach Theorie – unter anderem einer kurzen Erklärung von Begriffen wie Parlament, Verwaltung und Gericht – vor allem durch eine sehr lebendige Diskussion.

Da Begriffe wie "Gewaltenteilung" oder "Zwang" und "Rechte samt Regeln" nicht nur auf Deutsch viele Erklärungen nach sich ziehen, gab es unter den Besuchern einige Übersetzer. Das waren entweder Kursteilnehmer oder Dozenten. Es galt, die Ausführungen der Richterin in Englisch, Arabisch, Türkisch, Urdu (für Pakistani) und Farsi (für Iraner) zu übertragen. Ein "Tohuwabohu" (ein hebräischer Begriff aus dem Alten Testament) ist aber ausgeblieben. Granderath sprach langsam, da alle sich bemühten, ihre Ausführungen zu verstehen, und es gab Pausen, da vieles doch übersetzt werden musste. Das funktionierte gut – sogar bei einer längeren Diskussion.

Die Teilnehmer hatten mehrere Wochen intensiv Deutsch gelernt. Daher war die deutsche Sprache bei dem rund zweistündigen Besuch tatsächlich der größte gemeinsame Nenner.

Die meisten Besucher zeigten Interesse an den Ausführungen Granderaths. Die Richterin am Lahrer Familiengericht hat Erfahrungen mit zwischenmenschlichen Konflikten. Sie konnte abstrakte Begriffe daher recht gut erklären, indem sie Beispiele präsentierte: Das Grundgesetz, bestimmt die Rechte aller Menschen. Es gebe da aber auch Pflichten, die ebenfalls in der Verfassung stehen. Eine Freiheit, hier eine relativ neue Errungenschaft, sei, dass Männer andere Männer heiraten können. Das gelte auch für Frauen.

Die Richterin appelliert, auf Gewalt in der Erziehung zu verzichten

Diese Freiheit sei, das gehöre hier unbedingt dazu, allerdings auch nur eine Möglichkeit, so Granderath. Es könnten natürlich auch Männer Frauen und umgekehrt ehelichen. An alle männlichen und weiblichen Besucher gerichtet, klang das dann so: "Niemand kann Sie zwingen, mit einer anderen Frau verheiratet zu sein."

Hier schloss sich eine lebhafte Diskussion an, die erkennen ließ, dass es ein sehr unterschiedliches Verständnis von bestimmten Begriffen gibt. Granderath zeigte das notwendige Fingerspitzengefühl, eine Weile zu diskutieren und dann auch zu erklären, dass es immer Grenzen geben würde. Damit beendete sie eine Debatte, die sich festgefahren hatte. Wichtig war der Richterin, klarzustellen, dass es in Deutschland ein generelles Gewaltverbot gibt. Da betreffe – zum Beispiel – Männer, Frauen und die Kinder in einer Familie.

Granderath betonte, das Gewalt in der Erziehung ausgeschlossenen ist. "Wir alle müssen Kinder in unserer Gesellschaft schützen." Ein Argument, das alle Zuhörer am Freitagvormittag im Amtsgericht ohne Wenn und Aber verstanden haben.

Das Gebäude des heutigen Amtsgerichts ist zwischen 1899 und 1901 errichtet worden. In Lahr werden in der ersten Instanz Strafverfahren, zivile Streitigkeiten, Familien- und Betreuungsangelgenheiden verhandelt, nicht aber Verwaltungsverfahren. In Strafverfahren ist das Amtsgericht als "Eingangsinstanz" zuständig, wenn bei dem zu verhandelnden Delikt Freiheitsstrafen von nicht mehr als vier Jahren möglich sind. Bei Delikten, die eine höhere Strafe nach sich ziehen können, ist das Landgericht Offenburg in erster Instanz zuständig. Seit dem 1. Januar ist das Amtsgericht Lahr auch für Nachlasssachen zuständig. Das zuvor zuständige Notariat Lahr wurde aufgelöst.