Kultur: Simone Solga gastiert mit ihrem Programm "Das gibt Ärger" im Schlachthof

Lahr (ha). Simone Solga, die "Kanzlersouffleuse", hat bei ihrem zweiten Besuch in Lahr politisches Asyl beantragt. Die Kabarettistin aus Leipzig hat die Schnauze gestrichen voll und rechnet noch einmal gnadenlos ab.

Raus aus dem Dunstkreis von Angela Merkel und dem Mief des Kanzleramts, rein in den Zug und möglichst weit weg von Berlin. Simone Solga hat der Kanzlerin schon viel zu lange zugeflüstert und diplomatisch immer wieder die Kuh vom Eis gezerrt. Raus aus dem Kanzleramt, bevor alles den Bach runtergeht.

Kanzlerin ruft auf dem Handy an

"AKK" klingt für Simone Solga sowieso eher nach einer Terrororganisation, als nach einem seriösen Arbeitgeber und an die Auferstehung der "Sozis" glaube ohnehin keiner mehr, so Solga. Wer auch immer nachkommt: "Die Schuhe sind zu groß, die Jacke zu klein, die Birne zu leer". Simone Solga beantragt in Lahr also erst einmal Asyl. Auf der Tasche liegen will sie aber niemandem. Für den Abend im Schlachthof hat sie eine Brotzeit mitgebracht, der Umschlag für das Kündigungsschreiben, dass sie am Ende der Vorstellung einem Zuschauer in die Hand drückt, ist ordentlich frankiert.

Bevor es richtig losgeht klingelt erst einmal ihr Handy. Auch am Sonntagabend ist es die Kanzlerin. Es wird beinahe zärtlich geflüstert, die gemeinsamen Jahre verbinden ebenso wie die ostdeutsche Biografie. Solga nimmt in ihrer Abrechnung trotzdem kein Blatt vor den Mund. Sie seziert das politische Geschehen mit präzisem Schnitt, beleuchtet die Großwetterlage mit rabenschwarzem Humor.

Es geht dabei nicht immer ganz stubenrein zu. Solga liebt das Zwischenspiel, den Blick unter das Sofa und in den Alltag. Ihr Blickwinkel ist immer eigen, die Kindheit in der DDR schwingt nach. Alle wollten schon damals Indianer spielen, erzählt sie. Der Cowboy, ein prekär beschäftigter Landwirtschaftshelfer, taugte allenfalls als Symbol des amerikanischen Imperialismus.

Solga schiebt einen kleinen Exorzismus in ihr Programm, treibt "Teufel Trump" und "Vladimir Luzifer Putin" aus und würde die AfD gerne hinterherjagen. Gegen sexuelle Belästigung mögen stählerne Schlüpfer mit Zahlenschloss helfen, gegen ewig Gestrige und Extremisten brauche es allerdings deutlich mehr, so Solga. Sie marschiert deshalb zum Hassprediger um die Ecke und redet einmal so richtig Tacheles. Sie landet beim Ökowahnsinn und der Frage, ob Meisenknödel das Vollkornbrot ersetzen können.

In der westlichen Welt hat die Angst vor dem Essen die Angst vor dem Hunger abgelöst. Fluchtursachen gibt es aber nicht nur in Afrika in Hülle und Fülle. Die Welt ist ein Tollhaus, in dem sich auch das politische Klima immer mehr zu erhitzen scheint. Simone Solga wird am Ball bleiben, das neue Programm für die Zeit nach der ewigen Kanzlerin ist längst in Arbeit.