Thomas Seitz soll, wenn es nach dem Landesjustizministerium geht, nicht mehr als Staatsanwalt arbeiten dürfen. Foto: privat Foto: Lahrer Zeitung

Justiz: Abgeordneter muss sich am Montag für umstrittene Äußerungen verantworten

Das Landesjustizministerium will dem Lahrer Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz den Beamtenstatus nehmen. Das Verfahren gegen den AfD-Mann läuft seit Jahren, am kommenden Montag ist nun die Gerichtsverhandlung in Stuttgart.

Lahr. Zuständig ist das beim Landgericht Karlsruhe angesiedelte Richterdienstgericht, bei dem das Landesjustizministerium eine Disziplinarklage gegen Seitz eingereicht hat. Wegen der Aufmerksamkeit, die der Prozess vermutlich erzeugen werde, habe man ihn in die Landeshauptstadt verlegt, teilt das Karlsruher Gericht auf Nachfrage mit. So wird die Verhandlung gegen Seitz nun am Montag, 13. August, ab 13.30 Uhr in Saal eins des Stuttgarter Landgerichts geführt. Angesetzt ist ein Verhandlungstag.   Was wird ihm vorgeworfen? Seitz wird laut einer früheren Mitteilung des Richterdienstgerichts unter anderem beschuldigt, bei Äußerungen im Internet zwischen Oktober 2015 bis Mai 2017 "eine rassistische Gesinnung" zum Ausdruck gebracht zu haben. Vor allem im Wahlkampf zur Landtagswahl 2016 war der Lahrer mit polemischen Äußerungen aufgefallen. Über Politiker gegnerischer Parteien sagte er: "Alle in einen Sack packen und draufhauen, man trifft nie den Falschen." Über die große Koalition: "Wenn es noch einen allseits akzeptierten Ehrbegriff gäbe, müsste jedes Mitglied der derzeitigen Regierung sich selbst richten." Merkels Flüchtlingspolitik sei der "Auftakt zur Vernichtung des deutschen Volkes." Außerdem wird Seitz vorgeworfen, sich auf seiner Facebookseite als Staatsanwalt mit Robe, weißer Krawatte und Gesetzestext unter dem Arm inszeniert zu haben. Das sei eine unzulässige Vermischung seines Amts als Staatsanwalt mit der Arbeit als Politiker. "Das Justizministerium als oberste Disziplinarbehörde wirft dem Staatsanwalt Verstöße gegen die Pflicht zur politischen Mäßigung, die Pflicht zur Neutralität und Unparteilichkeit, die Pflicht zum achtungswürdigen Verhalten sowie die Pflicht zur Verfassungstreue vor", teilte das Landgericht Freiburg im Mai auf Nachfrage mit.

Lahrer droht Verlust der Beamtenpension

  Welche Strafe ist möglich? Als Parlamentarier ist Seitz zurzeit Staatsanwalt a. D., nach Ende seiner Tätigkeit als Abgeordneter könnte er in das Amt zurückkehren. Das will das Landesjustizministerium verhindern – ihm droht der Rauswurf als Staatsanwalt. Auch der Beamtenstatus und seine Pensionsansprüche sollen ihm genommen werden. Sein Dienstherr müsste ihn dann in der Rentenversicherung nachversichern. Seitz ist 1996 in den juristischen Dienst eingetreten und war auch als Richter tätig, ehe er Staatsanwalt wurde. Er ist seit mehr als 20 Jahren Beamter, der finanzielle Schaden durch den Verlust der Pension wäre immens. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wäre der für ihn denkbar härteste Ausgang des Disziplinarverfahrens, das auch lediglich mit einem Verweis oder einer Geldbuße enden könnte – und natürlich einem Freispruch.

 Was dürfen Beamte? Beamte dienen "dem ganzen Volk, nicht einer Partei", besagt das Gesetz. Entsprechend gilt auch der Diensteid den geltenden Gesetzen – nicht der Regierung, nicht einer Partei, schon gar nicht einer Person. Seitz darf also natürlich die Kanzlerin kritisieren. Allerdings müssen Beamte laut Gesetz "bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben" – hier ist das Landesjustizministerium offenbar der Ansicht, dass Seitz eine Grenze überschritten hat. Außerdem gilt für Beamte das Neutralitätsgebot, persönliche Überzeugungen dürfen keinen Einfluss auf berufliche Entscheidungen haben. Nach islamkritischen Aussagen von Seitz im Landtagswahlkampf 2016 hatten Freiburger Anwälte in einem offenen Brief die Befürchtung geäußert, er sei ihren Mandanten gegenüber befangen, und seinen Rauswurf als Staatsanwalt gefordert. Ehe Seitz 2017 über die AfD-Landesliste in den Bundestag einzog, war er bei der Staatsanwaltschaft Freiburg für Verkehrsstrafsachen zuständig.  Verlust von Beamtenrechten: Bei jeder Art von Verbrechen verlieren Beamte ihren Status. Verbrechen sind laut Gesetz Taten, die mit mindestens einem Jahr bestraft werden. Davon kann bei Seitz keine Rede sein. Der Verlust von Beamtenrechten allein aufgrund politischer Äußerungen ist extrem selten. Der gebürtige Lahrer wäre der erste Politiker der AfD, dem das widerfährt. Sollte es so kommen, könnte er nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag nicht mehr als Staatsanwalt arbeiten, aber eine Zulassung als Anwalt beantragen und eine eigene Praxis eröffnen.

Der Abgeordnete hat sich am Donnerstag auf seiner Facebookseite zu dem bevorstehenden Prozess geäußert. Auszug: "Mein Dienstherr hat angekündigt, meine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zu beantragen. Ich habe mich inhaltlich bislang nicht öffentlich zu dem Verfahren geäußert. Dies hat den Hintergrund, dass eine umfassende Veröffentlichung der gegen mich erhobenen Vorwürfe aufgrund der Strafvorschrift "Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen" strafbar wäre. Bei einer nur selektiven Veröffentlichung lediglich einzelner Aspekte sehe ich die Gefahr, dass der Sachverhalt von anderen verzerrt dargestellt oder mir nachträglich vorgeworfen wird, wesentliche Vorwürfe bei meiner Darstellung verschwiegen zu haben. Sollte sich in der mündlichen Verhandlung keine Bereitschaft des Justizministeriums zu einer einvernehmlichen Lösung abzeichnen, werde ich die erhobenen Vorwürfe vollständig veröffentlichen, sodass sich jeder eine eigene Meinung bilden kann."