Das Verfahren geegen den AfD-Mann Thomas Seitz geht weiter. Foto: Archiv

Justiz: Bundestag hebt Schutz des AfD-Abgeordneten auf / Sein Verfahren geht weiter

Lahr/Stuttgart/Berlin - Das Disziplinarverfahren gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz wegen mutmaßlich ausländerfeindlicher Hetz-tiraden geht in nächster Instanz weiter. Der Bundestag hob am Mittwoch in Berlin die Immunität des Politikers aus Lahr auf.

Ganz am Ende des Sitzungstages im Bundestag, nach Debatten um die Lage im Nahen Osten, Bundeswehreinsätze und die Düngeverordnung für deutsche Bauern, hatten die Abgeordneten in einem Zusatzpunkt darüber abzustimmen, ob die Immunität ihres Parlamentskollegen Thomas Seitz (52) aus Lahr wegen seines Disziplinarverfahrens aufgehoben wird. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Alle anwesenden Bundespolitiker quer durch alle Parteien stimmten zu (Drucksache 19 16 498).

Damit kann das langwierige juristische Verfahren gegen den AfD-Mann in die nächste Runde gehen. Es geht darum, ob Seitz weiterhin Staatsanwalt bleiben darf und später Pensionsansprüche hat.

Rückblende: Vor gut vier Jahren, im November 2015, ist Thomas Seitz Staatsanwalt in Freiburg, zuständig für Verkehrsrecht. Der AfD-Politiker ist fleißig im Internet aktiv und postet dort auf seiner Facebook-Seite mutmaßlich ausländer- und islamfeindliche Hetz-Parolen, immer wieder, jahrelang, bis in den Mai 2017 hinein. Auf einem Beitrag ist er im Bild mit Amtsrobe zu sehen.

Das Stuttgarter Justizministerium wirft Seitz vor, er habe sein Amt als Staatsanwalt in unzulässiger Weise mit seinen politischen Äußerungen verquickt. Mehrfach habe er sich rassistisch geäußert, das sei nicht tragbar. Das Ministerium strengt ein Disziplinarverfahren an.

2017 wird Seitz für die AfD in den Bundestag gewählt. Das Verfahren gegen ihn dümpelt vor sich hin. Im Sommer 2018 fällt dann in erster Instanz das Urteil vor dem Richterdienstgericht am Landgericht Karlsruhe: Seitz verliert seinen Beamtenstatus und seine Pensionsansprüche. Er habe die Pflicht zur Verfassungstreue verletzt. Das Urteil liegt unserer Zeitung vor.

Jetzt entscheidet der Dienstgerichtshof

Der AfD-Mann legt Berufung ein und kritisiert das "zeitgeistige Urteil". Seitz fühlt sich "persönlich in meiner Ehre angegriffen." Jetzt, eineinhalb Jahre nach dem Urteil in Karlsruhe, geht das Verfahren weiter. Vor dem Dienstgerichtshof für Richter am Oberlandesgericht Stuttgart ist die Klage nun gelandet. Das bestätigte dessen Sprecher Matthias Merz unserer Zeitung am Mittwoch.

Wann in Stuttgart im Fall Seitz verhandelt wird, sei noch offen. Der Weg dafür ist nun seit Mittwochabend frei. Im Bundestag in Berlin entschieden die Abgeordneten, die Immunität des Lahrer Bundespolitikers aufzuheben. Damit kann das Verfahren nahtlos in der zweiten Instanz weiterverfolgt werden. Sonst hätte die Causa Seitz wohl nochmals ganz von vorne aufgerollt werden müssen.

"Die Aufhebung meiner Immunität ist nicht dramatisch, das ist der Normalfall", sagt Seitz. Allerdings räumt er ein, dass sein Verfahren außergewöhnlich sei und der Fortgang "sicher wieder bundesweite Aufmerksamkeit hervorrufen wird." Ob er in der zweiten Instanz mehr Erfolg haben werde als in der ersten, wage er nicht vorherzusagen, meinte Seitz telefonisch am Mittwochabend aus Berlin.

Info: Immunität

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Bundesversammlung genießen parlamentarische Immunität. Das regelt Paragraf 46 des Grundgesetzes. Die Immunität schützt nicht den einzelnen Abgeordneten selbst vor einer Strafe, sondern soll die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherstellen. Deshalb kann das Parlament die Immunität aufheben, wie am Mittwochabend im Fall Seitz geschehen.