Richter Oliver Ratzel führt das Verfahren, rechts Richter Olaf Rinio. Foto: Schabel

Markus Erhart muss sich zu Rechnungen äußern, die er dem Caritasverband Lahr gestellt hat

Mannheim/Lahr - 72-mal soll Markus Erhart den Caritasverband Lahr betrogen haben. Der Prozess, der deshalb gegen den Ex-Dekan vor dem Mannheimer Landgericht geführt wird, stieg am Mittwoch in die Detailarbeit ein. Fall für Fall, Rechnung für Rechnung nahm Richter Oliver Ratzel durch, um herauszufinden, welche Gegenleistung Erhart tatsächlich erbrachte für die insgesamt 165 000 Euro, die er über Umwege vom Caritasverband erhalten hat.

Erhart hatte eigene Leistungen unter dem Namen einer estnischen Firma abgerechnet, die ihm zur Hälfte gehört. Das Geld dafür war vom Caritasverband nach Estland überwiesen worden, von wo es ein Mittelsmann auf Konten Erharts transferiert hatte. Dieses Prozedere sei zwar formal nicht in Ordnung gewesen, trotzdem habe ihm das Geld zugestanden, da er auch etwas dafür getan habe, so Erhart.

Diese Darstellung geriet am zweiten Verhandlungstag ins Wanken. Ratzel betrachtete sich einzelne Rechnungen genau, fragte Erhart, was sich hinter den Posten dort verbirgt. So schrieb Erhart im Frühjahr 2013 vier Rechnungen, in denen es um die Einführung eines IT-Programms ging, das zur Dokumentation von Projekten beim Caritasverband gebraucht werde. Erhart gab an, dass er insgesamt 14 Tage damit beschäftigt war, zu definieren, was dieses Programm alles können muss. Am Ende hat er schlicht zwischen zwei Varianten die günstigere gewählt.

Das IT-Programm, das von den Caritasmitarbeitern letztlich nicht verwendet wurde, kostete laut Erhart zwischen 1000 und 1500 Euro. Für seine zweiwöchigen Vorüberlegungen dazu stellte er dem Caritasverband (im Namen seiner estnischen Firma) gut 17 000 Euro in Rechnung – den Tagessatz zu 1200 Euro. Dieses Geld wurde auch ausbezahlt, nachdem Erhart die Rechnung mit dem Stempel "sachlich geprüft" versehen und unterzeichnet hatte. Eine formale Zuständigkeit dafür hatte er als Ehrenamtler nicht. Doch die Mitarbeiter nahmen den Priester als ihren Chef wahr, wie Ratzel aus Vernehmungsprotokollen zitierte. Und so wurden die von Erhart gekennzeichneten Rechnungen beglichen.

Der Richter hakte immer wieder nach, wollte von Erhart konkret wissen, welche Leistungen hinter jeder Rechnung steckten. Der Ex-Dekan sprach dann etwa von "konzeptionellen Überlegungen" oder "komplexer Organisationsentwicklung", womit er sich den Vorwurf Ratzels einhandelte, das sei "sehr allgemein formuliert". Obendrein monierte der Richter "die Verhältnismäßigkeit der Kosten".

Weiteres Problem: Der Priester hat seine (angeblichen) Arbeiten für den Caritasverband meist nicht schriftlich dokumentiert und niemand darin eingeweiht. Es gibt also häufig keine Belege und Zeugen. Das sei eben seine Arbeitsweise, entschuldigte Erhart sich.

Doch es wurde deutlich, dass Ratzel ihm diese Erklärung nicht abnahm.