Die Feuerwehr musste in der Nacht zum 21. Juli zu einem Großeinsatz ausrücken. Foto: Künstle

Prozess: Lahrer muss dreieinhalb Jahre hinter Gitter / Gericht wertet seine Tat nicht als Mordversuch

Lahr - Vor einem halben Jahr hat ein 30-Jähriger in einem Mehrfamilienhaus in Dinglingen, in dem seine Frau lebte, Feuer gelegt. Dafür ist er nun zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Es hätte weit schlimmer für ihn kommen können.

Staatsanwalt Steffen Spinner hatte in seinem Plädoyer sogar sechs Jahre und drei Monate Haft gefordert. Der Angeklagte habe den Vorsatz gehabt, seine Frau zu töten; deshalb sei die Brandstiftung versuchter Mord gewesen.

Dieser Sichtweise mochte der Vorsitzende Richter Heinz Walter aber nicht folgen. Fast eine Stunde brauchte er am Montag für die Urteilsbegründung, in der er ausführlich darlegte, weshalb der Angeklagte "nur" wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung abgeurteilt wurde. Sogar der Haftbefehl, der wegen des Verdachts des versuchten Totschlags erlassen worden war, wurde aufgehoben. Der Angeklagte, der den Saal in Handschellen und in Begleitung von zwei Justizbeamten durch einen Nebeneingang betreten hatte, durfte das Gericht deshalb als freier Mann durch den Haupteingang verlassen.

Nachdem er fünf Monate im Gefängnis gesessen hatte war, atmete er an der frischen Luft erst mal tief durch. Er wirkte erleichtert, mochte sich auf Nachfrage des Berichterstaters aber nicht zum Verfahren äußern. Die Haftstrafe muss er antreten, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Sollte keine der Parteien Rechtsmittel einlegen, wird es in wenigen Tagen soweit sein.

Bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzog, hatte der 30-Jährige Gelegenheit, sich ein letztes Mal zu äußern. Er sagte: "Ich schäme mich für meine Tat", außerdem freue er sich, dass seiner Frau nichts passiert sei.

Die Frau, die er 2015 geheiratet hat, musste, wie berichtet, in der Nacht zum 21. Juli von der Feuerwehr gerettet werden, nachdem ihr Mann im Gang vor ihrer Dachgeschosswohnung einen Vorhang angezündet hatte. Das Feuer durchdrang die Gipsdecke und griff aufs Gebälk über. Als der Rauch zu dicht wurde, floh die Frau aufs Dach. Aus etwa elf Metern Höhe wurde sie mit einer Schiebeleiter gerettet. "Sie hat erhebliche Ängste durchlitten. Es bestand die konkrete Lebensgefahr, am Rauch zu ersticken ", sagte Richter Walter.

Brandstiftung mit drei Promille Alkohol

Weshalb war es dann kein Mordversuch? Walter nannte dafür mehrere Gründe, in erster Linie den Alkoholpegel des Angeklagten. Am 21. Juli um 12.05 Uhr wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Anhand des Ergebnisses haben Sachverständige errechnet, dass er bei der Brandstiftung etwa acht Stunden zuvor zwischen 2,4 und 3,4 Promille im Blut gehabt haben muss. "Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen", so Walter.

"In diesem Saal gibt es nur einen Menschen, der in der Lage wäre, mit drei Promille auch nur ein Feuerzeug aus der Tasche zu holen", sagte der Richter mit Blick auf den Angeklagten. Der Mann trinke nun seit 15 Jahren und sei "erheblich alkoholkrank". Gleichwohl habe er zuvor im Rauschzustand noch nie eine Straftat begangen.

Die Brandstiftung sei "von einem Alkoholexzess geprägt" gewesen, bei dem die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten verringert gewesen sei. Zwar habe er vor der Brandstiftung seiner Frau mit dem Ausruf "Du muss jetzt zu deinem Gott" gedroht – "aber es war die Drohung eines Betrunkenen", so Walter, und damit kein Beweis für eine Mordabsicht. Wenn er seine Frau hätte umbringen wollen, hätte er das Feuer außerdem direkt vor ihrer Wohnungstür gelegt und nicht am anderen Ende des Flures, hielt Walter fest. Auch die Tatsache, dass der 30-Jährige Reue gezeigt hat und beim Schmerzensgeld für seine Frau – sie soll 5500 Euro erhalten – einem Vergleich zugestimmt hat, wertete der Richter als strafmildernd.

Unter den Zuhörern beim letzten Prozesstag war auch die Frau des Angeklagten. Sie sind noch verheiratet, die Ehe hat aber keine Zukunft. Bereits vor der Brandstiftung hatte es regelmäßig zwischen ihnen gekracht. Am Montag sah der Angeklagte seine Frau immer wieder an, während sie seinem Blick auswich. Ihre Meinung zum Urteil wollte sie hinterher auf Nachfrage des Berichterstatters nicht sagen. Als das Urteil gefallen war, verließ sie den Saal mit ihrem Anwalt, ohne ihrem Mann noch über den Weg zu laufen, der das Gericht als (zunächst) freier Mann verlassen durfte.