Christian Blahak ist Chefarzt der neurologischen Klinik am Ortenau-Klinikum. Foto: Ortenau-Klinikum

Neues Verfahren wird am Ortenau-Klinikum in Lahr angeboten

Lahr (red/sl) - Ein Verfahren zur Behandlung schwerer Schlaganfälle, das seit 2015 große Aufmerksamkeit in der Fachwelt erhält, wird seit Anfang des Jahres auch am Ortenau-Klinikum in Lahr praktiziert. "Die Methode der sogenannten mechanischen Thrombektomie ist ein echter Fortschritt in der Schlaganfalltherapie", betonen Christian Blahak, Chefarzt der neurologischen Klinik, und Harald Brodoefel, Chefarzt der Radiologie, die die Methode in Lahr eingeführt haben.

Eine erste Zwischenbilanz der beiden Chefärzte fällt laut einer Mitteilung des Klinikums äußerst positiv aus. Insgesamt sind seit Einführung des Verfahrens mehr als 20 Patienten erfolgreich behandelt worden. "Der Großteil der Patienten profitiert nach dem Einsatz des Verfahrens von kleineren Infarktzonen und geringeren Behinderungen im Vergleich zur bisherigen Schlaganfall-Behandlung, welche aus der alleinigen Verabreichung eines gerinnsel-auflösenden Medikamentes besteht", berichtet Blahak. Teilweise seien auch "spektakuläre Verläufe" zu beobachten. So haben die Ärzte in den letzten Monaten zwei Patienten mit schwersten Schlaganfällen und sehr ungünstiger Prognose behandelt, die bereits am nächsten Tag nahezu symptomfrei waren. "Solche Ergebnisse sind natürlich enorm motivierend", bestätigt Professor Brodoefel.

Hilfe bei plötzlicher Durchblutungsstörung des Gehirns

Das Ortenau-Klinikum in Lahr ist das einzige Krankenhaus zwischen Freiburg und Karlsruhe, in dem die mechanische Thrombektomie praktiziert wird. Dafür hat es eigens eine spezielle, auf Kopfuntersuchungen optimierte Angiographieanlage angeschafft. Anfang 2018 soll die Methode rund um die Uhr und auch für die anderen Krankenhäuser des Ortenau-Klinikums angeboten werden.

Zum Einsatz kommt die neue Methode bei einem sogenannten "ischämischen Schlagfanfall". Dabei handelt es sich um eine plötzlich auftretende Durchblutungsstörung in einem Teil des Gehirns, häufig in Folge eines Verschlusses eines hirnversorgenden Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel. Gefürchtet ist der Schlaganfall nicht nur wegen einer hohen Sterblichkeit von fast 40 Prozent innerhalb eines Jahres. Fast jeder dritte überlebende Schlaganfallpatient bleibt auch ein Jahr nach dem Ereignis behindert und auf fremde Hilfe angewiesen.

"Da das Gehirn einen hohen Energiestoffwechsel hat, reagiert es besonders empfindlich auf eine Einschränkung der Durchblutung", berichtet Privatdozent Blahak. "Tatsächlich ist in jeder Minute, in der Hirngewebe nicht durchblutet ist, mit einem Untergang von mehr als einer Millionen Gehirnzellen zu rechnen", verdeutlicht der Neurologe weiter. Aus diesem Grund sei der ischämische Schlaganfall ein absoluter Notfall, der einer prompten Behandlung auf einer spezialisierten Schlaganfall-Station bedürfe.

"Bis vor kurzem war die einzige Behandlungsoption die Verabreichung eines speziellen Medikamentes in die Blutbahn zur Auflösung des Blutgerinnsels, was allerdings nur in den ersten Stunden nach Symptombeginn möglich ist“, so Blahak. Gerade die großen Blutgerinnsel, welche zumeist besonders schwere Schlaganfälle verursachen, könnten aber häufig nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht aufgelöst werden.

"Gerade bei diesen schweren Schlaganfällen schlägt die Stunde der mechanischen Thrombektomie", freut sich Brodoefel. "Denn die für gravierende Schlaganfälle oft ursächlichen großen Gerinnsel finden sich naturgemäß in den zentralen und großkalibrigen Abschnitten der hirnversorgenden Gefäße. Damit sind sie einer interventionellen Bergung mittels Kathetertechnik zugänglich." Blutgerinnsel sollen dabei mittels Katheter möglichst rasch aus dem verschlossenen Gefäß entfernt werden. Dank der immer raffinierteren Technik der interventionellen Radiologie sei dies seit kurzem möglich.

"Der Eingriff dauert in der Regel weniger als eine Stunde", so Brodoefel. "Im entscheidenden Schritt der Prozedur wird ein dünner Katheter durch den Gefäßverschluss vorgeschoben. Über diesen wird ein Drahtgeflecht direkt über dem Blutgerinsel entfaltet, in dem sich der Thrombus dann verfängt." Durch den Rückzug des Drahtgeflechtes in einen vor dem Gerinnsel platzierten Saugkatheter könne der Thrombus schließlich geborgen werden.