Christopher Kern, Leiter der "Theaterbühne im Keller", hat von Brechts Erben die Erlaubnis dafür erhalten, die "Santa-Monica-Version" des Klassikers aufzuführen. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Ensemble des Kulturkreises studiert besondere Fassung von "Der gute Mensch von Sezuan" ein

Lahr. Christopher Kern, der Theatermann des Kulturkreises, hat für sein Ensemble eine echte Rarität an Land gezogen. Er ist der erste, der mit einem Laienensemble die 1943 im amerikanischen Exil entstandene Überarbeitung von Bertolt Brechts Klassiker "Der gute Mensch von Sezuan" inszenieren darf.

So richtig glauben kann es Christopher Kern selbst noch nicht. Die von ihm nach dem Neustart des Kulturkreises auf den Weg gebrachte "Theaterbühne im Keller" wird im Juli, September und Dezember eine echte Rarität aus dem Berliner Bertolt-Brecht-Archiv auf die Bühne bringen. Es geht um die sogenannte "Santa-Monica-Version" des Klassikers "Der gute Mensch von Sezuan". Das ist eine 1943 im kalifornischen Exil entstandene Überarbeitung des Stücks, die Brecht wohl für den amerikanischen Markt produziert hat. Er hatte den Stoff gestrafft und einige Szenen ganz gestrichen. Die politische Dimension seiner Kapitalismuskritik spürbar zurückgedrängt. Die in Amerika nie inszenierte Fassung geht dafür sehr viel stärker auf die einzelnen Individuen ein, ihr Scheitern auf einer privaten Ebene.

Brechts Originalmanuskript, von dem es wohl nur eine einzige Kopie gibt, schlummert seit Jahrzehnten im Bertolt-Brecht-Archiv an der Akademie der Künste in Berlin. 1987 wurde die Fassung erstmalig am Nationaltheater Weimar in der damaligen DDR aufgeführt, die bisher einzige weitere Inszenierung, steht auf dem aktuellen Spielplan des Theaters Konstanz. Und nun kommt ausgerechnet ein Laienensemble aus der badischen Provinz daher, ein Amateurtheater, das mit offizieller Erlaubnis der Erben von Brecht, die weltweit dritte Inszenierung angepackt hat.

Kern ist eher zufällig über die Fassung von 1943 gestolpert. Er hat beim Suhrkamp-Verlag angefragt, wurde von dort an das Berliner Archiv verwiesen, das wiederum bei Johanna Schall, der Enkelin von Brecht, nachgehakt hat. An Weihnachten 2016 hat er die Originalkopie dann bei sich zu Hause in Händen gehalten und ganz offiziell Seite für Seite reproduziert. Der Umgang mit dem Manuskript war dabei nicht einfach, weil Brecht oft einfach nur die Schreibmaschinenblätter der Originalfassung, von Hand überarbeitet hat.

INFO

Premiere

Die Proben mit dem rund 20-köpfigen Ensemble laufen seit Januar. Am Freitag, 7. Juli, ist die Premiere der "Theaterbühne im Keller" angesetzt. Christopfer Kern will dazu auch Johanna Schall und Erdmut Wizisla, Leiter des Brecht-Archivs in Berlin, einladen. Weitere Vorstellungen sind am 8. Juli, 29. und 30. September sowie am 1. und 2. Dezember. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.