Scheint die Sonne, sind die Cafés voll und die Wirte brauchen flexible Mitarbeiter. Doch das Arbeitszeitgesetz lähmt die Betriebe, klagen Gastronomie und IHK. Sie fordern eine Lockerung. Unser Bild zeigt ein Café auf dem Lahrer Marktplatz. Foto: Braun

Wirtschaft: Gastronomie und Speditionen fordern mehr Flexibilität / IHK zieht Bilanz

Neuried/Freiburg - Gegen das Arbeitszeitgesetz regt sich Protest aus der heimischen Wirtschaft. Die Regelung für eine maximale Überstundenzahl pro Tag sei völlig realitätsfern, etwa für Gastronomie und Speditionen, klagt die IHK. Allgemein laufe die Wirtschaft aber stabil.

Positive Aussichten für die Wirtschaft 

Bei der Pressekonferenz der Industrie- und Handelskammer zum Jahresbeginn hatte IHK-Präsident Steffen Auer positive Aussichten parat. "Die wirtschaftlichen Erwartungen unserer Unternehmen gehen nach einem schwierigen Herbst nun wieder leicht nach oben. Eine dramatische Wirtschaftskrise ist nicht zu erwarten", sagte Auer.

Arbeitszeitgesetz in vielen Branchen ein Problem

Die Kammer nutzte die Vorstellung ihrer aktuellen Zahlen, um auf ein drängendes Thema in Gastronomie und Transportwesen aufmerksam zu machen, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Dieses regelt die Höchstzahl an täglichen Arbeitsstunden, aktuell maximal zehn.

Doch gerade in der Gastronomie schaffe das Probleme. "Sind Wetter und Stimmung bei den Gästen gut, bekommen wir Probleme, weil die Beschäftigten an einzelnen Tagen über die zehn Höchststunden kommen", schilderte der Freiburger Großgastronom Toni F. Schlegel. Es sei immer schwieriger, Personal zu finden und damit Spitzen abzudecken.

Es brauche, wie in anderen EU-Ländern längst eingeführt, mehr Flexibilität. "Manche Mitarbeiter wollen lieber an drei Tagen zwölf Stunden arbeiten und dann andere Tage ganz frei haben", sagte er. Das Arbeitszeitkorsett werde für manche Betriebe zum Sargnagel. Schließungen oder eingeschränkte Servicezeiten seien die Folge.

Zu starre Arbeitszeiten bei Speditionen

Auch in der Speditionsbranche seien die starren Arbeitszeiten ein Riesenproblem, erläuterte der Neurieder Transportunternehmer Christian Adam vom gleichnamigen Betrieb. "Zeitfresser wie Staus, fehlende Parkplätze und lange Wege beim Kunden lassen sich nicht fix planen. Da müssen unsere Fahrer beim Ausliefern flexibel sein können.

Touren sollten sinnvoll gefahren werden können und ohne Zeitkorsett", sagt er auch namens seiner Fahrer. "Die wollen lieber an manchen Tagen länger fahren und dann am Wochenende länger Zeit mit der Familie verbringen", weiß er. Am Wochenstundenkonto von höchstens 48 Stunden wolle niemand rütteln.

Die IHK zur Lage von Industrie und Handel aktuell

  • Ausblick optimistischer: Die Betriebe hoffen insgesamt, dass es auch 2020 keine Rezession geben werde. 44 Prozent der Firmen haben derzeit gute Geschäfte, bei nur elf Prozent läuft es schlecht.  Jobs sind sicher: Die wirtschaftliche Eintrübung wirkt sich noch kaum auf den Arbeitsmarkt aus. Mit 3,5 Prozent sei die Arbeitslosenquote weiter sehr niedrig.
  •  Industrie zieht wieder an: Ein "leichtes Durchatmen" melde die Industrie. Nach einem Bergab 2019 sei erstmals eine Stabilisierung der Lage zu merken. Die Auftragslage habe sich wieder gefangen und die Industrie blicke optimistischer auf 2020.
  • Handel stabil: Fast alle Händler sehen ihr Geschäft derzeit gut bis befriedigend, nur vier Prozent klagen stark.  
  • Gastro-Minus: Die zuletzt eher erfolgsverwöhnte Gastronomie am Oberrhein meldet aktuell leicht zurückgehende Zahlen.
  • Bau boomt: Das Baugewerbe bleibt weiter der Motor der hiesigen Wirtschaft und brummt. Drei von vier Baufirmen machen gute Geschäfte, fast alle anderen blicken auf noch befriedigende Zahlen.

Info: Fachkräftesorge

Größtes Sorgenkind der Wirtschaft bleibt laut IHK-Bilanz der Fachkräftemangel. Sechs von zehn Firmen sehen dies als Hauptproblem für sich. Auch steigende Arbeitskosten wegen höherer Löhne machen den Unternehmen in der Region neuerdings wieder stärker zu schaffen.