Die sieben Polizeischüler haben im September ihre Ausbildung in Lahr begonnen. Jetzt wurden sie suspendiert, weil sie in einer Whatsapp-Gruppe rechtsextremes und frauenfeindliches Gedankengut verbreitet haben sollen. Foto: Fischer

Ermittlungen: Einige Polizeimeisteranwärter der Hochschule Lahr sollen rechtsextremes Gedankengut verbreitet haben. Sie wurden umgehend suspendiert.

Lahr - Die Polizeihochschule Lahr wird von einem Skandal erschüttert: Sieben Polizeischüler sind suspendiert worden. Sie sollen nationalsozialsozialistisches, antisemitisches und frauenfeindliches Gedankengut verbreitet haben.

Sieben Polizeimeisteranwärter suspendiert

Die sieben jungen Männer hatten ihre Ausbildung im September 2019 in Lahr begonnen. Sie strebten eine Laufbahn im mittleren Polizeivollzugsdienst an. Doch daraus wird nichts, stattdessen ermittelt jetzt die Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Offenburg gegen sie.

Was wird den Polizeischülern vorgeworfen?

Sie sollen in einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe Inhalte mit nationalsozialistischem, antisemitischem und frauenfeindlichem Gedankengut ausgetauscht haben. Das hat die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg mit Sitz in Villingen-Schwenningen am Mittwoch mitgeteilt. Der Institutsbereich Ausbildung Lahr ist Teil der Hochschule.

Konkrete Äußerungen der angehenden Polizisten nennt die Polizei in ihrer Pressemitteilung nicht – doch die Verfehlungen müssen schwerwiegend sein. Denn die Hochschule wirft ihnen Verhaltensweisen vor, "die sich mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und unseren Ansprüchen an das Verhalten von Polizistinnen und Polizisten nicht in Einklang bringen lassen". Deshalb habe man "konsequent gehandelt".

Wie hat die Hochschule reagiert?

Die sieben angehenden Polizisten sind vom Dienst suspendiert und damit vom Ausbildungsbetrieb ausgeschlossen worden – sprich die Hochschule hat sie hochkant rausgeworfen. Darüber hinaus ist gegen sie ein Entlassungsverfahren mit dem Ziel der endgültigen Entfernung aus dem Dienst eingeleitet worden. Und es kommt noch weiterer erheblicher Ärger auf sie zu, denn die Institutsleitung hat die Staatsanwaltschaft Offenburg eingeschaltet, um eine mögliche strafrechtliche Relevanz der Vorfälle prüfen zu lassen.

Die Ermittlungen werden von der Kripo des Polizeipräsidiums Offenburg geführt. "Wir sind bestürzt über diesen Vorgang. Aber eines ist klar: Wir handeln und wir handeln konsequent", so die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in ihrer Stellungnahme. Innenminister Thomas Strobl (CDU) informierte am Mittwoch auch den Innenausschuss des Landtags über die Vorfälle.

Welche Strafe droht den Polizeischülern?

Die Staatsanwaltschaft Offenburg ermittelt konkret wegen des Verdachts auf "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen", sagte deren Pressesprecher Kai Stoffregen auf Anfrage unserer Zeitung. Laut Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs drohen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Verboten ist, im Inland Kennzeichen von verfassungswidrigen Parteien oder Vereinigungen zu verbreiten oder öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften verwendet. Bestraft wird auch, wer solche Kennzeichen "herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt". Unter "Kennzeichen" fallen auch Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen oder Grußformen. Vor einigen Tagen habe die Staatsanwaltschaft von dem Fall erfahren. Mögliche dienstrechtliche Konsequenzen sind Sache der Polizei, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Was sagt der zuständige Minister?

Innenminister Thomas Strobl (CDU) informierte am Mittwoch den Innenausschuss des Landtags über die Vorfälle. "Wir erwarten von unseren Polizistinnen und Polizisten, dass sie sich jederzeit, ob dienstlich oder privat, einwandfrei verhalten und für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung einstehen", so Strobl. Das Verhalten der sieben Polizeischüler stehe dazu in einem absoluten Gegensatz. "Das ist nicht hinzunehmen und zu akzeptieren."

Man werde zusammen mit der Hochschule schauen, ob das Auswahlverfahren für die Polizeianwärter optimiert werden sollte. Der Innenexperte der CDU-Fraktion im Landtag, Thomas Blenke, sagte, die Verantwortlichen hätten vollkommen richtig gehandelt.

Wie kam man der Gruppe auf die Spur?

Durch eigene Wahrnehmungen der Vorgesetzten und anderer Polizeischüler. "Wir sind in diesem Bereich hochsensibel, reagieren sofort und gehen konsequent Verdachtsmomenten nach, die Bestrebungen oder Gesinnungen zum Gegenstand haben, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten". so Schmelzer.

Was macht die Polizei, um solche Fälle zu vermeiden?

Die Polizei thematisiere solche "Phänomene" in der Ausbildung, in der Fortbildung sowie im Studium. Es würden alle geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Polizeibeschäftigen hinsichtlich rechtsextremer Tendenzen oder ähnlich gelagerter Phänomene zu sensibilisieren.

Konkret gehe es darum, zu vermitteln, was es bedeutet, Polizeibeamter zu sein und welche Werte damit verbunden sind", so Schmelzer.

Info: Der Institusbereich

Der Institutsbereich Ausbildung  ist verantwortlich für die Ausbildung der Anwärter  zum mittleren Polizeivollzugsdienst sowie die Vorausbildung der Anwärter zum gehobenen Polizeivollzugsdienst. Die Einrichtung gehört zur  Polizeihochschule Villingen-Schwenningen.

Bis zur Polizeistrukturreform 2014 war auf dem Areal in Mietersheim die  Bereitschaftspolizeidirektion    untergebracht.