Eine kleine Gruppe forderte bei einer Demo vor der Lahrer Klinik mehr Wertschätzung für Pflegekräfte.Foto: Fischer Foto: Lahrer Zeitung

Gesundheit: Demonstranten wollen bessere Arbeitsbedingungen am Lahrer Klinikum

Pflegekräfte am Lahrer Klinikum haben zu viel Stress und zu wenig Lohn, so der Tenor einer Mahnwache am Freitagmittag. Gut zehn Teilnehmer kamen zusammen, um bessere Arbeitsbedingungen einzufordern.

Lahr. Die Demonstranten stehen gegenüber der Klinik und halten Banner hoch, auf denen zu lesen ist: "Pflegekräfte werden laut", "Mehr Lohn", "Erhalt der wohnortnahen Grundversorgung". Sie halten Abstand, tragen Masken, blockieren auch nicht die Auffahrt – alles Auflagen der Stadt für die angemeldete Kundgebung. Ein Polizeiauto steht auf der anderen Seite, am Eingang zur Notaufnahme. Vier Polizisten sind bereit, falls es zu Auseinandersetzungen kommt. Doch es bleibt friedlich.

Zu der Mahnwache hatte das vor vier Jahren gegründete Bündnis für den Erhalt und Ausbau aller Ortenauer Kliniken aufgerufen. Ihr Sprecher Yannik Hinzmann, ein Industriekaufmann mit Wohnsitz in Haslach, arbeitet nicht in der Lahrer Klinik, wie auch die meisten anderen Demo-Teilnehmer. Die Klinikleitung habe den Mitarbeitern einen Maulkorb verpasst, so Hinzmann, der auch Sprecher der Linken Liste Ortenau ist. Doch aus Mitteilungen der Beschäftigten, vor allem über Facebook, würde er die Probleme dort kennen. Schon bei einem sogenannten Like auf Facebook zu einem klinik-kritischen Beitrag würden die Mitarbeiter von der Klinikleitung zur Rede gestellt, sagt er.

Drei bis vier Beschäftigte trauen sich nach und nach doch dazu. Etwa ein Mitglied des Betriebsrats und eine Mitarbeiterin der Intensivstation. Sie sagt: "Es kann nicht sein, dass wir teilweise in der Nachtschicht zu zweit für die komplette Intensivstation verantwortlich sind. Mir wurde gesagt, ich muss auch mal ins kalte Wasser springen und Verantwortung übernehmen. Aber wenn es um die Sicherheit der Patienten geht, kann das nicht sein." Ihren Namen will sie nicht nennen, aus Angst vor Konsequenzen, wie sie sagt.

Ihr Kollege, der noch dazu Mitglied im Betriebsrat ist, fürchtet sogar die Schließung oder zumindest Privatisierung der Klinik im Zuge der Agenda 2030. "Das wäre ja nicht das erste Mal, dass Millionen in die Hand genommen werden, um die Abläufe zu zentralisieren, und dann ein Klinikstandort geschlossen wird." Probleme, die die Mitarbeiter bei ihren Vorgesetzten ansprechen, würden "einfach weggelächelt", das Personal sei ihnen "komplett egal". In Dokumenten, die im Kreistag besprochen werden, sei auch immer wieder von Stellenabbau die Rede. "Aber wo sollen denn noch Stellen abgebaut werden, wenn das Personal sowieso knapp ist?", fragt der Betriebsrat.

Die Demonstranten wollen ein Zeichen für den Erhalt aller Ortenauer Kliniken setzen. Auch eine bessere Perspektive für die Mitarbeiter brauche es, ist zu hören, denn die Kündigungsquote sei hoch. "Die Beschäftigten sind total verunsichert, ob sie bleiben sollen. Ich würde auch gehen, wenn ich nicht wüsste, wie es weitergeht", so Hinzmann.

Die Arbeitsbedingungen müssten besser werden, fordert er gegenüber unserer Redaktion. Zum Beispiel würden Pflegekräfte oft sehr kurzfristig über Schichteinsätze informiert. "Das Personal ist komplett überlastet, nicht nur in Corona-Zeiten."

Hinzmann und seine Mitstreiter wollen auch mehr Mitbestimmung im Krankenhaus: Die Beschäftigten sollten die Pflegedienstleitung und die Klinikleitung selbst wählen können, "das würde die Akzeptanz erhöhen".

Die LZ-Redaktion hat das Klinikum mit den Vorwürfen der Demonstranten konfrontiert. Hier sind die Antworten:

n Schichtdienste: Für mögliche Spätdienste mit Beginn 13 Uhr könnten Mitarbeiter im Standby mit einem Anruf bis spätestens 12 Uhr rechnen. Kommt dieser nicht, hätten die Standby-Mitarbeiter Freizeit und erhielten eine Stundengutschrift.

n Kündigungsquote: Man habe weniger Kündigungen als andere Krankenhäuser im Bundesdurchschnitt.

n Lohn: Für politische Forderungen nach mehr Lohn sei nicht das Ortenau-Klinikum zuständig, sondern die Bundespolitik, die Tarifpartner oder der Kreistag.

n Personal: Man habe in den vergangenen Jahren mehr Personal in der Pflege eingestellt. Allerdings erschwere der bundesweite Fachkräftemangel die Suche danach.

n Mitbestimmung: Das Ortenau-Klinikum erfülle vollumfänglich die Vorgaben des Personalvertretungsgesetzes.

n Perspektive: Es stimme nicht, dass die Beschäftigten wegen Standortschließungen keine Perspektive hätten: Alle erhielten eine Zusage auf Weiterbeschäftigung.