Die Situation an den Standorten des Ortenauer Klinikverbunds – hier Ettenheim – ist laut dem Medizinischen Direktor Peter Kraemer aktuell entspannt: Kreisweit werden 16 Corona-Patienten stationär behandelt, vier davon müssen beatmet werden. Foto: Bender

Corona: Vorerst soll es laut Landrat aber keine weiteren Einschränkungen geben

Lahr/Offenburg - Jetzt ist es auch bei uns soweit: Der Ortenaukreis gilt seit Dienstag als Corona-Risikogebiet. Schärfere Regeln plant das Landratsamt laut Frank Scherer vorerst aber nicht. Man wolle die Bevölkerung nicht noch mehr verunsichern, so der Landrat.

Wirklich überraschend ist die Entwicklung nicht: Nachdem man ihm in den vergangenen Tagen mehrfach gefährlich nahe gekommen war, hat der Ortenaukreis den Schwellenwert von 50 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohner und Woche nun erstmals gerissen.

Die sogenannte Inzidenz lag am Dienstag bei 51,96. Dafür sorgten 44 Corona-Neuinfektionen von Montag auf Dienstag (siehe Info). Für den Ortenaukreis beträgt die entscheidende Höchstzahl bei rund 430 000 Einwohnern 215 positiven Labornachweise innerhalb der vergangenen sieben Tage. Am Dienstag lag der Wert bei 224.

Wie reagiert die Kreisverwaltung?

(Un-)passenderweise musste Landrat Frank Scherer die schlechten Nachrichten am Dienstagnachmittag im Klinik-Ausschuss des Kreistags bekanntgeben. Der Ortenauer Verwaltungschef machte indes sogleich deutlich, "dass vorerst keine verschärften Regelungen gegenüber der neuen Corona-Verordnung des Landes geplant" seien.

Wenig später bestätigte das Landratamt diese Haltung per Pressemitteilung: Es sei wichtig, nicht für Verunsicherung durch immer neue Regelungen zu sorgen, die innerhalb kürzester Zeit wieder außer Kraft gesetzt würden.

Warum ist die Behörde so vorsichtig?

Aus Erfahrung. Am Wochenende hatte das Landratsamt neue Corona-Regeln an die Kommunen versandt. Stunden danach rief die Landesregierung die dritte Pandemiestufe aus und alles war Makulatur. Zudem macht die Behörde mit Verweis auf den Nachbar-Landkreis deutlich, dass es sich um eine Momentaufnahme handle: In Emmendingen überschritt der Inzidenzwert am Sonntag den 50er-Wert, am Montag sank er auf 42,7.

Auch dort habe man keine weiteren Maßnahmen ergriffen.

Heißt das, es bleibt auf jeden Fall bei den aktuellen Regelungen?

Nein. "Wir beobachten das Infektionsgeschehen ganz genau", versichert Scherer. Er sei nach Rücksprache mit Kollegen entlang der Rheinschiene sowie der Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer übereingekommen, dass das Regierungspräsidium in Freiburg das weitere Vorgehen mit dem Sozialministerium klären soll.

Bevor er eine weitere Verfügung erlassen werde, erwartet Scherer "eine eindeutige Aussage" aus Stuttgart. Wie es im Kreis weitergeht, dürfte entscheidend vom Infektionsgeschehen der nächsten Tage abhängen.

Wie könnten die bestehenden Maßnahmen verschärft werden?

Seit Montag dieser Woche gelten überall im Land eine strenge Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, eine Zehn-Personen-Grenze bei privaten Treffen und eine Beschränkung für Veranstaltungen auf 100 Teilnehmer. Zusätzlich wäre lokal nach aktuellem Stand eine Sperrstunde für Gastronomie-Betriebe um 23 Uhr sowie ein generelles Alkoholverkaufsverbot im Außenbereich möglich.

Wie werden die aktuellen Regeln angenommen?

Dort, wo sie bekannt sind, gibt es nach ersten Eindrücken wenig Probleme. Allerdings: Auf dem Lahrer Wochenmarkt zeigte sich am Dienstag, dass es in Sachen Kommunikation noch Nachholbedarf gibt. Der Krisenstab der Stadt hatte am Montag eine Maskenpflicht beim Obst- und Gemüsekauf angeordnet.

Auf einem Schild auf dem Marktplatz wurde das Tragen eines Nasen-Mund-Schutzes indes lediglich "empfohlen". Die Folge: Weder Standbetreiber noch Kunden wussten, was nun tatsächlich gilt.

Welche neuen Entwicklungen gibt es in der Stadt?

Zwei Klassen der Gerolds-eckerschule und damit insgesamt 40 Grundschüler wurden am Dienstag wegen eines bestätigten Corona-Falls in häusliche Isolation geschickt. Nach Angaben der Stadtverwaltung sind auch zwei Lehrer betroffen.

Wie berichtet, musste bereits am Montag eine Klasse des Clara-Schumann-Gymnasiums mit 24 Schülern in Quarantäne. Eltern sollten Kinder mit eindeutigen Symptomen nicht in den Unterricht schicken, stattdessen ärztlich abklären lassen, ob ein Corona-Test nötig ist, so die Stadt. Insgesamt, heißt es aus dem Rathaus, "stellt sich die Lage als äußerst dynamisch dar".

Deshalb werde der Stab für außergewöhnliche Ereignisse weiter regelmäßig tagen.

Wie ernst ist die Corona-Lage im Kreis?

Ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der Pandemie-Situation ist die Lage in den Krankenhäusern. Dort sei es aktuell entspannt, berichtete Peter Kraemer, Medizinischer Direktor des Ortenau-Klinikums, am Dienstag dem Klinik-Ausschuss.

Derzeit würden ortenauweit 16 Covid-19-Patienten stationär behandelt, vier davon an Beatmungsgeräten. Betroffene seien dezentral untergebracht. Die Zahl der Intensivplätze an allen Standorten liegt nach Angaben des Klinikverbunds bei derzeit 75 Intensivbetten, darunter 47 Beatmungsplätze.

Man sei innerhalb von zwei Wochen in der Lage, die Kapazitäten auf 120 zu erhöhen. Stand jetzt ist dies laut Kraemer jedoch nicht geplant: "Wir sind gut vorbereitet und warten erst mal ab."

Covid in den Orten

Stach bei den Neuinfektionen in den vergangenen Tagen oft Lahr negativ hervor, war von Montag auf Dienstag Offenburg der "Spitzenreiter", mit 13 positiven Corona-Tests. Dahinter folgen mit Abstand Lahr und Zell mit jeweils vier Fällen. Drei bestätigte Neuinfektionen gab es in Oberkirch. In Willstätt, Neuried, Achern und Kehl waren es je zwei, in Durbach, Sasbachwalden, Wolfach, Rheinau, Ettenheim, Gengenbach, Seelbach, Biberach, Schutterwald, Kippenheim, Schwanau und Haslach je eine.