Steffi Schulz (links) und Designerin Evgeniya Scherer entwerfen ein Outfit aus alten Kleidungsstücken, die nicht mehr getragen werden. Foto: König

Mode: Evgeniya Scherer zeigt, wie aus alten Kleidungsstücken nachhaltige neue Mode entstehen kann

Lahr - Alte, nicht mehr getragene Kleidungsstücke müssen nicht im Schrank in Vergessenheit geraten. Ein Workshop mit Künstlerin Evgeniya Scherer zeigt, wie aus alten Klamotten nachhaltige Mode entstehen kann.

Wichtig, dass die Persönlichkeit des Menschen zur Geltung kommt

Die Textilindustrie gilt als umweltschädlich. Designerin und Künstlerin Evgeniya Scherer will dem entgegenwirken. So ist sie auf die Idee eines Workshops gekommen, bei dem aus nicht mehr getragenen Schrankleichen neue, nachhaltige Klamotten kreiert werden.

Kürzlich gab es das erste Treffen mit den vier Teilnehmerinnen in der Kleiderfabrik Bonacelli, von der der Workshop unterstützt wird. Die Teilnehmerinnen haben Kleidungsstücke mitgebracht, die sie selbst so nicht mehr tragen. In Kombination mit anderen erlesenen Modestücken wird daraus ein neues, peppigeres und nachhaltiges Outfit gebastelt.

Scherer ist auch in ihrer Freizeit kreativ. Die 43-Jährige ist bildende Künstlerin, malt und bastelt gerne. Im Workshop will sie den Teilnehmerinnen Spaß und kreative Impulse vermitteln, aber auch eine gewisse Vorbildfunktion einnehmen, wie man mit Kleidung verantwortungsbewusst umzugehen habe. "Es geht mir um die Nachhaltigkeit", sagt Scherer.

"Die Kleiderindustrie steht an zweiter Stelle, was die Umweltverschmutzung angeht. Außerdem ist uns Menschen das Bewusstsein der Leistung, die hinter unserer Mode steht, kaum noch gegeben. Wir haben zu viele Textilien."

Laut einer Statistik würden 60 Prozent der gekauften Kleider nur einmal oder gar nicht getragen. Dieser Massenkonsum werde durch große Ketten wie etwa Primark zunehmend gefördert. "Ich finde es problematisch, wie Menschen dazu neigen, immer wieder massenhaft neu zu kaufen. Stattdessen können sie doch auch aus Altem etwas Neues herstellen. Das möchte ich mit dem Workshop zeigen", betont Scherer.

Ebenso ist es ihr wichtig, dass die Persönlichkeit des Menschen zur Geltung kommt. Die Teilnehmerinnen sollen mit der Kreation ihres Outfits ihre Einzigartigkeit hervorheben. "Nachhaltigkeit trifft Persönlichkeit", lautet Scherers Devise.

Eine der Teilnehmerinnen ist Steffi Stulz. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin näht sie auch selbst. Was sie an dem Workshop interessiert, ist der professionelle Einblick, wie sie aus ihren Schrankleichen etwas Schöneres herstellen kann.

Workshop aus drei treffen

Beim ersten Treffen der Teilnehmerinnen wurden Ideen gesammelt, die Kleider ausgesucht und die Outfits neu entworden. Ein Fotograf hat dies in Bildern festgehalten, denn besonders spannend wird der Vorher-Nachher-Vergleich sein.

Beim zweiten Treffen soll eine Anprobe folgen, das dritte Treffen, am 12. Dezember, soll mit einem professionellen Fotoshooting enden, mit dem die Teilnehmerinnen Teil der neuen Kollektion "Die Mode bist du" werden, die von Scherer gegründet wurde. Ihre Outfits dürfen die Teilnehmerinnen dann wieder mitnehmen.

Dirk Frischauf ist der Inhaber von Bonacelli und der räumliche Gastgeber des Workshops. In seinem Laden in der Lotzbeckstraße 47 verkauft er seine Kleidung. Momentan laufe das Geschäft nicht gut, was der Pandemie zuzuschreiben sei.

Seine Produkte werden für Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Abibälle getragen. Da es solche Anlässe aber zurzeit nicht gibt, sei auch die Nachfrage gering. Es betreffe die gesamte Branche und gleiche einem Dominoeffekt, der nach hinten losgehe. Nicht nur Verkäufer seien betroffen, auch die Lieferanten oder Hersteller.

Deshalb sei der Workshop für ihn eine willkommene Abwechslung. Daneben sei auch die Aufklärung ein entscheidender Faktor. "Wenn den Leuten die Kleidung nicht mehr gefällt, schmeißen sie sie weg und kaufen neue. Das ist einfach.

Aber ich finde die Idee gut und spannend, aus etwas Altem Neues zu kreieren." Scherer sei auf ihn zugekommen und habe ihn gefragt, ob sie seine Räume für ihren Workshop nutzen dürfe. Da auch ihm Nachhaltigkeit wichtig sei, habe er sein Geschäft zur Verfügung gestellt.

Der Abfall und Wasserverbrauch in der Branche (siehe Info) sei laut Frischauf ein großes Problem, das man in den Griff bekommen müsse. Und ein erster Schritt dafür sei der regionale Einkauf.

Probleme durch Retouren

Große Online-Börsen für Kleidung verstärken laut Dirk Frischauf das Problem der Umweltverschmutzung. Denn 40 Prozent der dortigen Einkäufe würden als Retouren zurückgehen. Neben dem Umweltschaden für die Herstellung – ein T-Shirt verbraucht in der Produktion knapp 3000 Liter Wasser – ist so auch der zusätzliche Transportweg schädlich für die Umwelt.